Gackeleia:
"O wie artig, wie scharmant!
Doch ich küsse ihre Hand,
Denn ich bin vom Grafenstand."
Der Alte:
"Guck', hier bei'm dreizehnten Glöckchen
Hänget bei dem braunen Röckchen
Schäferhut mit breitem Rand,
Rosen drauf und grünes Band,
Und dazu auch Schäfertasche,
Schäferstab und Kürbisflasche,
Und dies Lamm an rothem Band
Führt die Hirtin durch das Land."
Gackeleia:
"O wie artig, wie scharmant!
Braucht mein Lamm nicht mehr zu seyn
So allein, allein, allein!"
Der Alte:
"Guck', hier bei'm vierzehnten Glöckchen
Hänget für das flinke Döckchen
Ein garnirtes Kaffeebrett,
Wenn sie schön die Wirthin macht;
O, das kann sie gar zu nett!
Sie nimmt Alles wohl in Acht,
Trägt nicht hoch das feine Näschen,
Stößt nicht um die kleinen Gläschen,
Theilt den Kuchen ein so klug,
Daß er reicht mehr, als genug.
Flinker als ein Wassernixchen
Präsentirt sie, macht ein Knixchen:
"Bitte, bitte!" rings herum.
Und kein Bischen kömmt je um,
Alles, was da übrig blieb,
Giebt den Armen sie aus Lieb',
Oder streut's den Vögelein--
Kann man allerliebster seyn!--
Mit der milden, treuen Hand."
Gackeleia:
"O wie artig! wie scharmant
Invitir ich sie zur Noth
Gleich auf Thee und Butterbrod."
Der Alte:
"Guck', hier bei'm fünfzehnten Glöckchen
Hängt ihr spiegelnd Panzer-Röckchen,
Helm und Speer und Schwert und Schild
Herrlich in der Sonne blitzt,
Wenn sie für Minerva gilt
Und das Eulchen bei ihr sitzt.
Ich verstehe nichts davon,
Doch ein hoher Kunstpatron,
Der mir schuldet, leider, leider!
Zahlte mich durch diese Kleider;
Er ist Extheaterschneider
Von Person und Condition,
Giebt auch Kindern Lektion
In der Mytholologie
Und Demagogokolie.
Er sprach: "Industrierende,
Krieger und Studierende
Rufen dir bei vollem Haus
Ihre Göttin gern heraus."
Wie er sprach, so ist's gescheh'n,
Jeder will Minervchen sehn.
Keiner weiß doch, was im Schild
Führt das kleine Götterbild;
Durch das Gitter aus dem Helm
Lauscht sie wie ein schlauer Schelm.
Hält sie's mit der Wissenschaft,
Gleich um ihres Speeres Schaft
Rosen, Myrthen und Gedanken
Sich in buntem Wechsel ranken.
Tritt sie krieg'risch in die Schranken,
Eifersüchtig gleich ihr Schwert
Jedes Listgeweb zerstört,
Das der Mückchen heiter'm Leben
Gift'ge Spinnen lauernd weben.
Rächend, daß Arachne's Hand
Sie einst webend überwand.
Ich verstehe nichts davon,
Sag' nur her die Lektion
Von dem hohen Kunstpatron,
Der wohl selbst sie nicht verstand."
Gackeleia:
"O wie artig, wie scharmant!
Kann die Spinnen nicht bedauern,
Die so auf die Mückchen lauern."
Der Alte:
"Guck', hier bei dem letzten Glöckchen
Hängt ein lust'ges, rothes Röckchen,
Fallhut, Rassel, rothe Schuh'
Und ein Püppchen auch dazu,
An Figur und Art und Sitten,
Wie ihr aus dem Aug geschnitten.
Wenn sie spielt die Kinderrolle,
Hüpft dies Püppchen hinter drein,
Und sie neckt es: Molle, Molle!
Weil es nicht wie sie so fein.
Kind und Püppchen wetten dann,
Wer von ihnen beiden kann
Süßer: "bitte, bitte" sagen,
Daß Mama nichts ab kann schlagen.
Und dann spielt das Kind Verstecken,
Mit dem Püppchen sich zu necken,
Thut sich mit dem Schurz bedecken,
Ruft: "Wu Wu", es zu erschrecken.
Hierauf streut das noch verhüllte
Kind, den Vöglein die Brosamen,
Womit es die Säckchen füllte,
Und sie rathen seinen Namen:
Klandestinchen? Schirosellchen?
Penseröschen? Hirondellchen?
Kaschettinchen? Allerleja?
Und das Kind spricht: "Eja! Eja!
Gukuk! gukuk--nit da, nit da!"
Läßt sie fressen aus der Hand."
Gackeleia:
"O wie artig, wie scharmant!
Aber ich ruf', um zu necken,
Girri, girri beim Verstecken."