Oscar-Ehren für Christoph Waltz und Michael Haneke
Daniel Day-Lewis und Jennifer Lawrence sind beste Hauptdarsteller, Anne Hathaway beste Nebendarstellerin - "Amour" zum besten fremdsprachigen Film gekürt, "Argo" ist bester Film des Jahres
Los Angeles/Wien - Aus österreichischer Sicht war die 85. Oscar-Verleihung in der Sonntagnacht ein Erfolg: Christoph Waltz konnte seine Nominierung für Quentin Tarantinos Western "Django Unchained" gleich zum Auftakt des Abends in einen Nebenrollen-Oscar verwandeln. Dann schlug die Stunde von Michael Haneke, der mit "Amour" (Liebe) fünffach nominiert war. Er gewann wie allgemein erwartet den Fremdsprachen-Oscar - der zweite seit 2008 für Österreich, als Stefan Ruzowitzky mit "Die Fälscher" gewann. Bei den Sparten Bester Film, Regie, Originaldrehbuch und Hauptdarstellerin (Emmanuelle Riva) musste sich "Amour" jedoch geschlagen geben. Denn abseits der österreichischen Perspektive zeigten sich die Mitglieder der Academy heuer sehr egalitär gestimmt.
Statistisch gesehen konnte sich Ang Lees Literaturadaption "Life of Pi" mit vier Oscars an die Spitze setzen, allerdings primär mit Gewinnen in den weniger prominenten Kategorien - mit Ausnahme des letztlich überraschenden Siegs von Ang Lee als bester Regisseur. Auf Rang Zwei mit den meisten Oscars bei der Verleihung fanden sich Ben Afflecks Politthriller "Argo" und das Musical "Les Miserables" mit je drei Auszeichnungen. "Argo" wurde dabei als Bester Film geehrt (First Lady Michelle Obama öffnete in einer Live-Zuspielung aus dem Weißen Haus das Siegerkuvert), obgleich Regisseur Affleck für seine Aufgabe nicht einmal nominiert war, was im Vorfeld des Abends für Unmut gesorgt hatte.
Schauspielpreise an Daniel Day-Lewis und Jennifer Lawrence
Daniel Day-Lewis holte wie erwartet die Trophäe für seine Hauptrolle in "Lincoln" - als erster Schauspieler überhaupt mit drei Auszeichnungen in der Kategorie Bester Hauptdarsteller. Mit der Ehrung für das Beste Szenenbild kam der Spielberg-Film bei zwölf Nennungen auf insgesamt nur zwei Auszeichnungen. Jennifer Lawrence, die schon 2011 für "Winter's Bone" nominiert war, konnte mit der Ehrung als Beste Schauspielerin den einzigen Oscar für "Silver Linings" abholen.
Bei den Preisen für "Les Miserables" sticht der für Anne Hathaway heraus. Die Schauspielerin konnte wie erwartet als Beste Nebendarstellerin ihren ersten Oscar mit nach Hause nehmen. Da zudem "Anna Karenina" in der Kategorie "Kostüm" prämiert wurde, ergab das in Summe vier Oscars für die britische Working-Title-Firma. Unter durch Adeles prämierten Song "Skyfall" wurde das 50-jährige Bestehen der James-Bond-Serie gefeiert. Eine Kuriosität ergab sich in der Sparte Tonschnitt: Hier teilten sich und "Skyfall" und "Zero Dark Thirty" die Auszeichnung - für letzteren blieb die die einzige des Abends.
Einen Favoritensieg gab es bei den Dokumentarfilmen, wo "Searching for Sugar Man" von Malik Bendjelloul und Simon Chinn. Im Bereich der Animationsfilme konnte sich das Team freuen, welches das schottische Emanzipationsabenteuer "Brave" auf die Leinwand brachte.
Im Vorfeld hatten vor allem Steven Spielbergs Historienepos "Lincoln" und "Life of Pi" mit zwölf beziehungsweise elf Nominierungen als klare Favoriten ausgesehen. Das Musical "Les Miserables" und die Romantikkomödie "Silver Linings" fanden sich bei den Nominierungen mit je acht Nennungen auf den Plätzen.
Sehr musiklastiger Showbereich
Sehr musiklastig gestaltete sich der Showbereich der Verleihung auch abseits der traditionellen Performances der Oscar-nominierten Songs. Bereits bei seiner Eröffnungsrede trumpfte MacFarlane mit Tanzsequenzen mit prominenter Unterstützung von Joseph Gordon-Levitt und Daniel Radcliffe auf, danach huldigte die legendäre Shirley Bassey mit ihrem Klassiker "Goldfinger" den 50. Geburtstag der James-Bond-Reihe. Die unnachahmliche Adele wiederum trat mit ihrem aktuellen Bond-Song "Skyfall" auf, für den sie sich kurz darauf auch den Oscar abholte. Eine weitere Legende überstrahlte sie alle an diesem Abend: Barbra Streisand erhielt für ihr Tribut an den im Vorjahr verstorbenen Marvin Hamlisch mit dem von ihm komponierten "Memories" aus "So wie wir waren" Standing Ovations vom Publikum.
