Paul saß in einem gemütlichen Stuhl im Garten, genoss die warmen Sonnenstrahlen und aß eine Aprikose. Es war nicht die erste an diesem Tag, sollte aber wohl seine Letzte sein. Doch davon ahnte er noch nichts. Während er den Kern mit der einen Hand auf einem Tellerchen ablegte, leckte er die Finger der anderen sauber. Schon wollte er sich die nächste Frucht greifen, da packte ihn jemand am Arm.
»Verdammt! Was soll das?«, hörte er seine wütende Schwester Emily. »Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du die Finger von meinen Aprikosen lassen sollst? Die habe ich von meinem eigenen Geld gekauft.«
»Aber sie lagen halt in der Küche herum und haben so lecker geduftet. Ich habe mir gedacht, dass sie eh niemand mehr essen wird. Bevor sie jemand wegwerfen muss, habe ich mich ihrer erbarmt.«
Emily verdrehte die Augen und murmelte irgendetwas Unverständliches, bevor sie die Schüssel mit den restlichen Früchten an sich nahm und im Haus verschwand.
»Pah!«, rief ihr Paul hinterher. »Dann besorge ich mir eben meine eigenen Aprikosen. Ich werde es dir schon zeigen.«
Er nahm den Kern, den er noch vor einer Minute in der Hand gehalten hatte und brachte ihn zum Mittelpunkt der Wiese. Dort verbuddelte er ihn sorgfältig.
»Ich lasse meinen eigenen Aprikosenbaum wachsen. Dann habe ich viel mehr Obst als du und werde niemals nicht mit dir teilen.« Er holte eine Gießkanne und bewässerte den Kern. Dann wartete er geduldig, auf das Wachstum seines Baumes.
Ein paar Stunden vergingen. Mittlerweile war es Abend geworden, doch der Baum zeigte sich noch immer nicht. Alles war unverändert.
»Was soll das?«, ärgerte sich Paul. Wie lange kann es schon dauern, bis so ein dämlicher Baum wächst? Das kann doch nicht so lange sein.«
Wütend stand er auf, stampfte ein paar mal auf die Wiese und ging ins Haus. Es wurde Zeit für das Abendessen und dann musste er wohl auch ins Bett.
Am nächsten Morgen wurde Paul von den Sonnenstrahlen geweckt. Neugierig machte er sich schnell fertig und ging wieder in den Garten. Vielleicht war sein Aprikosenbaum mittlerweile groß geworden und würde ganz viele Früchte für seinen jungen Gärtner tragen. Doch schon von Weitem war gut zu erkennen, dass es keinen neuen Baum zu finden gab.
»Ich glaube, so funktioniert das irgendwie nicht. Ich muss etwas falsch gemacht haben.«
Paul ging in die Mitte der Wiese und wollte den Kern wieder ausgraben. Doch dann stutzte er. An der Stelle, wo er ihn vergraben hatte, lag eine reife Aprikose.
»Mensch, das ist ja cool. Der Kern hat einfach eine neue Frucht um sich herum wachsen lassen.«
Paul griff zu, aß das süße Fruchtfleisch und legte den sauberen Kern wieder auf den Boden. »Hoffentlich funktioniert das noch einmal. Ich bin schon auf Morgen gespannt.«
Glücklich und zufrieden ging er ins Haus zurück. Dabei fiel ihm nicht auf, dass er von seiner Schwester beobachtet wurde, die sich lächelnd hinter der Gardine des Wohnzimmerfensters versteckt gehalten hatte.
»Ich muss wohl noch ein paar neue Aprikosen kaufen.«, seufzte sie. »Aber was macht man nicht alles für den kleinen Bruder.«