Unserer mythologie vorzüglich eigen ist die idee der entrückung, wie sie sich zwar schon auf den inhalt des vorausgehenden cap. erstreckt, aber einen noch weiteren umfang hat.
Verwünschen bedeutet einen fluch oder bann aussprechen, maledicere, diris devovere, was goth. fraqviþan, ahd. farivâzan, mhd. verwâzen heißt; da ich verwünschen in der älteren sprache noch nicht finde, erkläre ich es bloß aus dem gegensatz von wünschen (fausta apprecari) und enthalte mich darin bezug auf den wunsch (die fülle des heils und segens) zu vermuten [Fußnote].
Von verwandlungen unterscheiden verwünschungen sich darin, daß sie nicht umgestalten, vielmehr die natürliche form der dinge festbannen und nur in andre lage versetzen; wiewol der sprachgebrauch auch das verwandelte verwünscht nennt. ferner, das verwandelte beharrt, bis zum zeitpunkt seiner erlösung, in der neuen gestalt, in welche es umgeschaffen wurde, allen augen sichtbar, z. b. der stein oder baum, in den ein mensch verwandelt ist; bei dem verwünschten aber, nach dem begrif, den ich ihm hier gebe, scheint mir wesentlich, daß es unsern sinnen entrückt werde, und bloß zuweilen, in seiner vorigen form, erscheine. Anders ausgedrückt: das verwandelte bleibt leiblich, das verwünschte verliert sich und kann nur bedingungsweise wieder leibhaft werden, wie es in dem belieben unsichtbarer geister steht, gröbere sinnliche gestalten anzunehmen. verschwinden [Fußnote] ist also sich freiwillig entrücken, ein vermögen der götter (s. 270) und geister, zuweilen auch der helden, die im besitz einer larve (grîma) oder eines hehlenden helms sind; entrückte menschen sind geisterähnliche, und noch eine bezeichnung dafür ist: sie schlafen, nur von zeit zu zeit erwachen sie [Fußnote] [Fußnote]
Verschwinden und wieder erscheinen ist αφανη̃ γενέσθαι und φανερὸν γενέσθαι. Plato resp. 360. häufig ist der ausdruck: unter der hand verschwinden, wegkommen. vgl. den handschlag bei verzauberungen (s. 857). thaz thu hiar irwunti mir untar theru henti. O. I. 22, 44. verswant den luten under den handen. Grieshaber sprachd. 26. der tag war mir unter den händen verschwunden. Felsenburg 1, 158. die zeit war ihnen unter den händen verschwunden. caval. im irrgarten. 287. daß mir dieser tag unvermerkt unter den händen vergieng. das. 253. es lief mir die zeit unter den händen weg. Schweinichen 3, 79. ze hant verswant der kleine. Ortnit 141, 4. vile schiere her verswant von sînen ougen zehant, daz her enweste, war her bequam. En. 2621. vor iren ougen er virswant. Haupts zeitschr. 5, 533. verswant vor sînen ougen. Krone 29606. vor ir ougen verswant. Nib. 609. und als er das gesagt hatte, verschwand er vor ihren augen und sahen ihn nimmer. Tobias 12, 21. vgl. kaum gesehen verschwand er wieder. Somadeva 1, 84. der engel sâ vor im verswant. Wh. 49, 27. dô der tiuvel hin verswant. Barl. 3027. dô der winder gar verswant. frauend. 409, 17. solde ein wîp vor leide sîn verswunden. MS. 1, 81a. der hirz vorswant. myst. 1, 233. in den wint gâhes verswunden. Mar. 159, 7. daz verswant mit der luft. pass. 369, 91. der engel mit der rede verswant. Haupts zeitschr. 8, 171. der teufel sagt: ich muoz verswinden. MSH. 3, 174a. von hinnan stêt min begirde ›got müeze dich in huote lân!‹ alsus swein diu gezierde. Diut. 2, 251. 252. sant Servace dô verswein. Servat. 3317. dô was er hin. Gerh. 187. ›war ist der künec komen?‹ Nib. 610, 3. vgl. ›wo ist er plötzlich hingegangen?‹ Somad. 1, 120. voer ute haren ogen. Karel 2, 990. de duvel voer dane alse ên rôc te scouwene ane. Maerl. 2, 237. Varindwand. n. pr. ring 33b, 30. 36c, 28. 36. von hinnen gehn = ahd. huerban, altn. hverfa. Ođinn hvarf þâ. Sæm. 47. oc nu hverfur þessi alfur sô sem skuggi. Vilk. c. 150. brottu horfinn. das. flô þâ burt. fornald. sög. 1, 488. vgl. seykvaz versinken. Sæm. 10b. 229b. entrückte schlafen, wie Kronos s. 695. Gawan schläft auf dem tisch der Gralshalle ein und erwacht morgens in einem moos. Keller Romvart 660. dem verschwinden geht oft ein donner voran. ein ›grôzer slac‹ geschieht beim verschwinden. Heinr. und Kun. 4215. Erfurter märchen 84. 160. es that einen rassler und alles war fort und versunken. Panzer 1, 30. Gangleri hört einen donner und Vallhöll ist verschwunden, er steht auf dem feld. Sn. 77.
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Entrückbar sind aber nicht allein personen, sondern auch sachen. verschwindende und wiederkehrende personen fallen ganz mit dem begrif zusammen, den das vorige cap. von gespenstern aufgestellt hat, und genau wie dort seelen verstorbner menschen sich mit helden und göttern identificierten, stoßen wir auch hier wieder auf die nemlichen helden und götter. geschwundne götter mengen sich mit entrückten helden.
Entrückung pflegt unser volksglaube gern so zu fassen, daß er die verwünschten gegenstände in berge versetzt, gleichsam die erde, zu deren aufnahme, sich öfnen läßt [Fußnote]. Hierbei können mehrere vorstellungen geschäftig sein. die mütterliche erde birgt in ihren schoß die todten, und seelenwelt ist eine unterirdische; elbe und zwerge werden in bergen wohnend gedacht, nicht sowol tief in der erde, als in bergen und felsen, die sich auf der oberfläche der erde erheben. volksmäßige verwünschungsformeln pflegen aber auf das manigfaltigste den tiefsten abgrund auszudrücken [Fußnote]. In der schwed. sprache bedeutet bergtagen (in den berg weggenommen) versunken, bergtagning entrückung (sv. visor 1, 1. Afzelius 1, 28. 33). bei Asbiörnsen und Moe no. 38 indtageni bierget; Faye führt s. 35. 36 merkwürdige beispiele dieses indtages i höie og fjelde an. altn. gânga inn î fiallit Nialss. cap. 14. 135 [Fußnote].
Nun begreift es sich, warum frau Holda, frau Venus mit ihrem gesinde in bergen hausen: sie sind dahin entrückt bis die zeit ihres umzugs unter den menschen naht. so wohnen Wodan und könig Carl im Odenberg.
Einzelnen menschen gelingt zutritt in solche berge; Tannhäuser verweilte jahrelang bei frau Venus. Ein schmied suchte in den hecken des Odenbergs nach einem weißdorn zum hammerstiel, plötzlich entdeckte er ein vorher nie wahrgenommnes loch in dem steingefälle, trat hinein und stand in einer neuen wunderwelt. starke männer kegelten da mit eisernen kugeln, der schmied schaute ihnen zu; sie forderten ihn auf mitzuspielen, was er ablehnte, ›die eisenkugeln wären seinen händen zu schwer‹. die männer blieben aber freundlich und sagten, er solle sich ein geschenk wählen. der schmied bat um eine der kugeln, trug sie heim und legte sie unter sein eisengeräth. als er sie nun später verschmieden wollte und rothgeglüht hatte, zersprang sie auf dem amboß in stücke und jedes stück war eitel gold [Fußnote]. So oft er wieder auf den Odenberg kam, fand er die öfnung nimmer, jenesmal hatte er eben den tag getroffen, an welchem der berg den menschen offen steht, für sonntagskinder soll er es an gewissen tagen des jahrs. sie erblicken einen alten langbärtigen mann (wie Carl im roman. epos immer den beinamen führt: à la barbe florie, aber auch Ođinn Lângbarđr, Harbarđr, Sîđskeggr hieß), der einen metallbecher in der hand hält. inwendig in dem berg werden sie beschenkt, wie im Kifhäuser.
Bei Fränkischgemünden im Guckenberg [Fußnote] ist vor zeiten ein kaiser mit seinem ganzen heere versunken, er wird aber, wenn sein bart dreimal um den tisch, woran er sitzt, gewachsen ist, mit seinen leuten wieder heraus kommen. einst traf ein armer bube, der in der gegend wecke zum verkauf trug, auf dem berge einen alten mann, dem er klagte, daß er wenig verkaufen könne. ›ich will dir wol einen ort zeigen‹, sagte der mann, ›wo du deine wecke täglich anbringen kannst, aber du darfst es niemand offenbaren‹. hierauf führte er den buben in den berg, wo ein reges leben und treiben war, viele leute kauften da oder verkauften, der kaiser selbst saß an einem tisch, um den der bart zweimal herumgewachsen war. Täglich brachte nun der bube seine wecke dahin und wurde in uraltem gelde bezahlt, das man endlich in seinem orte nicht mehr annehmen wollte: man drang in ihn zu sagen, wie er dazu gekommen sei, worauf er den ganzen verlauf der sache entdeckte. Als der bube am nächsten tag in den berg gehn wollte, konnte er denselben nicht einmal ersehn, geschweige den eingang finden (Mones anz. 4, 409 und daher Bechsteins fränk. sag. s. 103). Auch zwischen Nürnberg und Fürt liegt kaiser Carls berg, aus dem in früherer zeit oft gesang erscholl, und von dem ein ähnliches brottragen erzählt wird; der beckerjunge sah in einem gewölbe geharnischte männer sitzen (Mones anz. 5, 174).
In Westfalen, zwischen Lübbecke und Holzhausen, oberhalb des dorfes Mehnen an der Weser liegt ein hügel die Babilonie [Fußnote] genannt, in dem Wedekind (Weking) versunken sitzt und harrt bis seine zeit kommt; begünstigte finden den eingang und werden beschenkt entlassen (Redekers westf. sagen no. 21).