Zuweilen hatte man den Eindruck, an diesem Abend stünden mehr Stars singend als Preise annehmend oder vergebend auf der Bühne: das Ensemble von "Les Miserables" rund um Hathaway und Hugh Jackman zollte dem Musical auf der Kinoleinwand mit einem Medley aus ihrem Film ebenso Tribut wie Catherine Zeta-Jones mit ihrer "All that Jazz"-Interpretation aus "Chicago" und Jennifer Hudson mit einer reduzierten Version der "Dreamgirls". Die abwechslungsreichen Musikeinlagen konnte die Verleihung gut brauchen: Auf "Twitter" wurden schnell Rufe laut, wonach die Gags von MacFarlane ebenso wenig funktionierten wie jene zahlreicher witzelnder Darsteller von Mark Wahlberg (inklusive "Ted"-Bären) bis Paul Rudd. Laut dem Moderator ist das Dolby Theatre sowieso spaßfreie Zone: "Es ist Sonntag, wir haben uns alle fein angezogen - es ist wie in der Kirche, nur dass mehr Leute beten." (APA, red, 25.2.2013)
Oscars 2013: Die Nominierten und die Sieger (*)
Bester Film (Best motion picture of the year)
"Amour" Produzenten: Veit Heiduschka u.a.
* "Argo" Grant Heslov, Ben Affleck und George Clooney
"Beasts of the Southern Wild" Dan Janvey, Josh Penn und Michael Gottwald
"Django Unchained" Stacey Sher, Reginald Hudlin und Pilar Savone
"Les Misérables" Tim Bevan, Eric Fellner, Debra Hayward und Cameron Mackintosh
"Life of Pi" Gil Netter, Ang Lee und David Womark
"Lincoln" Steven Spielberg und Kathleen Kennedy
"Silver Linings Playbook" Donna Gigliotti, Bruce Cohen und Jonathan Gordon
"Zero Dark Thirty" Mark Boal, Kathryn Bigelow und Megan Ellison
Bester nicht-englischsprachiger Film (Best foreign language film of the year)
* "Amour" Österreich
"Kon-Tiki" Norwegen
"No" Chile
"A Royal Affair" Dänemark
"War Witch" Kanada
Regie (Achievement in directing)
"Amour" Michael Haneke
"Beasts of the Southern Wild" Benh Zeitlin
* "Life of Pi" Ang Lee
"Lincoln" Steven Spielberg
"Silver Linings Playbook" David O. Russell
Originaldrehbuch (Original screenplay)
"Amour" Michael Haneke
* "Django Unchained" Quentin Tarantino
"Flight" John Gatins
"Moonrise Kingdom" Wes Anderson & Roman Coppola
"Zero Dark Thirty" Mark Boal
Adaptiertes Drehbuch (Adapted screenplay)
* "Argo" Chris Terrio
"Beasts of the Southern Wild" Lucy Alibar & Benh Zeitlin
"Life of Pi" David Magee
"Lincoln" Tony Kushner
"Silver Linings Playbook" David O. Russell
Hauptdarsteller (Performance by an actor in a leading role)
Bradley Cooper in "Silver Linings Playbook"
* Daniel Day-Lewis in "Lincoln"
Hugh Jackman in "Les Misérables"
Joaquin Phoenix in "The Master"
Denzel Washington in "Flight"
Hauptdarstellerin (Performance by an actress in a leading role)
Jessica Chastain in "Zero Dark Thirty"
* Jennifer Lawrence in "Silver Linings Playbook"
Emmanuelle Riva in "Amour"
Quvenzhané Wallis in "Beasts of the Southern Wild"
Naomi Watts in "The Impossible"
Nebendarsteller (Performance by an actor in a supporting role)
Alan Arkin in "Argo"
Robert De Niro in "Silver Linings Playbook"
Philip Seymour Hoffman in "The Master"
Tommy Lee Jones in "Lincoln"
* Christoph Waltz in "Django Unchained"
Nebendarstellerin (Performance by an actress in a supporting role)
Amy Adams in "The Master"
Sally Field in "Lincoln"
* Anne Hathaway in "Les Misérables"
Helen Hunt in "The Sessions"
Jacki Weaver in "Silver Linings Playbook"
Kamera (Achievement in cinematography)
"Anna Karenina" Seamus McGarvey
"Django Unchained" Robert Richardson
* "Life of Pi" Claudio Miranda
"Lincoln" Janusz Kaminski
"Skyfall" Roger Deakins
Schnitt (Achievement in film editing)
* "Argo" William Goldenberg
"Life of Pi" Tim Squyres
"Lincoln" Michael Kahn
"Silver Linings Playbook" Jay Cassidy und Crispin Struthers
"Zero Dark Thirty" Dylan Tichenor und William Goldenberg
Tonschnitt (Achievement in sound editing)
