„Potzwetter noch einmal, macht nicht so'n Geschrei,“ brüllte jetzt der Schulze die Kinder an. „Was soll denn die Frau Gräfin von unserm Dorf denken? Jakob, komm mal vor und sag, was los ist, aber geschwind und kurz, sonst sperre ich euch alle zusammen ein!“
Das half. Jakob trat vor und erzählte etwas stotternd und verlegen von Friedes Aufsatz, und was Anton Friedlich und Heine Peterle gesagt hätten, und daß Friede gleich wild geworden sei.
„Es ist nicht wahr!“ Friede löste sich aus Muhme Lenelies' Armen, rot, heiß, mit blitzenden Augen stand er da. Er schämte sich unsagbar, daß er so verklagt wurde, aber Mariandels Ruf und Muhme Lenelies' Nähe hatten ihm seinen ganzen Mut zurückgegeben. Er reckte sich stolz und gerade auf, wie ein kleiner Held schaute er sich um und rief noch einmal laut mit klingender Stimme: „Es ist nicht wahr, was sie sagen, ich habe die Arbeit bestimmt allein gemacht, aber“ – er stockte einen Augenblick, dann fuhr er tapfer fort – „Heine Peterle habe ich geschlagen und Anton Friedlich hingeworfen!“
„Nu guck einer den Buben an,“ brummelte vergnügt der Schulze, „wie ein richtiger kleiner Kampfhahn steht er da.“
„Seine Arbeit hat er allein gemacht,“ erklärte Seite 206Muhme Lenelies laut und ernst, „das muß ich doch wissen. Lügen tut mein Friede überhaupt nicht. Freilich so wild um sich zu hauen, das brauchte er nicht.“
„Ich denke,“ sagte nun die Gräfin, die still zugehört hatte, „ihr vertragt euch miteinander. Wer einen Kameraden unrecht beschuldigt, ihn gar einer Falschheit und Lüge zeiht, verdient zwar mehr Strafe als eine Ohrfeige und einen Puff, aber weil Friede auch gleich zu heftig war, werdet ihr euch wohl gegenseitig verzeihen.“
Das gütige Wort stellte den Frieden wieder her. Die meisten Buben und Mädel schämten sich ohnehin, daß sie gleich Anton Friedlichs bösem Wort geglaubt hatten, besonders Heine Peterle. Er war herzlich froh, daß er mit dem Kameraden wieder gut sein konnte, und schüttelte Friede ganz vergnügt die Hand, so herzlich, als sei eine Ohrfeige mindestens ein Stück Kuchen. Anton Friedlich aber riß aus. Er war ein Trotzkopf und ging mitunter tagelang einsam und verärgert herum, ehe er es fertig brachte, sich mit jemand auszusöhnen. „Er fährt am schlimmsten dabei,“ sagte Muhme Lenelies, als sie mit Friede und Mariandel heimging. „Trotz quält allemal den, der trotzig ist, am meisten. Und nun, Friede, bringe Mariandel heim, und dann komm geschwind zum Essen.“
Seite 207Hand in Hand liefen die Kinder nach dem Waldbauernhof. Friede war ordentlich stolz auf seine tapfere Freundin, und an dem Hoftor sagte er treuherzig: „Ich danke dir!“