(Ophelia, auf eine phantastische Art mit Stroh und Blumen geschmükt, tritt auf.)
Laertes. O Hize, trokne mein Gehirn auf! Thränen, siebenmal gesalzen, brennet die Empfindung und Sehens-Kraft meiner Augen aus! Beym Himmel, diese Verfinsterung deiner Vernunft soll mir so vollwichtig bezahlt werden, bis die Wagschale an den Balken stößt – – O Rose des Mayen! Holdes Mädchen, liebe Schwester, angenehmste Ophelia! – – Himmel! ists möglich daß der Verstand eines jungen Mädchens so sterblich seyn soll, als das Leben eines alten Mannes? Die Natur ist in Liebe verfallen, und sendet dem geliebten Gegenstand das Kostbarste was sie hat zum Andenken nach.
Ophelia (singend.)
Sie senkten ihn in kalten Grund hinab,
Und manche Thräne blieb auf seinem Grab.
Fahr wohl, mein Täubchen!
Laertes. Hättest du deinen Verstand, und strengtest ihn an, mich zur Rache zu bereden, er könnte nicht halb so viel rühren – –
Ophelia. Ihr müßt singen – – Hinab, hinab – – Ihr wißt ja das Lied? – – Es war der ungetreue Hausmeister, der seines Herrn Tochter entführte – – Hier ist Rosmarin, es ist zum Angedenken; ich bitte dich, Liebe, denk' an mich; und hier sind Vergiß nicht mein – – Hier ist Fenchel für euch, und Agley – – Hier ist Raute für euch, (sie theilt im Reden ihre Blumen aus.) und hier ist welche für mich. Wir könnten sie Gnaden-Kraut oder Sonntags-Kraut nennen; ihr dürft eure Raute wol mit einigem Unterschied tragen. Hier ist eine Maaß-Liebe; ich wollte euch gern einige Veylchen geben, aber sie verwelkten alle, da mein Vater starb: Sie sagen, er hab' ein schönes Ende genommen:
((singend:)
Denn der Hanserl ist doch mein einziges Leben.)
Laertes. Wer könnte bey einem solchen Anblik geduldig bleiben!
Ophelia.
Und kommt er dann nicht wieder zurük?
Und kommt er dann nicht wieder zurük?
Nein, nein, er ist todt, geh in dein Tod-Bett!
Er kommt nicht wieder zurük.
Sein Bart war so weiß als Schnee
Ganz Silber-farb sein Haupt;
Er ist weg, er ist weg, und wir seufzen umsonst;
Friede sey mit seiner Seele!
Und mit allen Christen-Seelen – – Gott behüte euch.
(Sie geht ab.)
Laertes. Seht ihr das, ihr Götter?
König. Laertes, laßt mich euern Schmerz theilen, oder ihr versagt mir mein Recht: Geht wenn ihr zweifelt, leset eure verständigsten Freunde aus, sie sollen Richter zwischen mir und euch seyn: Finden sie daß wir auf irgend eine Art, geradezu oder verdekter Weise, in diese Sache eingeflochten sind – – so soll unser Königreich, unsre Krone, unser Leben, und alles was wir unser nennen, euch zur Genugthüung verfallen seyn. Ist es aber nicht, so leihet uns eure Geduld, und wir wollen gemeinschaftlich mit einander arbeiten, eure Rache zu befriedigen.
Laertes. Laßt es so seyn. Die Art seines Todes, seine heimliche Bestattung, ohne Ehren-Zeichen, ohne einiges Gepränge, das seinem Stand gebührt hatte, alle Umstände ruffen so laut, als ob sie von der Erde bis in Himmel gehört werden wollten, daß ich sie in Untersuchung ziehen solle.
König. Das thut: und wo ihr die Beleidigung findet, dahin lasset die Straffe fallen. Ich bitte euch, folget mir.