Einen älteren mythus gewährt das chron. ursbergense ad a. 1223 (Pertz 8, 261): in pago wormaciensi videbantur per aliquot dies non modica et armata multitudo equitum euntium et redeuntium, et quasi ad placitum colloquium nunc hic nunc illic turbas facere, circa nonam vero horam cuidam monti, quo et exiisse videbantur, se reddere. Tandem quidam de incolis regionis illius non sine magno timore hujusmodi tam prodigiosae concioni crucis signaculo munitus appropinquat. mox quandam ex illis occurrentem sibi personam per nomen omnipotentis domini nostri manifestare causam populi, qui sic apparuerit, adjurat. cui ille inter cetera ›non sumus‹ inquit ›ut putatis fantasmata, nec militum, ut vobis cernimur, turba, sed animae militum interfectorum, arma vero et habitus atque equi, quia nobis prius fuerant instrumenta peccandi, nunc nobis sunt materia tormenti, et vere totum ignitum est quod in nobis cernitis, quamvis id vos corporalibus oculis discernere non possitis‹. In hujusmodi comitatu dicitur etiam Emicho comes ante paucos annos (a. 1117) occisus apparuisse et ab hac poena orationibus et eleemosynis se posse redimi docuisse. Donnersberg (s. 141) lag im Wormazfeld, es wird also kein andrer gewesen sein, aus dem, in den die alten geister fuhren: seelen der gefallnen, wieder erweckten helden (s. 785), hier nur mit christlichem auge in höllischem feuer geschaut.
Im alten bergschlosse Geroldseck sollen Siegfried und andere helden wohnen und dem deutschen volk, wann es in höchster noth sein wird, daraus erscheinen (deutsche sag. no. 21). Eine felskluft am Vierwaldstättersee, nach andern auf dem Grütli, birgt die schlafenden drei stifter des Schweizerbundes, sie werden aufwachen, wann ihrer das vaterland bedarf (das. no. 297). Auf dem Kifhäuser in Thüringen schläft Friedrich Rothbart: er sitzt an rundem steintisch, den kopf in der hand haltend, nickend, mit den augen zwinkernd, sein bart wächst um den tisch und hat schon zweimal dessen ründung umschlossen, wann er das drittemal herum gewachsen sein wird, erfolgt des königs aufwachen. bei seinem hervorkommen wird er seinen schild hängen an einen dürren baum, davon wird der baum grünen und eine bessere zeit werden. doch einige haben ihn auch wachend gesehn; einen schäfer, der ein ihm wolgefälliges lied gepfiffen, fragte Friedrich: ›fliegen die raben noch um den berg?‹ und als der schäfer bejahte: ›so muß ich hundert jahre länger schlafen‹ [Fußnote]. Der schäfer wurde in des königs rüstkammer geführt und bekam den fuß eines handfasses geschenkt, den der goldschmied für echtes gold erkannte (das. no. 23. 296) [Fußnote]. Nach andern sitzt Friedrich in einer felsenhöle bei Kaiserslautern (das. no. 295) oder zu Trifels bei Anweiler, oder im Unterberg bei Salzburg (das. no. 28), wo aber einige Carl den großen oder den fünften hausen lassen, und das wachsen des barts um den tisch ebenso erzählt wird. hat der bart zum drittenmale die letzte tischecke erreicht, so tritt das weltende ein, auf dem Walserfeld erfolgt eine blutige schlacht, der antichrist erscheint, die engelposaunen tönen und der jüngste tag ist angebrochen. das Walserfeld hat einen dürren baum, der schon dreimal umgehauen wurde, seine wurzel schlug immer aus, daß ein neuer vollkommner baum daraus erwuchs. wann er wieder beginnt zu grünen, dann naht die schreckliche schlacht, und wann er früchte trägt wird sie anheben. Friedrich hängt dann seinen schild an den baum, alles wird hinzulaufen und ein solches blutbad sein, daß den kriegern das blut in die schuhe rinnt, da werden die bösen von den guten menschen erschlagen werden (das. no. 24. 28). In dieser bedeutsamen überlieferung läßt sich altes und uraltes aufweisen. ein geistliches lied des 16 jh. (Gräters Odina s. 197) erwähnt herzog Friedrichs, der das heilige grab wieder gewinnen und sein schild an einen laublosen baum hängen soll, der antechriste wird dabei genannt. das ältere bruchstück eines gedichts aus dem 14 jh. (cod. pal. 844) sagt von kaiser Friedrich: ›an dem gejaid er verschwant, das man den edeln keiser her sind gesach nyemer mer; also ward der hochgeporn keiser Friederich do verlorn. wo er darnach ye hin kam, oder ob er den end da nam, das kund nyemand gesagen mir, oder ob yne die wilden tir vressen habn oder zerissen, es en kan die warheit nyemand wissen, oder ob er noch lebendig sy [Fußnote], der gewiszen sin wir fry und der rechten warheit; iedoch ist uns geseit von pawren solh mer, das er als ein waler sich oft by yne hab laßen sehen und hab yne offenlich verjehen, er süll noch gewaltig werden aller römischen erden, er süll noch die pfaffen storen, und er woll noch nicht uf horen, noch mit nichten laßen abe, nur er pring das heilige grabe und darzu das heilig lant wieder in der Christen hant, und wol sine schildes last hahen an den dorren ast, das ich das für ein warheit sag, das die pauren haben geseit, das nym ich mich nicht an, wan ich sin nicht gesehen han, ich han es auch zu kein stunden noch nyndert geschribn funden, wan das ichs gehort han von den alten pauren an wan‹. Ein gedicht, etwa von 1350 (Aretins beitr. 9, 1134) sagt: ›so wirt das vrlewg also groß, nymand kan ez gestillen, so kumpt sich kayser Fridrich der her vnd auch der milt, er vert dort her durch gotes willen, an einen dürren pawm so henkt er seinen schilt, so wirt die vart hin uber mer . . . . . . er vert dort hin zum dürren pawm an alles widerhap, dar an so henkt er seinen schilt, er grunet unde pirt: so wirt gewun daz heilig grap, daz nymmer swert darup gezogen wirt‹. Auch Sibyllen weissagung, die bald nach der mitte des 14 jh. in deutschen reimen gedichtet wurde, sagt: ›es kumet noch dar zuo wol, das got ein keiser geben sol, den hat er behalten in siner gewalt u. git im kraft manigvalt, er wirt genant Fridrich, der usserwelte fürste rich, vnd sament daz Christen volgan sich vnd gewinnet daz helge grap über mer, do stat ein dor boum vnd ist gros vnd sol so lange stan blos, bicz der keiser Fridrich dar an sinen schilt gehenken mag vnd kan, so wirt der boum wieder gruen gar, noch kument aber guete jar vnd wirt in aller der welt wol stan, der Heiden glouben muos gar zergan‹. Wackern. basel. hss. s. 55 [Fußnote].
Daß kaiser Friedrichs tod unter dem volk bezweifelt und seine wiederkehr geglaubt wurde, lehren die angeführten stellen, die sich ausdrücklich auf alte bauern beziehen; es wird schon im 13 jh. der fall gewesen sein und lange nachher. betrüger machten sich den gemeinen wahn zu nutz, eine chronik (bei Böhmer 1, 14) erzählt: ›ecce quidam truphator surrexit in medium, qui dixit se esse Fridericum quondam imperatorem, quod de se multis intersignis et quibusdam prestigiis scire volentibus comprobavit.‹ könig Rudolf ließ ihn im j. 1285 auf einem scheiterhaufen verbrennen. Detmar hingegen zum j. 1287: ›by der tid quam to Lubeke en olt man, de sprak, he were keiser Vrederic, de vordrevene. deme beghunden erst de boven unde dat mene volk to horende sines tusches unde deden eme ere. he lovede en grote gnade, oft he weder queme an sin rike; he wart up eneme schonen rosse voret de stat umme to beschowende . . . darna cortliken quam de man van steden, dat nenman wiste, wor he hennen vor. seder quam de mer, dat bi deme Rine en troner were, de in dersulven wise de lude bedroch, de ward dar brand in ener kopen‹. Noch genauer berichtet Ottocar cap. 321 bis 326, und die chronik bei Pez 1, 1104. die sage mag auch beide Friedriche, den ersten und zweiten, mengen [Fußnote] [Fußnote]
Wie Carls weißer bart auf Wuotan deutet Friedrichs rother auf Donar, und in Norwegen hat Olafs rother bart (s.456) gleiche mythische beziehung erfahren.
Friedrich Rothbart im Kifhäuser und Unterberg, Carl Langbart im Unterberg und Odenberg, Holda im Horselberg drücken die selbe mythische idee aus, überall aber knüpfen sich eigene nebensagen an. Carl lieferte eine ungeheuere schlacht und ward in den Odenberg aufgenommen, aus dem er dereinst zu neuem krieg und sieg hervorgeht. Friedrich kommt aus dem Unterberg und schlägt eine solche schlacht. im 13. 14. 15 jh. verband damit das volk die wiedergewinnung des heil. grabs, auf diesen zweck sind die helden des Odenbergs und Kifhäusers nicht gerichtet. älter ist die bestimmung, daß mit ihrem aufwachen die große weltschlacht und der jüngste tag anbrechen soll; daran läßt die erwähnung des antichrists keinen zweifel. hier ist zusammenhang mit dem mythus vom weltuntergange s. 676–678. der aufgehangne schild kann den nahenden richter bezeichnen (RA. 851); auch das zeichen des neugrünenden baums scheint mir eher heidnisch als christlich. zwar ließe es sich auf Matth. 24, 32, Marc. 13, 28, Luc. 21, 29, 30 (Hel. 132, 14) ziehen, wo die kunst des welttages dem ausschlagenden feigbaum, als zeichen des nahenden sommers verglichen werden, die anwendung des gleichnisses auf den jüngsten tag wäre aber ein misgrif. eher denke ich an die nach dem muspilli neugrünende erde (Sæm. 9b), oder an einen verdorrten wieder sprießenden weltbaum. die esche (s. 664–667); es ließe sich selbst bestätigung meiner deutung von muspilli, mudspilli = arboris perditio (s. 675) gewinnen aus dem dürren baum [Fußnote]. Und wie, wenn Friedrichs frage nach den fliegenden raben noch zusammenhienge mit dem über der neuen welt fliegenden adler (Sæm. 9b) oder dem auf der esche sitzenden? auch an die kraniche darf sie erinnern, welche zur zeit der großen niederlage durch die brotbänke geflogen kommen (deutsche sag. no. 317). Fischart (Garg. 266b 267a) bindet die wiederkehr des verwünschten königs gerade so an der kraniche kunft [Fußnote].
