„Du läßt deinen Königinnen ja eine niedliche[S. 222] Behandlung zuteil werden, alter Schlingel,“ sagte eine große Puppe, die in der Kammer nebenan lag.
„Ew. Gnaden dürfen nicht böse werden,“ sagte die alte Ameise. „Die hochseligen Königinnen wären doch eines Tages gestorben, und der Hügel ist so voll Jugend, daß wir keinen Rat wissen. Bevor der Monat um ist, sind Ew. Gnaden hoffentlich selbst Königin; und dann werde ich nicht verfehlen, Ihnen allen nur möglichen Respekt zu erweisen.“
„Ich will nicht Königin hier im Hügel sein,“ sagte die Puppe. „Ich will in die Welt hinaus und mir selber einen Hügel gründen, in dem ich eine bessere Justiz üben werde.“
„Das können Ew. Gnaden machen, wie Sie wollen. Hier sind Prinzessinnen genug. Wenn wir nur zwanzig behalten, so sind wir ganz zufrieden. Aber jetzt bitte ich, mich zu entschuldigen. Ich muß zu den Herren hinunter. Die schreien, als säße ihnen das Messer an der Kehle.“
Und auf ihren alten Beinen lief sie nach den Kammern, wo die Männchen lagen, die nach Nahrung schrien.
„Haltet den Mund, ihr Wichte!“ gebot die Alte. „Freut euch, daß ihr überhaupt etwas bekommt, obwohl ihr nur so geringen Nutzen stiftet! Ich schäme mich, daß so viele Kammern mit euch Taugenichtsen gefüllt sind.“
Und dann lief sie weiter. Eine Ameise hielt[S. 223] sie auf und zeigte auf ein paar große weiße Würmer, die an einem verfaulten Holzstücke nagten.
„Darf ich die den Prinzessinnen vorwerfen?“ fragte die Ameise.
„Was faselst du da?“ rief die Alte. „Das sind ja die Jungen unseres Freundes, des Rosenkäfers. Sie bringen dem Hügel Glück; und wer sie anrührt, hat seinen Hals verwirkt.“
Gegen Abend saß die Alte auf ihrem gewöhnlichen Platze auf der Spitze des Hügels und blickte über die Gegend hin.
„Nun kommt bald die Blattläusezeit,“ sagte sie vor sich hin.
Dann drehte sie sich um und rief in den Hügel hinein: