„Du willst zu hoch hinaus,“ erwiderte die See[S. 98]rose; „und das ist dumm. Der Sperling in der Hand ist mehr wert als die Taube auf dem Dache. Und ich möchte mir doch auch die Frage erlauben, wie du es anfangen willst, eine Libelle zu werden. Du siehst mir nicht danach aus, als wärest du dazu geschaffen. Jedenfalls müßtest du dich denn doch ein bißchen schöner auswachsen; so grau und häßlich, wie du jetzt bist.“
„Ja, das ist gerade das Unglück,“ antwortete die Larve verzagt. „Ich weiß ja selbst nicht, wie es zugehen soll; aber ich habe nun mal die Hoffnung, daß es doch geschieht. Darum krabble ich hier umher und verzehre alle die Tierchen, die mir in den Weg kommen.“
„Aha, du glaubst, mit dem Fressen bringst du es weiter!“ sagte die Seerose lachend. „Das ist wirklich eine famose Methode, es im Leben zu etwas zu bringen.“
„Ja, ich glaube wirklich, daß es die richtige für mich ist!“ rief die Libellenlarve eifrig. „Den lieben langen Tag esse ich, bis ich dick und fett bin, und dann, denke ich, wird eines schönen Tages all mein Fett zu Flügeln mit Gold und all den anderen schönen Dingen, die zu einer richtigen Libelle gehören.“
Die Seerose schüttelte den klugen weißen Kopf.
„Laß doch die törichten Gedanken,“ sagte sie, „und sei zufrieden und glücklich mit dem Lose, das dir beschieden ist! Du kannst dich in Ruhe und[S. 99] Frieden hier unten zwischen meinen Blättern tummeln und kannst an meinem Stengel auf und ab kriechen, soviel du willst. Du hast dein reichliches Auskommen und keine Sorgen — was verlangst du noch mehr?“
„Du bist von niederem Range,“ antwortete die Larve, „und darum hast du keinen Sinn für das Höhere. Ich aber will eine Libelle werden!“