Den mythus von dem grünenden baum und der schlacht in seiner nähe stellt uns eine niedersächsische sage [Fußnote] in bedeutsam abweichender fassung vor. mitten in Holstein auf dem kirchhofe zu Nortorf glaubt man wird einst eine esche erwachsen, noch hat niemand etwas von ihr gesehn, doch schießt alljährlich ein kleiner sproß unmerkbar aus dem boden hervor. dann kommt in jeder neujahrsnacht ein weißer reiter auf weißem pferde um den jungen schoß abzuhauen. aber zu gleicher zeit naht ein schwarzer reiter auf schwarzem pferde und wehrt es ihm. lange kämpfen sie, endlich wird der schwarze reiter verdrungen und der weiße haut den sproß ab. Einst aber wird er den schwarzen nicht mehr besiegen können, dann die esche aufwachsen, und wenn sie so groß ist, daß ein pferd darunter angebunden werden kann (RA. s. 82 vgl. die dän. Holgersage Thiele 1, 20), der könig mit großen scharen kommen und eine fürchterlich lange schlacht geliefert werden. während der zeit wird sein pferd unterm baume stehn, er aber hernach mächtiger sein als je zuvor. In dieser erzählung läßt sich weltbaum und kampf beim weltuntergang kaum verkennen, der weiße ritter scheint Freyr oder ein andrer leuchtender gott, der gegen Surtr den schwarzen streitet und das herannahende weltende durch abhauen des sprosses aufzuhalten sucht. heidnische götter sind die beiden kämpfer gewis, wenn auch andere. der könig, dessen pferd unter dem baum angebunden steht, ist einerlei mit dem, dessen schild an den baum gehangen wird, ein künftiger weltrichter.
Wie vergangenheit und zukunft, das verlorne paradis und das erwartete, in der vorstellung des volks sich verschmelzen [Fußnote]; so glaubt es an ein erwachen seiner geliebten könige und helden aus dem bergschlaf: Friedrichs und Carls, Siegfrieds und wol auch Dietrichs. das ist des epos rechtes zeichen daß er seinen gestalten ewige, unvergängliche dauer sichert. Siegfried ist aber auch Wuotan (s. 22. 111), Dietrich ist Wuotan (s. 781), Carl ist Wuotan (s. 327), und Wuotan steigt, nach dem muspilli, ein verjüngter, wieder erwachter gott, von neuem auf die welt. schon einmal war Ođinn aus dem land gefahren nach Gođheim (Yngl. saga c. 10), man wähnte ihn todt und er kehrte zurück. Neben dem langbärtigen Wuotan darf die ältere sage eines rothbärtigen Donars sich bewust geworden sein.
Auch Artus, der entschwundne könig, dessen wiederkehr die Briten glauben [Fußnote], soll (wie er an der spitze des nächtlichen heers zieht (s. 780)), in einem berge mit seiner massenie hausen: Felicia, Sibyllen tochter, und Juno die göttin, leben in seiner gesellschaft, dem ganzen heer gebricht es nicht an speise, trank, rossen und kleidern [Fußnote]. Gralents fortwährendes leben wird am schlusse des lais de Graelent versichert. In einem gewölbe bei Kronburg in Dänemark sitzen um einen steintisch gepanzerte männer, niedergebogen, die häupter auf den gekreuzten armen ruhend. als Holger danske, der am ende des tisches saß, sein haupt erhob, brach der tisch zusammen, in den sein bart gewachsen war, und er sagte: ›wir kehren zurück, wann nicht mehr männer in Dänmark sein werden, als ihrer raum auf einer tonne haben‹ (Thiele 1, 23. 168). Die Dänen wandten alle mythen auf Olger, der gar nicht ihnen, sondern den Niederlanden gehört, und derselbe Ogier (Otger, vielleicht Otacher) soll im Ardennerwalde umgehn und einmal wiederkommen [Fußnote]. Auch die Slaven glauben, ihr geliebter Svatopluk werde zurückkehren und in einigen gegenden Mährens dauert noch heute der gebrauch in feierlichem umgang ›den Svatopluk zu suchen.‹ Palacky 1, 135. hierzu halte ich, daß Yngl. saga 15 Svegdir ausgeht ›at leita Ođinn‹, den O. zu suchen. etwas anders ist das heimsuchen des gottes (oben s. 120 [Fußnote].).
Oft führt der verwünschte gar keinen namen, in der höle des Willbergs fand der schäfer vom Osterberg ein männlein vor steinernem tische sitzen, durch den sein bart gewachsen war (deutsche sag. no. 314). den schäfer von Wernigerode geleitete ein greiser mann zu den schätzen der berghöle (das. no. 315). Vortreflich drückt das wachsen des barts in den stein oder um den stein die lange dauer der vergangenheit, den allmälichen fortschritt der zukunft aus. Im burgkeller von Salurn, im schlesischen Zobtenberg fand man drei männer am tische sitzen (das. no. 15. 143), die als verwünschte übelthäter dargestellt werden. Leicht ist den übergang von bergversunknen helden auf solche zu finden, die natürlich gestorben in ihren steingräbern schlafen und sich zuweilen sichtbar erzeigen. Zu Steinfeld im bremischen Marschland, hatte einer ein hünengrab gestört, dem erschienen die folgende nacht drei männer, deren einer einäugig war (anspielung auf Wodan) und die sich in einer unverständlichen sprache unterredeten, zuletzt schleuderten sie drohende blicke gegen den, der in ihrem grab gewühlt hatte und sagten: sie wären für ihr vaterland gefallen, störe er ferner ihre ruhe, so solle er weder glück noch stern haben. (Harrys nieders. sag. 1, 64).
Wie aber Holda in den berg gebannt ist, so sind es vorzüglich weiße frauen, weißgekleidete jungfrauen (s. 230. 342. 347), auf welche der begrif dieser bergverwünschung anwendung leidet: göttliche, halbgöttliche wesen des heidenthums, die den blicken der sterblichen noch zu bestimmter zeit sichtbar werden; am liebsten bei warmer sonne erscheinen sie armen schäfern und hirtenjungen. unsere volkssage ist allenthalben voll anmutiger erzählungen davon, die sich wesentlich gleichen und die festeste wurzel verrathen.
Auf dem Lahnberg in Oberhessen saß eine weiße jungfrau bei sonnenaufgang, hatte auf tüchern waizen zum bleichen gebreitet und spann. ein Marburger becker gieng des wegs vorüber und nahm eine handvoll körner mit; zu hause fand er lauter goldkörner in der tasche. gleiches erzählt wird von einem bauer bei Friedigerode.
Ein armer schäfer weidete an der Boyneburg, da sah er im sonnenschein neben der schloßthür eine schneeweiße jungfrau sitzen, auf weißem tuch vor ihr lagen flachsknotten, die sollten aufklinken. verwundert tritt der schäfer hinzu, sagt ›ei was schöne knotten!‹ nimmt eine handvoll, besieht und legt sie wieder hin. die jungfrau blickt ihn freundlich, aber traurig an, ohne ein wort zu erwiedern. Er treibt seine heerde heim, ein paar knotten, die in die schuh gefallen waren, drücken ihm den fuß, er setzt sich, zieht den schuh ab, da rollen ihm fünf oder sechs goldkörner in die hand (deutsche sag. no. 10. vgl. wetterauische sagen s. 277. Mones anz. 8, 427.)
Im Otomannsberg bei dorf Geismar soll nachts ein feuer brennen. alle sieben jahre kommt eine schneeweißgekleidete, in der hand einen schlüsselbund haltende jungfrau heraus.
Auf dem burgfelsen zu Baden erscheint mittags zwölf uhr eine weiße frau mit einem bund schlüssel (Mones anz. 8, 310).
Im schloßgewölbe bei Wolfartsweiler liegt ein schatz verborgen, dessenwegen alle sieben jahre, wann die maiblumen blühen, eine weiße jungfrau erscheint, ihr schwarzes haar ist in lange zöpfe geflochten, um das weiße gewand trägt sie goldnen gürtel, an der seite oder in der einen hand ein gebund schlüssel, in der andern einen strauß maiblumen. am liebsten zeigt sie sich unschuldigen kindern, deren einem sie einst am grabe unten winkte, zu ihr hinüber zu kommen: das kind lief erschrocken heim und erzählte; als es mit dem vater wieder an die stelle gieng, war die jungfrau nicht mehr da. Eines mittags sahen auch zwei mädchen des gänshirten die weiße jungfrau herunter an den bach kommen, sich kämmen, die zöpfe machen, hände und gesicht waschen und wieder auf den schloßberg gehn. das nemliche geschah am folgenden mittag, und obgleich man ihnen zu hause scharf eingeprägt hatte die jungfrau anzureden, unterließen sie es aus zaghaftigkeit dennoch. am dritten tag erblickten sie die jungfrau nicht mehr, fanden aber auf einem stein mitten im bach eine frischgebratne leberwurst, die ihnen besser schmeckte, als je eine andere. Zwei männer aus Grünwettersbach sahen eines tags die jungfrau einen kübel voll wasser, den sie am bach gefüllt hatte, den berg hinauf tragen; am kübel waren zwei breite reife von lauterm golde. der weg, welchen die jungfrau allemal hinunter und hinaufmacht, war am grase deutlich zu erkennen. Mones anz. 8, 304.
Zu Osterrode läßt sich alljährlich am ostersonntag eine weiße jungfrau sehn, wandelt langsam vor sonnenaufgang an den bach und wäscht sich, einen großen bund schlüssel im gürtel. einen armen leinweber, der ihr um diese zeit begegnete, nahm sie mit in die burgtrümmer und brach ihm eine von drei weißen lilien ab, die er sich auf den hut steckte. zu hause fand sich, daß die lilie von reinem gold und silber war und die stadt Osterrode nicht geld hatte sie zu bezahlen. die wunderblume der osterjungfrau kaufte nachher der herzog gegen ein jahrgeld dem weber ab und nahm sie ins fürstliche wapen auf. Harrys 2 no. 23.
In der Christnacht, als alles voll schnee lag, gieng ein fuhrmann auf einem fußwege seinem orte zu. da sah er nicht weit davon eine jungfrau mit einem sommerhute stehn und auf dem boden ausgebreitete flachsbollen mit dem rechen umwenden. ›nun jungfrau, thut sichs so?‹ rief er ihr zu und nahm eine handvoll bollen zu sich, sie aber gab keine antwort und schlug ihn mit dem rechen auf die hand. erst am andern morgen dachte er wieder an das mitgenommene, alle flachsbollen waren in gold verwandelt. eiligst lief er wieder hinaus an den platz, wo seine in der nacht hinterlassenen fußstapfen tief im schnee zu sehn, die jungfrau und flachsbollen aber verschwunden waren. Mones anz. 5, 175.
Auf einem hügel bei Langensteinbach im walde liegt die längst verfallene Barbarakirche, wo bei vergrabnen schätzen die weiße frau umgeht. im frühling eines schaltjahrs gieng ein unerwachsnes mädchen hinein und sah sie aus dem chor treten, sie rief bst! und winkte dem mädchen zu sich, ihr gesicht und die hände waren schneeweiß, die zurückgeschlagnen haare rabenschwarz, in der hand, womit sie winkte, hielt sie ein sträußlein blauer blumen, an der andern halte sie eine menge goldringe, trug weißes gewand, grüne schuhe und an der seite einen bund schlüssel. Vor schrecken lief das mädchen aus der kirche und holte seinen vater und bruder, die außen beschäftigt waren, herein, die aber die weiße frau nicht sehn konnten, und als sie fragten, zeigte das mädchen hin und sagte ›dort!‹ Da wandte die frau sich um, ihr haar hieng über den rücken bis auf den boden und sie gieng nach dem chor, dann war sie verschwunden. Mones anz. 5, 321.
In den klostergarten von Georgenthal gieng um die mittagsstunde eine magd grasen, da stand plötzlich auf der höhe an der mauer ein schleierweißes fräuchen und winkte bis die glocke zwölf schlug, wo es verschwand. unterwegs sah die graserin ein schönes tuch mit hellen leinknotten und steckte verwundert zwei davon ein. zu hause sind es zwei blanke ducaten. Bechstein thür. sag. 2, 68.
Um den kellerborn bei Atterode haben viele im mondschein die weiße jungfrau bald wäsche, bald waizen trocknen sehn (das. 4, 166).
Auf der wüsten burg des Frankensteins bei Klosterallendorf erscheint alle sieben jahre eine weißgekleidete jungfrau über dem gewölbe sitzend und winkend. Als ihr einer folgen wollte, aber unschlüssig am eingang stehn blieb, kehrte sie um und gab ihm eine handvoll kirschen. er sprach ›habt dank!‹ und steckte ein, plötzlich geschah ein knall, keller und jungfrau waren verschwunden, zu haus besah der betäubte bauer die kirschen, die sich in gold und silberstücke gewandelt hatten. (das. 4, 144.)
Ein fischer in der gegend des räuberbergs bei Feeben warf seine netze aus, da sah er plötzlich am ufer die weiße frau mit einem schlüsselbunde vor sich stehn. ›eben‹, sagt sie, ›ist deine frau daheim eines knaben entbunden worden, geh du nach hause das kind zu holen und bring mirs, damit ich es küsse und erlöst werde‹. Der fischer fuhr heim und fand alles wie sie gesagt hatte, doch sein kind traute er sich nicht sogleich hinauszutragen, der prediger rieth ihm es vorher taufen zu lassen, nach der taufe begab er sich zum berg, die weiße frau saß weinend und wehklagend, denn das war eine der gesetzten bedingungen, daß das kind, durch welches sie erlöst werden sollte, nicht getauft sein dürfte. und so erscheint sie noch jeweilen auf dem berge, des kommenden erlösers harrend. Ad. Kuhn no. 67.
Bei Hennikendorf unweit Luckenwalde weideten ein paar hirten ihre schafe. da zeigte sich ihnen auf dem berg eine frau halb weiß halb schwarz und winkte. als der eine zögernd hingieng, erbot sie ihm in den berg zu kommen und sie zu erlösen, für alles gold was drinnen sei; ihr flehen bewegte ihn nicht. da sagte sie, erlöse er sie nicht, so werde erst wieder nach hundert jahren einer geboren der es könne; aber der hirte überwand nicht seine furcht und die stunde der erlösung war verstrichen und die frau versank in den berg, aus welchem der schäfer lange noch ihr herzzerreißendes klagen und winseln hörte. Ad. Kuhn no. 99.
Ein bauer, der auf dem darrboden unweit den trümmern des klosters Chorin wachte, sah die weiße frau, welche man dort die utgebersche (ausgeberin) nennt, weil sie ein großes bund schlüssel trägt, plötzlich eintreten und erschrak nicht wenig. andern morgens erzählte er den übrigen knechten, was ihm begegnet sei, und einer fragte, ob er ihr auch nach den füßen gesehn hätte? als er verneinte, sagte dieser ›nun dann wollen wir heunt hingehn und nachsehn.‹ sie setzten sich zu mitternacht auf den darrboden und wachten, und nicht lange so kam die weiße frau langsam geschritten, alle schauten ihr nach den füßen und gewahrten daran gelbe (nach andern grüne) pantoffeln. lachend rief jener knecht, ›die hat ja gelbe pantoffeln an!‹ da floh sie eilends und kam nimmer zum vorschein. Ad. Kuhn no. 199.
Am bache des Bütower schloßbergs ackerte ein bauer und oftmals erblickte er eine jungfrau, die daraus mit goldnem eimer wasser schöpfte und sich wusch. er faßte sich endlich ein herz sie zu fragen und vernahm, daß sie eine königstochter und mit dem schloß des bergs in die erde versunken sei; erlösen könne sie nur, wer ohne anzuhalten und sich umzusehn sie auf den wendischen kirchhof zu Bülow tragen und dort mit voller gewalt zu boden werfen werde. Der ackersmann unterwindet sich der that und ist schon glücklich auf dem kirchhof, doch bevor er sie von seinen schultern abgeworfen, greift ihm etwas hinten in den schopf, da erschrickt er dermaßen, daß er sich umsieht und seine last fallen läßt. Jammernd fährt die jungfrau in die lüfte auf, ›nun müsse sie härter dulden und könne erst nach hundert jahren von einem standhafteren erlöst werden;‹ seitdem ist sie noch nicht wieder erschienen. Tettau und Temme no. 267.
Der Pillberg ist ein verwünschtes schloß gewesen. in den schlechten stunden von eilf bis zwölf mittags pflegte sich auf ihm eine frau zu zeigen und im sonnenschein ihr haar zu schlichten. sie bat die hirten sie anzufassen. kein leid solle ihnen geschehn, doch wer sie anfasse möge sie festhalten und kein wort sprechen. Ein dreißigjähriger junge, der noch zum viehhüten gebraucht wurde, nahm einmal all sein herz zusammen und faßte die hand der burgfrau; während er hielt, kam ihm allerlei blendwerk vor, bald wars als wenn ihn hunde beißen, bald als wenn pferde überlaufen wollten, dennoch hielt er fest. aber in der angst drängte sich der seufzer ›herr gott, herr Jesus!‹ aus seiner brust. gleich war die frau von seiner hand los, weinte und klagte, daß sie nun auf ewig verloren sei und verschwand. Reusch sagen des Samlandes no. 8.
Auf dem berg bei Kleinteich soll ein schloß gestanden haben, das schon lange versunken ist. die vorfahren haben noch mit eignen augen gesehn, wie alle tage mittags zwischen eilf und zwölf eine königstochter herauftrat und sich die goldgelben haare in einen goldnen trog kämmte. das. no. 12.
Der Hünenberg bei Eckritten war früher ein heiliger berg, auf dem die Preußen ihren göttern opferten; jetzt zeigt sich dort eine frau. ein bauer, der viel von ihr gehört hatte, ritt. auf den berg, um sie zu sehn. er sah sie auch wirklich, wie sie sich die haare kämmte, machte aber sogleich kehrt und ließ sich nur durch ihre bitten bewegen noch einmal umzuwenden. sie redete ihn freundlich an und gab ihm, was sie sich aus den haaren gekämmt hatte. ängstlich dankte der bauer, steckte das geschenk in die tasche und ritt ab; als er ihr aus den augen war, warf ers fort. er hätte es lieber behalten sollen, denn zu hause fand er noch einige goldkörner; welche in den ecken der taschen zurück geblieben waren. das. no. 13.
Mit solchen sagen könnte ich bogen füllen, bei aller einstimmung sind sie in nebenzügen verschieden, und das bezeichnende sollte ausgehoben werden [Fußnote]. übrigens kommen sie nicht bloß in alemannischen, fränkischen, hessischen, thüringischen gegenden, wo bisher die meisten gesammelt wurden, sondern ich glaube allgemein in Deutschland vor, namentlich in Westfalen, Niedersachsen, den Marken und weiter gegen osten, ohne zweifel auch in der Schweiz, in Baiern und Östreich. Schm. 1, 33 gedenkt der Loferer jungfrau aus dem Salzburgischen und bemerkt, daß die sage weit ins Baierland verbreitet sei. Nicht weniger weiß in Friesland, Drenthe und den Niederlanden das volk von den witten wijven oder juffers in hügeln und hölen (J. W. Wolf no. 212), obgleich sie daselbst mit elbischen gestalten vermengt werden. Thieles danske folkesagn 4, 33 führen die weiße frau, den hvide qvinde aus Flensburg an, die eines schatzes hütend auf erlösung harrt; 4, 96 eine goldspinnende frau in schwarzem kleid bei Veilefjord in Nordjütland. andrer art scheint vorhin s. 798 die hvita qvinnan in Schweden.
Einigemal wird die erzählung reicher und märchenhaft. so bei Bechstein 4, 221 no. 39 von den leuten, die ihr fünfjähriges kind im wald niedergesetzt hatten, während sie holz lasen, es hernach nicht finden konnten und lange suchten, bis es mit blumen und beeren gelaufen kam, die ihm die weiße jungfer in ihrem garten gegeben hatte. da machten sich die eltern auf und giengen auch zu dem garten, der schon in voller blüte stand, da doch noch kalte jahrszeit war; die weiße jungfer winkte ihnen, aber sie fürchteten sich. das kind wünschte sich alle tage zu ihr, weinte und härmte sich, erkrankte und starb, es war den himmlischen, den elben verfallen (vgl. kinderlegenden no. 3). Einem, der in ödem waldhause herbergt, wird um mitternacht schuhgeschlürfe vernehmbar, die weiße frau kommt vor sein bett getreten, klagt ihm ihr leid und begehrt erlösung, wie Condwîrâmûrs von Parzivâl. Mones anz. 6, 396–398) [Fußnote].
