Es war im April.
Der Stachelbeerstrauch war schon lange grün, aber das ist ja nun einmal so ein Prahlhans. Von den andern Sträuchern hatte noch keiner Blätter und auch von den Bäumen nicht. Aber sie hatten dicke Knospen, und ihre Stämme und Zweige glänzten vor Nässe; denn der Regen hatte soeben ein großes Frühjahrsreinemachen veranstaltet.
Jetzt schien die Sonne recht lustig. Ringsum erhoben die Anemonen ihre feinen Köpfchen aus der Erde, und der Star war schon lange da; mit jedem Tage wurden neue Zugvögel erwartet.
Am Rande des Waldes, da, wo die großen Tannen standen, lag ein gewaltiger Ameisenhügel.
Der war aus vielen Tausend Tannennadeln erbaut, und seine Spitze reichte bis an den untersten Zweig des Baumes. Aber er war feucht wie die Stämme und Zweige; und es sah aus, als wäre er ganz ausgestorben. Nicht eine einzige Ameise kroch darauf herum.
Auf dem Zweige über dem Hügel saß der Buchfink mit seiner Braut. Seine Brust begann sich schon zu röten, und er übte die Hochzeitstriller ein.
[S. 212]
„Herr Gott, wie hübsch du bist!“ flötete sie und sah ihn verliebt an.
„Ja, jetzt ist es auch das beste, daß wir an die Hochzeit denken,“ sagte er. „Wo sollen wir unser Nest aufhängen?“
„Was schwatzest du da!“ sagte sie. „Meinetwegen können wir das Nest hier aufhängen. Aber es ist gewiß zu früh! Die Ameisen haben ja noch nicht einmal aufgemacht.“
Die beiden schauten auf den Hügel hinab. In diesem Augenblick öffnete sich ein Türchen des Hügels und eine große alte Ameise kam heraus. Sie streckte ihre Beine, gähnte und bewegte ihre Kiefer, um zu sehen, ob sie in Ordnung wären.
„Guten Tag,“ rief der Buchfink ihr zu. „Du brauchst keine Angst zu haben, ich werd’ dich nicht fressen.“
„Ich bin auch gar nicht ängstlich,“ erwiderte die Ameise. „Denn ich bin dir viel zu sauer.“