von der göttin, und ihren benennungen, ist bereits geredet: Nerthus (s. 208), Erda (s. 207), Faírguni (143. 212). Erce (210), Hludana (s. 212), und andere, in welchen sich die begriffe der alten von Terra, Gäa, Ops, Rhea, Cybele, Ceres wiederholen. s. 253 wurde die indische Prithivî der Freyja verglichen, und zwischen Freyr und Niörđr, (Nerthus) besteht das engste band. Aber auch das bloße element für sich, die molte (pulvis) s. 207, wurde heilig gehalten: sie ist die χθὼν πολυβότειρα, aus der nährenden schoß steigen früchte und bäume hervor, in ihn werden die leichen begraben, in staub und asche kehren die verwesten, verbrannten zurück[Fußnote]. sterben hieß ›zur erde fallen‹, ›til iarđar, til moldar hnîga‹, ›die erde küssen‹, noch schöner altn. î môđurætt falla (Nialss. cap. 45) in maternum genus cadere, in den schoß der mutter, der terra mater, zurückfallen[Fußnote]. man sagte auch iarđar megin kiosa (vim telluris eligere, i. e. invocare) Sæm. 27b, und wie nach griech. ansicht, die fallenden riesen, sobald sie den grund berührten, neue kraft empfiengen, heißt es in der edda aukinn iarđar megni (auctus vi telluris) 118b. 119a[Fußnote]. die erde küste auch wer lange aus der heimat gewesen war beim wiederbetreten derselben, in altfranz. gedichten ist baiser la terre ein zeichen der demut. Berte p. 35. 43. 58. Renart 14835. gleich der reinen flut, die den missethäter ausstößt, trägt ihn auch die erde nicht: ›uns solt diu erde nicht tragen‹. Troj. 491. der erde (wie dem feuer und ofen s. 523) sagte, vertraute man ein geheimnis[Fußnote]
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Zumal hat die mit gras bewachsene erde, der rasen heilige kraft, solches gras hieß im sanskrit khusa, besonders aber durva, und das ags. turf, altn. torf, ahd. zurba entspricht: heilige erde und durvahalme. Sakuntala (Hirzel p. 51. 127). ich habe auch das berühmte chrene crud der lex salica durch reines kraut erklärt und chrenechruda (dat.) jactare aus dem röm. puram herbam tollere gedeutet, wie Hel. 73, 7 hrêncurni, in einer ahd. glosse 535 reincurnes frumenti, mhd. daz reine gras Iw. 6446 gesagt ist, und Wh. 24, 28 gras und der melm verbunden werden; der inhalt des gesetzes gibt, daß erde, staub aus den vier winkeln aufgenommen und über den nächsten verwandten mit der hand geworfen werden muste. es war ein heidnischer feierlicher rechtsbrauch, den die christlichen capitularien vertilgten. gegen jene wortauslegung hat jedoch nunmehr Leo eine celtische (cruinneach collectus, criadh terra) geltend gemacht[Fußnote], und das gewicht seiner gründe darf ich nicht verkennen, obgleich für einen im text selbst aufgenommenen ausdruck die deutsche etymologie offenbar größeren anspruch hat, als bei den glossen. die mythische verwendung dieser erde besteht, wie man auch die worte fasse.
In der altn. rechtssprache bietet sich uns eine andere nicht minder wichtige benennung dar, das rasenstück heißt iarđmen, iarđar men; men aber ist eigentlich monile, ahd. mani, meni, ags. mene, wie wir es oben bei Brîsînga men, dem halsband der Freyja kennen lernten. iarđar men muß aber früher Iarđar men gewesen sein, halsband der Erda, und der grüne rasen wird sehr dichterisch für den schmuck der göttin angesehen. das feierliche ›gânga undir Iarđar men‹ (RA. 118. 119) empfängt hierdurch seinen wahren sinn. Eidesablage erfolgte auch bei andern völkern, z. b. Ungern (RA. 120) und Slaven (Böhmes beitr. 5, 141), indem sich der schwörende erde oder rasen aufs haupt legte[Fußnote].
Die sitte, daß besiegte, zum zeichen ihrer unterwerfung, erde und wasser darreichten, erstreckt sich in hohes alterthum: wenn die Perser krieg ansagten, so ließen sie durch einen herold beide elemente von den völkern, deren land sie überziehen wollten, fordern[Fußnote], was wieder an die römische pura gemahnt. Noch unsere landsknechte des 16 jh. warfen, in die schlacht gehend, eine erdscholle, gleich dem chrenechruda werfenden, zum zeichen aller lossagung von dem leben[Fußnote]
. Auch den Griechen war ergreifung der scholle zeichen von landbesitznahme und zumal bei auswanderungen. Euphamos sitzt auf der Argo vordertheil, Triton in menschlicher gestalt erscheinend reicht ihm eine erdscholle dar als gastgeschenk. Euphamos nimmt die zeichenhafte erde (βώλακα δαιμονίαν), und gibt sie seinen leuten aufzuheben, diese aber lassen 536 sie ins meer fallen, wo sie aufgelöst wird. wäre sie bewahrt und im Tainaros niedergelegt worden, so würden des Euphamos nachkommen das ihm bestimmte land (Cyrene) im vierten grad erworben haben. jetzt erwarben sie es erst im siebzehnten[Fußnote][Fußnote].