Den ursprung dieser weißen frau braucht man nicht von celtischen matronen und feen (s. 340. 345) herzuholen, die ihnen sehr nah verwandt sind; unser eignes alterthum leitet auf noch nähere wesen. elbinnen und schwanfrauen erscheinen in weißem, leuchtendem gewande, unter den göttinnen dürfen besonders drei genannt werden, aus denen sich die weiße frau und zuletzt die nonne niederschlagen konnte, Holda, die sich gerade so in der mittagssonne kämmt und badet, Berhta, die schon im namen weiße, die spinnt und webt, Ostara (s. 241. 650), der das volk maiblumen opferte (s. 48). Holda und Berhta schenken unscheinbare sachen, die sich in gold wandeln, gern führen die weißen frauen goldne ringe und stäbe (Mone 7, 476), haufen geldes liegen auf ihrem schoß (Mone 8, 185), sie begaben mit schachteln voll goldsand (5, 414). wie Berhta als weiße ahnfrau erscheint, wenn ein todesfall bevorsteht (s. 232), gilt dasselbe von den weißen jungfern (Bechst. 4, 158); auf Berhtas ungestalten fuß (s. 232) gehn auch der geißfuß und die langen nägel der weißen jungfrau (Mone 7, 476) oder der grüne, gelbe pantoffel (s. 806), denn warum sollten diese sonst so auffallen? die halbweiße halbschwarze frau gemahnt an Hel (s. 259), wenn man sie nicht aus einer nonnentracht deuten will (Mone 3, 259). sogar daß statt der weißen frau ein weißer mann (Mone 6, 69) auftritt, ist wie Berhtolt neben Berhta. allegorische frauen, wie sie cap. XXIX darstellt, haben in der art und weise ihres erscheinens offenbar vieles mit den weißen frauen gemein.
Die durchgreifende idee der verwünschung und ersehnten lösung scheint nun eben dahin zu fassen, daß die heidnische gottheit zwar noch schön, reich, mächtig und wohlthätig, aber als unselig und verworfen dargestellt wird, und aus dem über sie gesprochnen bann nur unter den schwersten bedingungen gelöst werden mag. die volkssage läßt noch mitgefühl bei dem jammer der weißen frau blicken, wenn die begonnene erlösung immer unterbrochen und auf weitere unabsehbare zeit hinausgeschoben ist.
Dafür gilt besonders ein eigenthümlicher, sicher althergebrachter ausdruck: der welchem dereinst gelingen soll die that zu vollbringen, und den hort zu heben, der ihm zum lohn verheißen wird, muß als kind in der wiege geschaukelt werden, die aus dem holz des baums gezimmert war, der jetzt erst als schwaches reis aus der mauer eines thurms sprießt: verdorrt das bäumchen oder wird es abgehauen, so verschiebt sich die hofnung des erlösens bis es von neuem ausschlägt und wieder wächst (DS. no. 107. 223). das steigern noch hinzugefügte bedingungen: den kirschkern, aus welchem der sproß schießen wird, hat ein vöglein in die mauerritze zu tragen (Bechst. Franken 191); bei den steinen muß ein doppelter tannenbaum aus einer wurzel sprießen, und wann er hundert jahre alt wird, zwei ledige leute ihn am Wunibaldstage umhauen, den stärksten stamm soll ein schlitten auf Dagobertstag hinab ins thal schleifen und aus des stamms brettern die wiege des erlösers gemacht werden (Mones anz. 3, 91); jetzt ist der nußbaum erst fingerhoch, aus dessen brettern die wiege gefertigt wird, in welcher der einstige befreier liegen muß (Mones anz. 7, 365). zuweilen heißt es bloß, das bäumchen sei noch ungepflanzt, das holz noch ungehauen (Mone 6, 397. 7, 476. 8, 63). bei Ad. Kuhn no. 94 lautet die formel so: eine linde solle gepflanzt werden, die werde oben zwei plantschen (äste) treiben, aus deren holz eine poie (boie) zu machen sei: welches kind in ihr zuerst liegen werde, das sei bestimmt mit dem schwert vom leben zum tode gebracht zu werden, und dann trete erlösung ein. In allen diesen sagen knüpft sich der eintrit des künftigen ereignisses an einen keimenden baum, gerade wie der weltkampf durch den schößling der esche (s. 802) oder den in laub ausschlagenden dürren baum (s. 799. 800) bedingt war.
Eine andre erschwerung des erlösens ist, daß die jungfrau in grausenhafter gestalt, als schlange, drache, kröte, frosch dreimal geküst werden muß (DS. no. 13. Mones anz. 3, 89. 7, 476). schon im gedicht von Lanzelot kommt dies küssen an den mund des drachen vor, der sich hernach in ein schönes weib verwandelt (7881. 7907. 7990).
Einigemal geht die erscheinung der weißen frau, wie sie sich sonnt, strählt und badet, über in den begrif einer wasserholde und nixe (s. 400), einer nord. hafsfru (Afzelius 2, 150), und auch diese geister sind der erlösung bedürftig (s. 408). zwölf weiße seejungfern stellen sich zum tanze der menschen ein (Mones anz. 5, 93). hierher die romanische sage von Melusina. Solche meerfrauen pflogen aber die halbe oder ganze gestalt eines fisches, einer schlange anzunehmen; einzelnen weißen frauen wird fischschwanz, schlangenschwanz, beigelegt: in den goldnen berg war eine königstochter als schlange verwünscht, die nur jede dritte nacht menschengestalt erhielt (KM. no. 92); im Oselberg bei Dinkelsbühl haust eine schlange mit frauenhaupt und schlüsselbund am hals (DS. no. 221 [Fußnote]).
Mit dem begrif der bergentrückung ist meistens auch der eines verwünschten heblichen schatzes verbunden. da wo der alte held oder gott in der berghöle sitzt, wie im hügel und grab des helden, liegt ein unendlicher hort geborgen; die weiße frau, die schlangenfrau, oder schlange und drache allein hüten seiner.
Das goth. huzd, ahd. hort, ags. heord, altn. hodd scheinen mir buchstäblich das lat. cust in custos, custodia, dieses von curo (für cuso) abgeleitet, so daß sich auch unser hûs (das hegende, schützende) und das lat. curia (haus und hof) derselben wurzel fügen, in huzd liegt also schon der begrif des bewachens, hütens. aus thesaurus, ital. span. tesoro, franz. trésor ergab sich das ahd. treso, dreso. das goth. skatts, ahd. scaz bezeichnet aber numus und ist erst allmälich in die bedeutung von thesaurus, gaza übergegangen, noch im 13 jh. hatte schatz nur den sinn von gold, reichthum (Floro 7749. Troj. 2689. 3171. Ms. 2, 146a) nicht den von niederlegung und bewahrung.
Der allgemein verbreitete glaube, daß im innern der erde schätze ruhen, läßt O. V. 4, 23, als er vom erdbeben bei des heilands auferstehung redet, sagen: ›sih scutita io gilîcho thiu erda kraftlîcho, ioh sî sliumo thar irgab thaz dreso thar in iru lag.‹
Aus der bergung des schatzes in die tiefe folgt, daß wer sich seiner bemächtigen will ihn heben müsse. man glaubt, daß der schatz von selbst rücke, d. h. sich langsam aber fortschreitend der oberfläche zu nähern suche. meistens heißt es, er komme alljährlich einen hahnenschritt weiter aufwärts (DS. no. 212). auch den donnerkeil, Donars kostbaren hammer, nach dem er tief in den erdboden gefahren ist, sahen wir (s. 149. 150) in sieben jahren wieder hinauf treiben. zu bestimmter zeit steht der schatz oben und ist seiner erlösung gewärtig; fehlt dann die geforderte bedingung, so wird er von neuem in die tiefe entrückt. Jene annäherung aber drückt die redensart aus: ›der schatz blühet‹, wie das glück blüht. (s. 722), ›er wird zeitig‹, ›er verblüht‹ (Simpl. 2, 191) muß wieder versinken. das mag sich aufs blühen einer blume über oder neben ihm beziehen. mhd. sagte man, daß der schatz hervorkomme: ›wenne kumt hervür der hort, der mich sô rîche möhte machen?‹ Ms. 1, 163b. gewöhnlich zeitigt er alle sieben, oft nur alle hundert jahre, gern zumal im vollmondschein, auch in den zwölften. es heißt auch ›der schatz sonne sich‹: an freitagen im merz soll er aus dem boden steigen sich zu sonnen (Mones anz. 8, 313), jenes ausbreiten des waizens und der flachsbollen (s. 805) ist dergleichen sonnen, der schatz pflegt sich in kesseln zu heben, und dann seine gegenwart durch eine auf ihm leuchtende flamme anzuzeigen, wie über den hügeln der gespenster flamme weht (s. 763) blaue lohe wird auf ihm erblickt (Reusch no. 46), er hat das aussehn glühender kohlen, eines braukessels voll rothen goldes (Reusch no. 7. 25. 26). brennt flamme über ihm, so sagt man ›der schatz wettert sich.‹ Viele schätze bewegen sich jedoch nie gegen die oberfläche der erde, sondern müssen in der berghöle selbst gewonnen werden.
Zur hebung des schatzes wird erfordert stillschweigen und unschuld. Alle heiligen, göttlichen geschäfte dürfen nicht besprochen werden, z. b. heilawâc ist schweigends zu schöpfen (s. 190. 485), zauberkräftiges kraut schweigends zu brechen; ein beschriener schatz sinkt augenblicklich hinab (abergl. 214). unschuldige kinderhände taugen ihn zu erfassen, wie das loos zu ziehen, arme dorfknaben und hirtenbuben sind es die ihn auffinden (DS. no. 7. 157. 158); wer sich durch laster befleckte kann ihm nimmer nahen (das. 13).
Wer den schatz erblickt soll geschwind etwas darauf werfen, um besitz von ihm zu nehmen und alle gefahr abzuwehren. gerathen wird brot, oder ein auf bloßem leib getragnes kleidungsstück oder einen kreuzdreier hastig über den schatz zu werfen (abergl. 218. 224. 612). man lese s. 501 von dem feuer nach.
Der hort wird aber angezeigt und gehütet. angezeigt durch die erscheinung jener versunknen helden und weißen frauen, angezeigt und bewacht durch hunde, schlangen, drachen. auch jene waberlohe (s. 500) oder die blühende blume kündet ihn und die wimmelnden käfer (s. 578) sind sein zeichen [Fußnote].
Um in den berg zu gelangen, worin er geborgen ist, bedarf es gemeiniglich einer wegbahnenden thürsprengenden pflanze oder wurzel.
