In der Welt geht es immer hinauf und hinunter und hinunter und hinauf! – »Jetzt kann ich nicht höher hinauf!« sagte der Turmwächter Ole, »Hinauf und hinunter müssen die meisten Leute erleben; im Grunde genommen werden wir alle zuletzt Turmwächter, schauen das Leben und die Dinge von oben an«. So sprach Ole, mein Freund, der alte Wächter, ein kurioser, gesprächiger Kauz, der alles zu sagen schien und der doch gar vieles in seinem ersten Sinn tief im Herzen verbarg. Ja, er war guter Leute Kind, es gab welche, die da sagten, er sei der Sohn eines Geheimrates oder hätte es sein können; studiert hatte er, war Hilfslehrer, Hilfsküster gewesen, wozu nützte ihm das Alles! Damals wohnte er bei dem Küster, sollte dort alles im Hause haben, freien Unterhalt, wie man sagt, und war noch, wie es heißt, ein junger, feiner Herr. Er wollte seine Stiefel mit Glanzwichse geputzt haben, aber der Küster wollte nur Schmiere hergeben und darüber wurden sie uneins; der eine sprach von Geiz, der andere von Eitelkeit, die Wichse ward der schwarze Grund ihrer Feindschaft, und endlich trennten sie sich.
Was er vom Küster forderte, das forderte er von der Welt überhaupt: Glanzwichse, und er bekam stets nur Schmiere; deshalb zog er sich endlich von allen Menschen zurück und wurde ein Eremit; aber Eremitentum, Amt und Brot zugleich inmitten einer großen Stadt gibt es nur oben im Kirchturm. Dort stieg er denn auch hinauf und schmauchte seine Pfeife während seines einsamen Turmganges; er blickte hinab und hinauf, dachte nach dabei und erzählte in seiner Art und Weise von dem, was er sah und was er nicht sah, was er in Büchern und in sich selber las. Ich lieh ihm oft Bücher, gute Bücher, und an dem Umgang mit ihnen erkennt man den Mann. Er liebe weder die englischen Gouvernanten-Romane noch die französischen, die ein Gebräu aus Zugwind und Rosinenstengel seien, sagte er, nein, er wolle Lebensbeschreibungen, Bücher von den Wundern der Erde haben. Ich besuchte ihn mindestens einmal im Jahre, gewöhnlich gleich nach Neujahr, er sprach dann immer von diesem und jenem, das ihm beim Jahreswechsel in den Sinn gekommen war.
Ich will von drei Besuchen erzählen und werde seine eigenen Worte wiedergeben, wenn ich es vermag.