In einer mitgetheilten ags. formel werden vier stücke rasen ausgeschnitten, mit öl, honig, hefe, der milch von allem vieh beträuft und von jeglichem baum, der auf dem land gewachsen ist, harte bäume ausgenommen[Fußnote], von jedem kraut, das darauf gewachsen ist, klette ausgenommen, dazu gethan, und dann erst wird der segen darüber gesprochen. Unter samen mengt man erde von drei erbäckern (abergl. 477); auf den eingesenkten sarg werden drei erdschollen geworfen (das. 699); mit dem ausgeschnittnen rasen, auf welchen fußstapfen stehen, kann zauber geübt werden (524. 556)[Fußnote].
Heilige berge und hügel gab es in menge; doch scheint dabei kein elementarischer cultus zu walten: man verehrte sie wegen der gottheit, die darauf ihren sitz hatte, vgl. Wuotans und Donners berge. Wenn bei Agathias, ohne solchen bezug, λόφοι und φάραγγες (hügel und schluchten) als gegenstände des cultus genannt werden (s. 82); so kann die beobachtung unvollständig, und ein wasser oder feuercultus an den berg geknüpft gewesen sein. Unter den Gothen, welchen faírguni berg bedeutet (s. 143), dürfte man am ersten reine bergverehrung suchen, wenn der vorgetragene zusammenhang dieses ausdrucks mit dem götternamen seine richtigkeit hat. Dietmar von Merseburg (Pertz 5, 855) gibt ein beispiel von slavischem bergcultus: posita autem est haec (civitas, nemlich Nemzi, Nimptsch) in pago silensi, vocabulo hoc a quodam monte, nimis excelso et grandi, olim sibi indito: et hic ob qualitatem suam et quantitatem, cum execranda gentilitas ibi veneraretur, ab incolis omnibus nimis honorabatur. es soll nach den auslegern der schlesische Zobtenberg sein[Fußnote].
Hin und wieder standen einzelne steine und felsen, oder mehrere nebeneinander, zuweilen kreisförmig geordnete in verehrung (anh. ›vota ad lapides‹, besonders aber ›lapides in ruinosis et silvestribus locis venerari‹, ags. stânveorđung, bringan tô stâne. Thorpe p. 380. 396). Dieser steindienst zeichnet eigenthümlich den celtischen glauben aus[Fußnote], weniger den deutschen, doch begegnet auch bei uns das abergläubische schlüpfen durch hole steine, wie durch hole bäume (cap. XXXVI). hölungen, die nicht von menschenhand künstlich gemacht waren, galten für heilig. solche holystones und holedstones hängt man in England im stall den pferden zu häupten, ein schutz gegen krankheit, auch an betthimmel oder 537 an das hausthor wider behexung. einige sollen durch den stich einer natter gehölt sein (adderstones). in Deutschland waren heilige steine entweder mahlsteine der gerichte oder opfersteine: eide wurden abgelegt ›at ursvölum unnar steini‹, ›at enom hvîta helga steini‹. Sæm. 165a. 237b. heilög fiöll Sæm. 189b: Helgafell Landn. 2, 12. vgl. besonders Eyrbygg. saga cap. 4. vier heilige steine werden zur reinigung der entweihten flut hinabgesenkt (oben s. 71). eine menge von steinen, die der riese oder teufel geworfen hat, denen der eindruck seiner hand, seines fußstapfens geblieben ist, werden in der volkssage ausgezeichnet, doch ohne daß ihnen eine heilige bedeutung dadurch verliehen wäre[Fußnote].
Wie riesen und menschen versteinert werden (s. 457) und dann gleichsam ein nachgefühl ihres vorigen zustandes behaupten, wird felsen und steinen noch mitleid und theilnahme an menschlichen zuständen beigelegt. Snorri 68 bemerkt, man sehe die steine ausschlagen, wenn sie aus frost in wärme kommen, so erkläre sich, wie felsen und steine um Baldr geweint hätten. noch heute sagen wir allgemein von herbem leid: ›das sollte einen stein am weg erbarmen, ein steinern herz rühren‹[Fußnote]. bemerkt sei die mhd. redensart: ›einen stein mit riemen twingcn, daz man im an der âder lâze bluot‹ MsH. 2, 235b, wol hergenommen von den adern, die durch einige steine laufen[Fußnote].
Am schluß dieses cap. stelle ich die höheren götter zusammen, die zunächst in den vier elementen walten. wasser, brunnen, regen, meer stehn unter Wuotan (Nichus), Donar, Uogi, Holda; feuer blitz unter Donar, Loki; luft, wind unter Wuotan, Frô; erde unter Nerthus und vielen andern, s. 534 genannten.