In den volkssagen wird ganz einfach eine schöne wunderblume genannt, die der beglückte zufällig findet und an seinen hut steckt: nun steht ihm auf einmal ein und ausgang zu dem schatze des berges offen. hat er inwendig in der höle seine taschen gefüllt und vom anblick der kostbarkeiten erstaunt den hut abgelegt, so erschallt hinter dem weggehenden die warnende stimme [Fußnote]: ›vergiß das beste nicht!‹ aber es ist zu spät, und nun schlägt ihm bei seinem ausgang hart an der ferse die eiserne thür zu, alles ist im nu verschwunden und der pfad nimmermehr zu finden. Diese formel kehrt in den sagen vom Odenberg, von den Weserbergen und vom Harz und in vielen andern jedesmal regelmäßig wieder (DS. no. 9. 303. 314. Bechstein 1, 146. 3,16. 4, 210. 211. Dieffenbachs Wetterau s. 284. 285. 190); sie ist gewis uralt [Fußnote]. gewöhnlich wird die blume blau angegeben, nach der göttern und geistern eigensten farbe, doch finde ich auch purpurblume und weiße blume genannt; zuweilen heißt sie schlüsselblume, weil sie das gewölbe schließt und als symbol der schlüsseltragenden weißen frau, der das schlüsselbund als ahnmutter und schließerin des hauses ziemt, die aber zugleich den schatz zu öfnen macht hat. auch glücksblume heißt sie (Bechstein 3, 212), am häufigsten wunderblume. wenn drei wunderblumen genannt sind (Bechst. 1, 146. 4, 209), scheinen drei an einem stengel gemeint. Das gewaltsame plötzliche zufahren der thür gemahnt auffallend an das eddischc ›hrynja honom þâ â hæl þeygi hlunnblick hallar‹ Sæm. 226a; ›þegar laukst hurđin â hæla hönum‹ Sn. 2; ›eigi fellr honum þâ hurđ â hæla‹ fornald. sög. 1, 204: zweimal von dem zuprallen der höllenthür (s. 261). einem hirtenknaben wurde sein schuhabsatz noch mit weggerissen (DS. 157), wie sonst dem wegeilenden die ferse abgeschlagen (KM. 3, 75). als der schäfer den ruf überhörte, brach das gewölbe zusammen, die thür schlug hinter ihm zu, daß es krachte, erfaßte ihn noch an der ferse des einen fußes und zerschlug sie, daß er lange siechte und das geholte geld auf die heilung des fußes verwenden muste (Bechst. 4, 211); wie er hinausstürzt, schlägts die thür hinter ihm zu, daß ihm die fersen weggeschlagen sind (Harrys 2, 14). ich gebe etwas auf das vorkommen solcher formeln, und möchte sie in mhd. gedichten aufspüren. ›die berge sint nû nâch mir zuo‹ Ms. 2, 145b scheint schon in einer redensart des 13 jh. das verscherztsein eines früher offen gestandnen glücks auszudrücken [Fußnote].
Anstalt der wunderblume oder schlüsselblume nennen andere sagen die springwurzel, ein kraut das man sich auf folgende weise verschaffen kann: das nest eines grünspechts oder schwarzspechts, wann er junge hat, wird mit hölzernem keil zugespündet; der vogel, sobald ers gewahrt, entfliegt und weiß eine wunderbare wurzel zu finden, die menschen vergeblich suchen würden. er bringt sie im schnabel getragen und hält sie vor den keil, der alsbald, wie vom stärksten schlage getrieben, heraus springt. hat man sich nun versteckt und erhebt bei des spechts annäherung großen lärm, so erschrickt er und läßt die wurzel fallen. einige breiten auch ein weißes oder rothes tuch unter das nest, so wirft er sie darauf, nachdem er sie gebraucht hat. Eine ältere stelle theilt Mones anz. 8, 614 aus Conrad von Megenberg mit: ›ain vogel haist ze latin merops und haist ze tütsch bömheckel und nist in den holen bömen, und wenn man im sinü kint verslecht mit ainem zwickel, so bringt er ain krut und hält das für den zwickel, so vert der zwickel her dan. daz krut haist herba meropis, daz spricht bömheckelkrut und haist in der zöberbuch chora, und wer nit guet, daz man es gemainklich erkant, wan es gänt sloss gegen im uff, damit smidet nieman, wan der gevangen lyt uf den lip.‹ Der specht galt für einen heiligen göttlichen vogel (s. 561). schon Plinius 10, 18 berichtet den mythus: adactos cavernis eorum a pastore cuneos, admota quadam ab his herba, elabi creditur vulgo. Trebius auctor est, clavum cuneumve adactum quanta libeat vi arbori, in qua nidum habeat, statim exsilire cum crepitu arboris, cum insederit clavo aut cuneo [Fußnote]. Daß dem specht besonders die zauberkräfte der kräuter bekannt sind ergibt sich aus andern sagen: er hütet sie und fährt dem menschen, der sie ausreißen will, in die augen. so sagt Plinius 25, 4, 10 von der paconia: praecipiunt cruere noctu, quoniam si picus martius videat tuendo in oculos impetum faciat; und 27, 10, 60: tradunt noctu effodiendas, quoniam pico martio impetum in oculos faciente, interdiu periculosum sit. Jene sprengende wurzel soll euphorbia lathyris sein, von den Italienern sferracavallo genannt, weil ihre wirkung gegen die metalle so stark ist, daß auf sie tretende pferde das hufeisen im stich lassen müssen [Fußnote].
Es gibt aber, außer solchen thürsprengenden pflanzen, noch ein anderes uraltes mittel, gold und schätze in der tiefe der erde aufzuspüren und zu erwerben: die wünschelruthe. Warum übertrüge schon eine ahd. glosse caduceus durch wunsciligerta (gramm. 2, 540. Graff 4, 257), hätte sie nicht den begrif der zauberkräftigen ruthe Mercurs mit jenem ausdruck am nächsten zu erreichen geglaubt? an sich führte das lat. wort weder auf wunsch noch wünschen (N. Cap. 16. 37 verdeutscht flugegerta, virga volatilis). die vorstellung einer zauberruthe unter eigenthümlich deutschem namen war also sehr frühe begründet, und dieser name hängt wieder zusammen mit dem mehrbesprochenen sinn des wortes wunsch, das wie sælde sowol den inbegrif von glück und heil, als persönliche wesen Wunsch und Sælde bezeichnet. der diminutivform halben nehme ich in dem compositum wunsciligerta nicht die persönliche bedeutung, sondern die sächliche an: es ist die gerte, durch deren besitz man alles irdischen heils theilhaft wird. die gabe dieses heils geht von dem allwaltenden Wuotan aus (s. 347).
Auch die dichter des 13 jh. bedienen sich des ausdrucks. Conrad in der schmiede 664 (614), Maria mit dem stabe Moses vergleichend: ›dû bist diu wünschelgerte, dar mit ûz einem steine wazzer wart geslagen‹; 1306 (1261) ›dû sælden (? Sælden) wünschelgerte‹; Troj. 19888 von Helena: ›schœne als ein wünschelgerte kam sie geslichen ûfreht‹, wie dänische volkslieder in gleichem sinn liljevaand (lilienstengel) verwenden; Troj. 2215 ›alles heiles ein wünschelrîs‹; Gotfried in einem minnelied 2, 9; ›der gnâde ein wünschelruote‹; Nithart im rosenkr. 3: ›gespalten nâch der wünschelruoten stam‹; in Albr. Titur. mehrmals wünschelgerte und wünschelruote (4146), wünschelsâme des varmen (4221) weil varm, nhd. farn (filix) ein heilkraut ist. Die wichtigste stelle findet sich aber Nib. 1064 (wenn schon in einer eingeschalteten strophe) gerade bei beschreibung des Nibelungehorts:
der wunsch lac dar under, von golde ein rüetelîn,
der daz het erkunnet, der möhte meister sîn
wol in al der werlte über islîchen man.
unter gold und gesteine des horts lag eine ruthe, deren wunderkraft (wunsch) alles heil, alle wonne enthielt, wer ihren werth kennt (ich setze nach rüetelîn bloß ein comma und beziehe ›daz‹ darauf), dem ist gewalt über alle menschen verliehen; die wünschelruthe brachte nicht nur schätze zuwege, sie stärkte und mehrte fortwährend deren gehalt.
Hier heißt die wünschelruthe golden. Gewöhnlich brach man sie aus einer haselstaude; nach Vintler ist sie ›das jährige zweig (sumerlate) eines wilden haselbaumes‹. es wird dazu bei rechtem mondschein ein ast mit einer zwisele, zwispel (furca) geschnitten und dreifach zusammengewunden [Fußnote]. andere fordern eine weiße hasel oder kreuzdornruthe, die gabel oder twiele hat, in einem jahr gewachsen und woran kein flecken altes holz ist, sie muß so stehn, daß ost und westsonne durch die twiele scheint, sonst ist sie nicht gut. wer sie brechen will, geht an einem neuensonntage morgens zwischen 3 und 4 uhr stillschweigend zu der ruthe, kehrt sein angesicht gegen morgen, neigt sich dreimal vor der ruthe und spricht: ›gott segne dich edles reis und sommerzweig!‹ (darauf folgen sieben, in den mekl. jb. 5, 110–117 mitgetheilte beschwörungen.) Jene vergleichung Conrads läßt eine einfache, schlanke gerte vermuten. Man unterschied, wenigstens später, mehrere arten: feuerruthe, brandruthe, springruthe, schlagruthe, beberuthe. nicht zu allen wurde die hasel verwendet, einige aus messingdrat, vielleicht auch gold verfertigt. In Niederdeutschland sagt man wickerode, von wicken, zaubern, weissagen. Es gilt, die ruthe richtig in der hand zu halten (beide enden fassend, so daß der stiel in den sie zusammen laufen, sich aufwärts kehre), dann schlägt sie an, ihr stiel dreht sich nach den gegenständen, die sie anzeigen soll, bleibt aber, wenn diese nicht vorhanden sind, ruhig. Nach andern wird mit jeder hand eine zinke der beiden gabeln fest emporgehalten, dreht sich dennoch die eine zinke mit unwiderstehlicher gewalt nach dem boden, so ist ein erzfeld vorhanden. dabei wurden auch formeln gesprochen: ›ruthe, ruthe ich frage dich, wo der beste schatz mag liegen?‹ Man glaubte mittelst der wünschelruthe verborgne schätze, erzadern, wasserquellen (darum heißt sie in der Schweiz brunnenschmecker, Tobler 80a), ja mörder und diebe zu entdecken [Fußnote].
In Anshelms Bern. chron. 2, 8 finde ich den ausdruck glücksstäblin, wie vorhin glücksblume. der franz. name ist baguette divinatoire: nach den mém. de l'acad. celtique 4, 267 ›de coudrier, fourchue d'un côté‹.
Sollte das altn. gambanteinn Sæm. 77b 85b einen ähnlichen begrif enthalten? teinn ist ramus, virga (goth. táins, ahd. zein, ags. tân, alts. tên) [Fußnote], gamban widersteht allen seitherigen deutungen. in der letztgedachten stelle wird gambanteinn im wald geholt:
til holtz ec gêcc oc til hrâs viđar
gambantein at geta. gambantein ec gat.
