Der kleine Pandabär Li-Puh war der jüngste in seiner Familie. Er hatte zwei ältere Brüder Mi-Nu und Ka-Tu. Die beiden hielten sich für stark und schön und konnten mit ihrem kleinen Bruder nicht allzu viel anfangen. Sie tollten miteinander herum und maßen im Spiel ihre Kräfte. Selten durfte der kleine Bruder, Li-Puh, dabei mitmachen.
Li-Puh sah etwas anders aus, als seine Geschwister. Er hatte auf der rechten Seite ein längeres Ohr, dass ihm beim Laufen oft ins Gesicht fiel und somit die Sicht auf dem rechten Auge nahm. Bei Pandabären sind die Ohren gewöhnlich klein und stehen aufrecht auf ihren Köpfen. Deshalb machten sich die anderen Pandabären oft lustig über Li-Puh. Sie nannten ihn „Schlappohr“ oder „Der mit dem einen Auge-Sehende“.
Darüber war Li-Puh oft traurig, doch seine Eltern trösteten ihn immer und sagten: „Sei nicht traurig, du bist einfach besonders. Wir lieben dich genauso, wie Deine Brüder!“ Das tröstete Li-Puh aber nicht allzu lange. Denn irgendwie fühlte er sich von allen anderen Pandabären beobachtet.
„Irgendetwas stimmt mit mir nicht“, dachte sich der kleine Pandabär in diesen Momenten und zog sich zurück. Er wollte nicht anders sein, als die anderen Pandabären. Es gab einen besonderen Ort ganz in der Nähe, an dem sich Li-Puh gern allein aufhielt. So war es auch an diesem Morgen. Li-Puh lief an den Strand. Dort lag ein altes Holzboot, das seit langer Zeit nicht mehr benutzt wurde. In diesem Boot konnte er all seine Sorgen vergessen und seinen Fantasien freien Lauf lassen.
An den Tagen zuvor hatte Li-Puh bereits einige Sachen ins Boot gebracht: eine alte Decke und eine große Bambusstange, mit der er seine Sportübungen machte. Der kleine Pandabär freute sich schon jetzt auf die leckeren Bambussprossen, die er sich als Picknick mitgenommen hatte. Nach dem wilden Spielen und Üben, kroch er ins Boot und aß seine mitgebrachten Leckereien auf. Er war so erschöpft und satt, dass er auf der Stelle einschlief. Das war vorher noch nie vorgekommen.
Plötzlich braute sich draußen ein gewaltiger Wirbelsturm zusammen. Doch der kleine Pandabär merkte nichts davon, denn er schlief tief und fest. Durch die riesigen Wellen löste sich das Boot vom Strand und trieb mit Li-Puh ins offene Meer. Das Meer zischte und brodelte und das alte Holzboot trieb darin, wie eine winzige Walnussschale.
Ganz durchnässt wachte Li-Puh am nächsten Morgen auf. Um richtig sehen zu können, warf er den Kopf in den Nacken, damit ihm sein langes Ohr nicht die Sicht nahm. Um ihn herum lagen die Bambusstange und ein paar Bretter, die noch vom Holzboot übrig geblieben sind. Alles sah so fremd aus.
Li-Puh schüttelte sich kräftig, um zu überprüfen, ob er wirklich wach war oder noch träumte. Gleichzeitig schüttelte er auf diese Weise sein nasses Fell aus und prustete dabei laut. Es bestand kein Zweifel: Li-Puh war wach. „O je!“, rief er verzweifelt. „Wo bin ich hier nur gelandet?“ Auf diese Frage konnte ihm keiner eine Antwort geben, denn er stand allein am Sandufer einer Insel.