„Schäme dich doch, so gierig zu sein!“ schalt die Mutter. „Man muß dich wirklich mal in die Stadt schicken, damit du dich anständig benehmen lernst.“
Heine Peterle wäre gewiß noch röter geworden, wenn das nur gegangen wäre, er fiel mit seiner Nase beinahe auf den Teller, und Heinrich, der ihn beobachtet hatte, dachte bei sich: „Na, da stimmt doch etwas nicht. Von der Bratwurst ist der Bube doch nicht so verlegen geworden.“
Am Nachmittag des nächsten Tages kam die Schulzenfrau sehr aufgeregt zu Heine Peterles Mutter und erzählte ihr, zwei von ihren guten, weißen Bettüchern seien vom Trockenplatz fortgeflogen. Oder sollten sie gar gestohlen worden sein?
Es gab eine große Aufregung im Dorfe. Die Schulzenfrau suchte nach ihren Bettüchern, Heine Peterles Mutter erzählte von den verschwundenen Kürbissen, Seite 35und kein Mensch konnte sich die Sache zusammenreimen.
„Wenn nur nicht eine Dummheit von ein paar Kindern dahinter steckt,“ sagte Muhme Lenelies, als sie die Sache erfuhr. Sie fragte daheim ihren Friede aus, aber der sah sie mit seinen schönen, blauen Augen treuherzig erstaunt an, – nein, der wußte von nichts.
An diesem Nachmittag war Heinrich nach seinem Heimatdorf gegangen und kehrte erst spät am Abend wieder heim. Es war ein dunkler, stürmischer Herbsttag. In dem Dorfe waren schon alle Leute zu Bett gegangen; am besten schlief vielleicht Hans Rumps, der Nachtwächter, in einem Leiterwagen des Schnipfelbauern. Heinrich ging immer, wenn er aus seinem Dorfe heimkehrte, einen ganz schmalen Weg entlang, der zwischen des Schulzen und seines Bauern Garten hindurchführte, er brauchte dann nicht erst die breite Dorfstraße hinab zu gehen. An diesem Herbstabend war es sehr dunkel, der Mond war nicht verpflichtet zu scheinen, und die Sterne hatten keine Lust dazu. Doch Heinrich kannte den Weg gut, und so schritt er fröhlich dahin. Plötzlich sah er in einem ungewissen Lichte etwas Weißes flattern und schweben, und als er näher kam, tauchten aus dem Dunkel der Nacht zwei Paar glühende, funkelnde Augen auf. Da standen Seite 36rechts und links am Wege zwei weiße, hohe Gestalten, deren Gewänder im Winde hin und her wehten; gespensterhaft und unheimlich genug sah es aus.