Sæm. 60b handelt es sich auch von einem gambansumbl umgeta, was recht gut wünschelmahlzeit der götter bedeuten könnte. ich würde die variante gamansumbl nehmen, und gaman wonne auslegen, wie wunsc zu wunna gehören mag. indessen steht Beov. 21 ags. gomban gyldan, verschieden von gomen (gaudium). auch ›tams vendi ec þic drep‹ Sæm. 84b verdient erwägung, tams vöndr (virga domitoria) ist sicher ein stab von zauberhafter wirkung.
Ausführliche sage von einem wünschelstab, den der h. Columban einem armen mann schenkte, dieser aber auf anstiften seiner frau zerschlug, findet sich in Adamanni Scoti vita s. Columbae cap. 24 (Canisii lect. antiq. tom. 5).
Am bedeutsamsten für den ursprünglichen sinn der wünschelruthe wird das κηρύκειον des Hermes (der caduceus des Mercur): gerte um welche sich schlangen winden. die schlangen scheinen aber erst aus den zweigen der olive gebildet, so daß die ältere ράβδος (Odyss. 24, 2) wahrscheinlich die zwiselform der wünschelgerte halte. der hymn. in Merc. 527 nennt sie όλβου καὶ πλούτου ράβδον, χρυσείην, τριπέτηλον, golden (wie im Nib. lied), dreiblätterig, glück und reichthum schaffend. Da nun Mercur zugleich den geflügelten petasus trägt, wie Wuotan durch das pilei umbraculum kennbar ist, darin aber wiederum die idee des wünschelhuts (s. 725) waltet, die heil und segenbringende wünschelruthe auf den persönlichen Wunsch, folglich Wuotan bezogen werden muß; so scheint mir in dem zutreffen aller dieser ähnlichkeiten unabweisbare bestätigung der uralten, unerborgten identität zwischen Wuotan und Mercur zu beruhen. Rudolf im Barl. 274, 25 konnte gar wol ›des Wunsches bluome‹ meinen, da die vielen beispiele aus Gerhart (s. 116) zeigen, wie geläufig ihm die personification war. auch Tit. 5161 sagt: gezwîet vil der wünschelrîse und 5169 wünschelbern de? [Fußnote].
Das mythische verhältnis bergentrückter schätze wie bergentrückter helden und götter hat uns auf Wuotan, den höchsten schöpfer und geber aller dinge geleitet, der alle verborgnen schätze weiß (Yngl. saga cap. 7).
Außer den blumen, kräutern und ruthen sind noch andre dinge zur hebung des schatzes behilflich. So soll ein schwarzer bock, auf dem kein helles härchen ist, gesucht und an der stelle, wo das geld vergraben liegt, gleichsam dem geiste, der seiner hütet, zum opfer angebunden werden (Mones anz. 6, 305). andere fordern ein schwarzes huhn, an dem auch nicht ein einziges weißes federchen sei, sonst breche der teufel dem hebenden seinen hals (Bechstein 4, 207). Über verwünschtes geld ist der fluch ausgesprochen: nur der solle es finden, der es mit zwei schwarzen hähnen auspflüge; einer schnitzte sich dazu einen kleinen pflug und vollführte die hebung (Reusch Samland s. 29). [Fußnote]
Auf dem horte liegen aber hütende hunde, schlangen und drachen (DS. no. 13. 159. Schm. 2, 209).
Annales corbej. ad a. 1048 (Paullini p. 386): ›ajunt in Brunsberg magnum thesaurum absconditum esse, quem niger canis custodit cum oculis igneis‹ und im carmen de Brunsbergo (Paullini p. 599):
horrendus canis est tenebrosum vinctus ad antrum
thesauri custos, qui latet imus ibi,
igneus est visus, color atque nigerrimus illi,
os patulum et cunctis halitus usque gravis.
unter dem birnbaum sah man glühende kohlen und nachts einen schwarzen pudel liegen (Mones anz. 7, 227). Auf einer kiste des gewölbes lag eine kröte, auf der andern ein weißer hund; als die bauersfrau mit einer von der weißen frau dazu empfangnen gerte umherschlug, wurde der hund kohlschwarz, worüber die frau erschrocken das schweigen brach und die erlösung vereitelte (Mones anz. 5, 320).
Kein thier steht näher zu gold und schätzen als die schlange, die sich auf dem goldhaufen niederringelt (s. 573), glimmer abschüttelt (s. 575), goldkronen trägt (s. 571). wir sahen die weiße frau selbst in halber oder ganzer schlangengestalt erscheinen. An dem wasser vor der goldhöle hütet eine große, zischende schlange, wer ihr keck auf den kopf tritt, dem dehnt sie sich zu einer brücke über das wasser, die er kühn beschreiten und dann so viel er will golderde holen kann (Bechstein 4, 174). fanigold scheint gold, das in sümpfen bei den schlangen und drachen lag (s. 440).
Unser frühstes alterthum hat berühmte sagen von schlangen und drachen auf dem gold (s. 573. 574). nicht zu übersehn, daß auch kostbarem goldgeschmeide zu schmuck und waffen gern die gestalt der schlange gegeben wurde. Im sonnenschein glänzte ein haufen gold und rings herum streckte sich ein schwarzer wurm, doch so daß er nicht ausreichte und zwischen kopf und schwanz eine spanne frei ließ: an dieser stelle trat der knecht, der des hortes ansichtig geworden war, ein und sammelte gold. schon hatte er taschen und das ausgezogne oberhemd voll gesackt, als es ihm einfiel eine begleiterin herbei zu rufen, die den rest des schatzes aufladen sollte, aber seine stimme verhallte in dem furchtbaren brausen, das sich plötzlich erhob: ›schütt aus das geld, schütt aus das geld!‹ rief es, daß der erschrockne alles geld hinwarf und zu fliehen begann, augenblicklich senkte sich der wurm mit dem schatze in den berg und schloß sich die erde wieder zu, der sturm war vorüber und die sonne schien lieblich, nur wenige geldstücke lagen da, die beim hinwerfen außerhalb des schlangenrings gefallen waren (Reusch Samland no. 3).
Der große hort, auf welchem Fâfnir lag, war durch gold gebildet worden, das die götter zu Otters hüllung und füllung hergeben musten, Loki aber vorher dem zwerg Andvari abgenommen hatte. Sigurđr, der ihn nach des drachen tod in seine gewalt nahm, schleppte ihn glücklich auf Granis rücken fort, und davon hieß das gold ›byrđr Grana‹ (Granonis sarcina, wäre ahd. Kranin purdi) Sn. 139. merkwürdig sagt in einem schwed. volkslied (Arvidsson 2, 193) die jungfrau ihres bräutigams harrend:
vore det den ungersven som jag skulle ha,
så förde han det guldet på gångarens bak!
Nach dem gedicht vom hürnen Sîfrit [Fußnote] erwirbt der held den schatz zwar auch durch erlegung des drachen auf Drachenstein, und lädt ihn auf sein ros (166, 4), doch wird die abkunft des goldes anders erzählt. es ist der Nibelinges hort, und Nibling ein zwergkönig hinterläßt ihn dreien söhnen (13, 4. 14, 3. 134, 3. 168, 2), deren zwei, ohne wissen ihres bruders Eugel [Fußnote], als ihr berg (bei einem erdbeben?) sich zu bewegen begann und einsturz drohte, flüchteten und in eine höle unter dem drachenstein, wo ihn hernach Siegfried fand, bargen (133, 4. 134, 3. 135, 1). ein drache, der immer nach fünf jahren und einem tag zu ostern auf einen tag [Fußnote] menschliche gestalt annimmt, hatte den schatz und eine schöne königstochter in gewahr, eine weiße frau, die Siegfried zusamt dem schatz erlöste.
Einiges bleibt in dieser vorstellung unklar, noch wird es durch das epos von den Nibelungen selbst erhellt. Siegfried erlangt den hort Niblunges nicht als er den lintrachen tödtete, sondern als ihn Schilbunc und Niblunc baten den schatz zu theilen, was sie selbst nicht vermochten und er auch nicht. (94, 5.) der hort wird ›ûz eime holn berge‹ getragen, es scheint daß er zwergen angehörte und Schilbunc und Niblunc elbischer art waren. Nach beiden liedern stammt also der hort von zwergen, wie in der edda von Andvari dem zwerge, als elbische wesen sind sie schon an und für sich samler und hüter unterirdischer schätze, da sie im gebirge hausen (s. 371. 374) und sie triegen (s. 384. 763) gleich gespenstern. an den wünschelhut gemahnen die hehl und nebelkappen der zwerge (s. 383); das zwerggeschlecht hegt und hütet schätze, gleich den drachen [Fußnote], wie frau Holda im wütenden heer zieht und im berg eingeschlossen sitzt, hängt sie auch mit den elben zusammen (s. 374). zu hölen der zwerge wird der eingang gefunden wie in die verzauberten berge, entführte menschen bringen eine zeitlang in gesellschaft der elbischen geister zu (s. 463) wie in frau Venus berg (s. 780).
Daß Nibelung und Schilbung die väterliche hinterlassenschaft getheilt haben wollten, wird auch Bit. 80a versichert, daß sie den schatz nicht theilen konnten, ist ein höchst mythischer zug (s. 378), den ich im verfolg, wann ich von den wünscheldingen handle, näher beleuchten werde.
Wie der bund mit göttinnen, weisen oder weißen frauen den helden in gefahr ausschlägt, gereicht ihnen auch des hortes erwerb zum unheil. wer den schatz gehoben hat, muß bald sterben (Mones anz. 7, 51. 53). Weil Andvari den ihm von Loki abgedrungnen ring verflucht hatte, brachte derselbe ring auch Hreiđmar und seinen söhnen, die ausdrücklich darauf bestanden, und Sigurđ und Brynhild verderben, deren verlöbnis durch ihn geschah (Sn. 140).
Das gold heißt altn. orms beđr oder Fâfnis bœli, des wurms bett, des drachen lager, der gleichsam darauf brütet. Bûi wird zum wurm und liegt auf seinen goldkisten. fornm. sög. 11, 158. draco thesauri custos. Saxo gramm. 101. ›incubas gazae ut magnus draco custos scythici luci.‹ Martial. 12, 53. der geizhals und drache werden ihres gutes nicht froh.
Auch Morgenländern und Griechen waren schatzhütende drachen bekannt. der hundertköpfige, nimmerschlafende bewachte des hesperischen hains (scythici luci) goldäpfel. Photius Bekk. 150, 6, 16. Den alten war daneben die vorstellung geläufig von greifen, die des goldes warten. grîfen golt Parz. 71, 17 ff.