"Argo" Erik Aadahl und Ethan Van der Ryn
"Django Unchained" Wylie Stateman
"Life of Pi" Eugene Gearty und Philip Stockton
* "Skyfall" Per Hallberg und Karen Baker Landers
* "Zero Dark Thirty" Paul N.J. Ottosson
Tonmischung (Achievement in sound mixing)
"Argo" John Reitz, Gregg Rudloff und Jose Antonio Garcia
* "Les Misérables" Andy Nelson, Mark Paterson und Simon Hayes
"Life of Pi" Ron Bartlett, D.M. Hemphill und Drew Kunin
"Lincoln" Andy Nelson, Gary Rydstrom und Ronald Judkins
"Skyfall" Scott Millan, Greg P. Russell und Stuart Wilson
Effekte (Achievement in visual effects)
"The Hobbit: An Unexpected Journey" Joe Letteri, Eric Saindon, David Clayton und R. Christopher White
* "Life of Pi" Bill Westenhofer, Guillaume Rocheron, Erik-Jan De Boer und Donald R. Elliott
"Marvel's The Avengers" Janek Sirrs, Jeff White, Guy Williams und Dan Sudick
"Prometheus" Richard Stammers, Trevor Wood, Charley Henley und Martin Hill
"Snow White and the Huntsman" Cedric Nicolas-Troyan, Philip Brennan, Neil Corbould und Michael Dawson
Dokumentarfilm (Best documentary feature)
"5 Broken Cameras" Emad Burnat und Guy Davidi
"The Gatekeepers" Dror Moreh
"How to Survive a Plague" David France
"The Invisible War" Kirby Dick
* "Searching for Sugar Man" Malik Bendjelloul
Animationsfilm (Best animated feature film of the year)
* "Brave" Mark Andrews und Brenda Chapman
"Frankenweenie" Tim Burton
"ParaNorman" Sam Fell und Chris Butler
"The Pirates! Band of Misfits" Peter Lord
"Wreck-It Ralph" Rich Moore
Kostüm (Achievement in costume design)
* "Anna Karenina" Jacqueline Durran
"Les Misérables" Paco Delgado
"Lincoln" Joanna Johnston
"Mirror Mirror" Eiko Ishioka
"Snow White and the Huntsman" Colleen Atwood
Make-up (Achievement in makeup and hairstyling)
"Hitchcock" Howard Berger, Peter Montagna und Martin Samuel
"The Hobbit: An Unexpected Journey" Peter Swords King, Rick Findlater und Tami Lane
* "Les Misérables" Lisa Westcott und Julie Dartnell
Musik / Soundtrack (Achievement in music written for motion pictures - Original score)
"Anna Karenina" Dario Marianelli
"Argo" Alexandre Desplat
* "Life of Pi" Mychael Danna
"Lincoln" John Williams
"Skyfall" Thomas Newman
Musik / Song (Achievement in music written for motion pictures - Original song)
"Before My Time" from "Chasing Ice" Music & Lyrics: J. Ralph
"Everybody Needs A Best Friend" from "Ted" Music: Walter Murphy; Lyrics: Seth MacFarlane
"Pi's Lullaby" from "Life of Pi" Music: Mychael Danna; Lyrics: Bombay Jayashri
* "Skyfall" from "Skyfall" Music & Lyrics: Adele Adkins und Paul Epworth
"Suddenly" from "Les Misérables" Music: Claude-Michel Schönberg; Lyrics: Herbert Kretzmer und Alain Boublil
Production Design (Achievement in production design)
"Anna Karenina" Sarah Greenwood / Katie Spencer
"The Hobbit: An Unexpected Journey" Dan Hennah / Ra Vincent und Simon Bright
"Les Misérables" Eve Stewart / Anna Lynch-Robinson
"Life of Pi" David Gropman / Anna Pinnock
* "Lincoln" Rick Carter / Jim Erickson
Kurz-Doku (Best documentary short subject)
* "Inocente" Sean Fine und Andrea Nix Fine
"Kings Point" Sari Gilman und Jedd Wider
"Mondays at Racine" Cynthia Wade und Robin Honan
"Open Heart" Kief Davidson und Cori Shepherd Stern
"Redemption" Jon Alpert und Matthew O'Neill
Kurz-Animationsfilm (Best animated short film)
"Adam and Dog" Minkyu Lee
"Fresh Guacamole" PES
"Head over Heels" Timothy Reckart und Fodhla Cronin O'Reilly
"Maggie Simpson in 'The Longest Daycare'" David Silverman
* "Paperman" John Kahrs
Kurz-Spielfilm (Best live action short film)
"Asad" Bryan Buckley und Mino Jarjoura
"Buzkashi Boys" Sam French und Ariel Nasr
* "Curfew" Shawn Christensen
"Death of a Shadow (Dood van een Schaduw)" Tom Van Avermaet und Ellen De Waele
"Henry" Yan England