Seit Wochen hatte es schon nicht mehr geregnet. Unbarmherzig brannte die Sonne vom Himmel herab. Die Waldböden, die Gräser und Büsche waren knochentrocken geworden.
An diesem Tag gingen ein paar Menschen die einsamen Wege entlang, um die frische Luft zu genießen.
»Hey, Benny!«, rief ein Jugendlicher einem anderen der Gruppe zu. »Wolltest du nicht frische Luft schnappen? Mit einer Kippe im Mund wird daraus aber nicht viel.«
Alle lachten laut, während Benny so tat, als wäre er sehr genervt. »Ist ja gut, Tobi. Ich hab es verstanden.« Er schnippte die brennende Zigarette achtlos weg und nahm einen tiefen Atemzug. »Besser so? Los, lasst uns weitergehen.«
Während die Gruppe weiter ging, suchte Tobi den Busch neben sich ab. Erst vor Kurzem hatte er gelesen, dass man mit brennenden Zigaretten einen ganzen Waldbrand auslösen konnte. Er fand sie und trat die Glut aus. Dann schloss er zum Rest seiner Freunde wieder auf.
Im Dickicht am Wegesrand tat sich etwas. Von der achtlos weggeworfenen Kippe hatte sich die noch glühende Asche gelöst und war ein paar Zentimeter weiter in das trockene Gras gefallen. Schnell entzündeten sich die trockenen Halme und entwickelten ein erstes kleines Feuer, dass schnell größer wurde. Minuten später stand der ganze Busch im Flammen, die sofort nach den benachbarten Bäumen griffen. Der Wald hatte Feuer gefangen.
Riesige, dunkle Rauchwolken stiegen zum Himmel hinauf und verdunkelten die Sonne. Ohne Hilfe würde in kürzester Zeit weder Pflanzen noch Tiere am Leben sein.
Von der nahen Stadt waren laute Sirenen zu hören. Dutzende Feuerwehren näherten sich dem Brand. Doch schon jetzt war abzusehen, dass sie Stunden, wenn nicht sogar Tage gegen die Flammen würden kämpfen müssen.
Zur selben Zeit machte sich in einem Erdloch ein kleines Volk bereit, sich gegen das Schlimmste zu schützen oder davor zu flüchten.
»Los, los, los!«, brüllte die kräftig Stimme von Heinz Hummel durch die unterirdischen Gänge. Er trieb seine Artgenossen an, die wichtigsten Dinge zu retten und sich auf eine Evakuierung vorzubereiten. »Die Notrationen kommen in die eine Ecke und die Larven in die Andere. Zuerst wird der Nachwuchs auf die andere Seite des Waldes gebracht, erst dann sichern wir unsere Nahrungsvorräte für den Winter, falls dann noch genug Zeit bleibt.«
Heinz zog sich seine schwere Lederjacke über, zog seinen Schal fester, setzte die Sonnenbrille auf die Nase und strich sich über seinen dicken Schnurrbart. »Jetzt kam es darauf an, dass alles reibungslos funktionierte. Viel Zeit blieb allerdings nichts mehr.
Heinz kletterte zum Ausstieg hinauf und wagte einen vorsichtigen Blick nach draußen. »Bei allen Göttern, die mir heilig sind.« Vor sich sah er das flammende Inferno. »Das schaffen wir nicht alleine. Dafür braucht es einen Superhelden.«
Hinter ihm räusperte sich eine Stimme. »Könnte es sich dabei vielleicht um einen Superhelden handeln, der jede Menge Muckis in Armen und Beinen hat, einem Superhelden, der nicht nur einmal die Welt gerettet hat?«
Heinz Hummel drehte sich um. Hinter ihm stand genau dieser Superheld. »Der Mucki-Frosch! Jetzt wird alles gut.«
Der Frosch schüttelte den Kopf und hustete schwer. »Dieses Feuer übersteigt selbst meine Fähigkeiten. Der Rauch lässt mich kaum atmen. Mir sind buchstäblich die muskulösen Hände gebunden. Ich werde eure Hilfe brauchen.«
Sie setzten sich zusammen, redeten, versuchten Lösungen zu finden und entwickelten eine Idee.
»Das klingt so verrückt, dass es tatsächlich funktionieren könnte.« Heinz klopfte dem Mucki-Frosch auf die Schulter. »Verlieren wir keine Zeit mehr. Retten wir den Wald.«
Sie stürmten in die Abflughalle, in der das Hummelvolk bereits aufbruchbereit wartete. »Legt alles ab! Bringt die Larven in die tiefsten Ebenen. Dort werden sie lange genug durchhalten können. Danach bewaffnet ihr euch mit euren Pollensäcken. Nehmt so viele mit, wie ihr nur tragen könnt. Wir verbünden uns mit allen anderen Insekten des Waldes.«
Wenige Minuten später starteten sie in den verrauchten Himmel. Die Hummeln schwärmten in alle Richtungen aus, informierten die anderen Insekten und lotsten sie zu einem kleinen Weiher. Dort wartete schon der Mucki-Frosch auf sie. Er nahm alle Pollensäcke in Empfang, füllte sie mit seinen kräftigen Armen mit Wasser und reichte sie an die Insekten weiter. »Schwingt euch hinauf in die Lüfte und löscht dieses verdammte Feuer.«
Nachdem der letzte Sack gefüllt war, nahm der Mucki-Frosch Anlauf und sprang mit seinen kräftigen Beinen vom Ufer ab. Er landete mitten im Weiher und erzeugte eine Welle, die auch die letzten Glutnester im nahen Umkreis verschwinden lies.
Kurz darauf trafen die Feuerwehren ein. Die Männer stiegen aus ihren Fahrzeugen und wunderten sich. Der Waldbrand war bereits erfolgreich bekämpft worden.