An der stelle, wo schätze glühen, soll auch zuweilen ein kalb liegen (Reusch no. 47), ich denke nicht als hüter, sondern gegenstand des schatzes. denn schatzgräber geben vor nach dem goldnen kalb und nach der goldnen glucke mit ihren zwölf küchlein zu graben [Fußnote], worunter deutlich etwas mythisches verstanden wird [Fußnote]
si fuerint castae, redeunt in colla parentum,
clamantque agricolae: fertilis annus erit. Propert V. 8, 3.
die drachen sonnen ihr gold bei schönem wetter. Runa 1844, 44, wie die weißen jungfrauen. Gute sagen vom fahrenden drachen bei Müllenhoff s. 206. vgl. den drachen von Lambton. Haupts zeitschr. 5, 487. er wird auch der drakel Lyra s. 137 und der waizendrache Firmenich 2, 309 genannt. der eigenname Otwurm bei Karajan weiset auf ôt, ead zurück vgl. ôtpero. Heimo findet auf den crainischen alpen einen drachen, den er tödtet und dem er die zunge ausschneidet, dabei einen reichen hort: locum argento septum possedit, in quo aurea mala habuit. Mone 7, 585 aus Fabers evagatorium. Wh. Grimm HS. s. 385. 386 nimmt den ring Andvaranaut als den wesentlichsten theil des hortes an, in dem die golderzeugende kraft und das verhängnis beruhe, in der deutschen sage sei die wünschelruthe an dessen stelle getreten. solche zeugende kraft wird aber dem Andvaranaut nirgend beigelegt. Sigurd gab ihn das erstemal der Brunhild (fornald. sög. 1, 178) und zog ihn heimlich wieder ab (das. 187). nach dem deutschen epos läßt Sigfried den erworbnen hort in der zwerge gewalt, trägt ihn also nicht fort, aber er schenkt ihn Chriemhilt zur morgengabe, und als solche müssen ihn die zwerge aushändigen (Nib. 1057–1064). in Günthers land nehmen ihr ihn aber die Burgunder weg und Hagen senkt ihn in den Rhein. Nib. 1077, 3 vgl. 2305, 3. 2308, 3. Hagen birgt ihn bloß zu Lochheim, um ihn später wieder hervorholen zu können. vgl. 1080. auch nach Sæm. 230: Gunnar ok Högni tôko þâ gullit allt Fâfnis arf. über das mit dem goldhort verknüpfte verhängniss der altn. und wol auch ahd. sage vgl. Haupts zeitschr. 3, 217. das finn. mammelainen mater serpentis, divitiarum subterranearum custos (Renvall) erinnert an das altn. môdir Atla = serpens. Sæm. 243b. auch goldne gänse und enten sitzen unter der erde auf goldeiern. Sommer sagen s. 63. 64.
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Beachtenswerth ist was Renner 5100 steht, daß alle begrabnen, d. h. ungehobnen, unerlösten schätze dereinst dem antichrist werden sollen, dessen erscheinen wir schon vielfach in die vorstellungen von dem wütenden heer und bergentrückten helden eingreifen sahen.
Manigfach fließen die sagen in einander über, was von dem treiben der elbe und zwerge in bergklüften wird von rumpelgeistern in öden häusern erzählt (s. 425). im verwünschten schloß harrt eine jungfrau mit ihren schätzen auf erlösung (KM. no. 4), ein anderes ist von teufeln besessen (KM. no. 81). Dabei kehrt auch der zug wieder, daß der unselige geist sein haupt unterm arme trägt (KM. 3, 15), wie der anführer des wütenden heers, und daß er sich von dem fremdling, der den bann lösen soll, den bart scheren läßt (KM. 3, 9. Mones anz. 7, 365. Baader bad. sagen no. 275) vgl. das bekannte märchen bei Musaeus und Simplic. 1713. 1, 617, der auch die sage vom wüsten schloß und bartscheren kennt [Fußnote]. die alte fabel von dem wasserbären (s. 396) setzt schrate in das verlassene haus und Beovulf befreit die nachts von Grendel heimgesuchte königshalle. Ein solches haus, in dem es nicht richtig ist, scheint mhd. wunderburc zu heißen: ›ich sunge ouch wie der (trache ?) lît, der manigen in der wunderburc verslurrden hât dur sînen gît.‹ Ms. 2, 177a.
Der entrückung in berge, dem verwünschen in die erde ist auch das versinken in die gewässer ähnlich und erfolgt aus gleichen ursachen. was dort die elbe, empfangen hier die nixen und seegeister. Holla wohnt nicht nur in dem holen berg, auch im brunnen und weiher.
Wir werden also heldengeistern und schätzen ihren aufenthalt im wasser wie im berg angewiesen sehn. könig Carl sitzt im brunnen zu Nürnberg, mit dem bart in den tisch gewachsen (DS. no. 22) [Fußnote]. Der Nibelunge hort liegt im Rhein versenkt: ›Rîn skal râđa rôgmâlmi, î veltanda vatni lŷsaz valbaugar.‹ Sæm. 248a. nach dem Siegfrieds lied 167, 4 schüttet ihn der held selbst in den strom, auf daß nicht, wie ihm Eugel geweissagt hatte, die recken darüber verloren gehn sollten; das epos läßt aber erst Hagen, nach Siegfrieds mord, den hort zerstören, 1077, 3:
er sancte in dâ ze Lôche allen in den Rîn,
das geschah heimlich und vor Chriemhilde verborgen, die ihn noch zuletzt in seinen händen wähnte, bis er antwortete 2308, 3:
den schatz weiz nu nieman wan got unde mîn.
Ohne zweifel versetzten andere sagen ihn auch in berge: einer in Nerike lebenden zufolge soll er dort im Kilsberg und der schlüssel zur berghöle unter einem rosenstrauch verwahrt liegen [Fußnote]. Ms. 2, 169b: der Imelunge hort lît in dem Burlenberge in (den Rheinbewohnern) bî; wofür MsH. 2, 241a ›der Nibelunge hort‹ und ›in dem Lurlenberge‹. Imelunge kann für Nibelunge stehn wie Imelôt für Nibelôt (oben s. 319), den Lurlenberg will ich gelten lassen, falls so gelesen wird, bei Burlenberc dachte ich mir den Burglenberg, Bürglenberg, ahd. Burgilûnberc, am Rhein unweit Breisach (Dumbeck p. 339), wo Harlunge, vielleicht Amelunge mit ihrem schatz hausten (heldens. s. 186–188). einer der Venusberge im Breisgau und Eckart kann sich auch darauf beziehen. das Harlunge golt (Dietr. 7835) greift aber in amelungische und gothische sagen ein, Amelunge hort wäre möglich wie der berühmte Ermenrîches hort, von dem so viel berichtet wird. Und Etzel, den geldgierigen, läßt Vilk. saga cap. 381 zwar zu Siegfrieds gold, das ein berg verschließt, gelangen, aber bedeutsam darauf verhungern, so daß auch sein verderben der Niflûnga skattr nach sich zieht, wogegen dänische lieder wollen, daß Gremild im berge eingeschlossen bei Nöglings (d. i. Nibelungs) schatz verschmachtet (heldens. s. 306). So manigfache bezüge leiden es, selbst dem weit älteren aurum tolosanum, welches die Tectosagen in den see von Tolosa senkten [Fußnote], einwirkung auf altgothische sage zu gestatten.
Der erzählungen von untergegangenen, versunknen burgen ist eine menge. bei ruhiger flut schaut man noch ragende spitzen der thürme und vernimmt ihre glocken läuten. kaum hausen da entrückte menschen, in den wogen ist alles leben verstummt. Dreierlei sagenhaftes will ich hervorheben. Das nahende verhängnis pflegt durch redende thiere angesagt zu werden; die gewalt des frevels, dessen ahndung auf dem fuße folgt, hat ihnen sprache verliehen oder ein zauber dem menschen verständnis ihrer stimme geöfnet. Von einer silberweißen schlange genießt der diener ein stück, und plötzlich versteht er, wie hühner, enten, gänse, tauben und sperlinge auf dem hof den bevorstehenden untergang der burg besprechen (DS. no. 131). dies wird von Isangs schloß bei Seeburg, ähnliches von Tilsburg bei Dahlum (s. 774) erzählt, und gewis noch in andern gegenden. Dann kommt vor, daß ein frommer kranker mann seinen sohn ausschickt nach dem wetter zu schauen, und erst der helle himmel, darauf ein kleines wölkchen am saum des bergs, allmälich eine wolke wie ein hut, wie eine wanne, wie ein scheuerthor verkündigt wird, und nun sich der alte mann schnell auf eine höhe tragen läßt, weil gottes gericht jetzt über das Suggenthal, Sunkenthal hereinbreche (Mones anz. 8, 535 vgl. mit Schreibers tb. 1840 s. 271). das schildert vortreflich, wie unversehens und schnell die gefahr des untergangs steigt. Dieselbe sage gewährt aber noch einen dritten bedeutsamen zug. Als das wasser alle häuser Suggenthals zerrissen und überflutet hatte, blieb von allen einwohnern nur jener alte mann, sein sohn und ein kleines kind am leben erhalten. dies kind, ein knäblein, schwamm in seiner wiege mitten in der flut und bei ihm befand sich eine katze. so oft die wiege auf eine seite sich neigte sprang die katze auf die entgegengesetzte und brachte sie so wieder ins gleichgewicht, darüber gelangte die wiege glücklich bis unterhalb Buchholz, wo sie im dold oder wipfel einer hohen eiche hängen blieb. als das wasser verlaufen war und der baum wieder zugänglich wurde, holte man sie herab und fand kind und katze lebend und unverletzt. da aber niemand wuste, wer des knäblein eltern gewesen waren, benannte man es nach dem wipfel des baumes Dold und dieser name wird von seinen abkömmlingen noch heute geführt. (Mones anz. 6, 69 und vollständiger 8, 535). Die sage stimmt vollkommen zu der s. 481 angeführten welschen, in welcher bei aller sonstigen verschiedenheit gerade so die wesentliche rettung des kinds in der wiege erzählt ist, was mir den sinn, den ich auch dem altn. lûđr s. 464 beilegte noch stärker zu bestätigen scheint. schön ist die gesellschaft der beigegebnen katze, die nebst hahn und hund dem einfachen alterthum zeugnis ablegen muste (RA. 588). Aus dem namen des fündlings Dold (nhd. Toldo, d. i. wipfelgeborner) verstehe ich nun, was es im volksmund heißt, auf dem eichbaum oder nußbaum geboren sein (s. 475); wie genau die mythen von sinflut und schöpfung sich zusammen fügen ist unzweifelhaft [Fußnote].