Es war ein wunderschöner Herbstmorgen. Die Sonne schickte ihre warmen Strahlen über den Horizont und tauchte die Welt in ein goldenes Licht. Zusammen mit den bunten Farben des Laubs in den Wäldern, sah alles ganz besonders traumhaft aus.
In diesen frühen Stunden kam die kleine Spinne qietschvergnügt aus ihrem Bett gekrochen.Schon seit Tagen hatte sie sich auf besseres Wetter gefreut, hatte auf das Aufreißen der dicken Regenwolken gewartet. Jetzt war es endlich so weit.
Sie kam aus ihrem Versteck und sah sich begeistert um. »Endlich kann ich meinen Plan in die Tat umsetzen.«
Die kleine Spinne kletterte den Baum hinauf, an dessen Fuß sie schon so lange lebte. Sie marschierte vorbei an an dicken und an dünnen Ästen, schob sich immer wieder an roten, gelben und braunen Blättern vorbei, bis sie an der Spitze der Krone angekommen war. Dort begann sie, ein feines, in der Sonne glitzerndes Netz zu spinnen.
Während die kleine Spinne arbeitete, kamen unterschiedlichste Tiere an ihr vorbei. Mal war es eine kleine Fliege, mal eine dicke Hummel und auch mehrere Vögel. Selbst andere Spinnen sahen kurz hier oben vorbei. Sie alle schüttelten den Kopf und lachten. »Hier oben willst du etwas einfangen? Das kann nichts werden. Dein Netz hängt viel zu hoch. Insekten fängst du besser in der Baumkrone, nicht darüber.«
Die kleine Spinne lächelte jedes Mal. Sie wusste es einfach besser, denn nur sie wusste, was sie wirklich geplant hatte. Also arbeitete sie fleißig weiter, ärgerte sich nicht, erklärte aber auch niemandem, was sie tat.
Nach kurzer Zeit war das Netz fertig und bewegte sich mit der leichten Windbrise. Von da an saß die kleine Spinne unbewegt neben ihrem Werk und sah fasziniert zu, was geschah. Erst am Abend, als es langsam dunkler wurde, war sie zufrieden, löste das Netz vorsichtig ab und brachte es in ihr Versteck.
Ein paar Tage später änderte sich das Wetter abrupt. Über Nacht wurde es kalt. Winde trieben vom Norden dicke Wolken über den Wald und ließen dicke Schneeflocken schneien, die die Welt unter einer weißen Decke versteckten.
Überall im Wald saßen nun die Tiere in ihren Höhlen und zitterten vor Kälte. Nur der kleinen Spinne ging es immer noch gut.
Sie kam aus ihrem Versteck und rief ihre Freunde herbei. »Kommt zu mir. Ich habe eine Überraschung für euch.« Die Freunde kamen. Hatte die kleine Stimme vielleicht etwas Futter übrig, das sie teilen wollte? Ein paar Spinnen, eine Fliege und die dicke Hummel krochen neugierig in das Versteck der kleinen Spinne. Sogar ein Vogel steckte seinen Schnabel durch den Eingang, damit er etwas sehen konnte.
»Ihr habt mich alle ausgelacht, als ich mein Netz hoch oben am Baum aufgespannt habe, weil ihr nicht wusstet, was ich getan habe. Heute möchte ich es euch zeigen.«
Sie holte einen Beutel hervor und öffnete ihn. Darin lag das Spinnennetz, das auf geheimnisvolle Weise leuchtete und Wärme verbreitete.
»Ich habe einen ganzen Tag lang die Strahlen der Sonne eingefangen und für den Winter aufgehoben. Ich lade euch ein, mich zu besuchen, wann immer ihr möchtet. Ich werde meine Sonnenstrahlen gerne mit euch teilen, damit wir alle gut durch den Winter kommen.«