Das kleine Schweinchen Kunibert stand im Stall und langweilte sich.
»Du meine Güte, ist das wieder langweilig heute. Jeden Tag im Stall stehen, futtern, quieken, schlafen gehen. Das hält doch kein Schwein aus.«
Kunibert lief im Kreis und dachte nach, was er tun konnte.
»Verreisen, die Welt erleben und ganz woanders leben. Machen, was ich will. Das wäre ein tolles Leben.«
Doch wie sollte ein kleines Schweinchen das nur anstellen?
In diesem Moment öffnete sich die Stalltür und der Bauer kam herein.
»Na, ihr rosa Ferkelchen, habt ihr schon Hunger? Es gibt jetzt was zu Fressen.«, rief er laut.
Diese Chance wollte sich Kunibert zu nutze machen. Er wartete auf den richtigen Moment. Als der Bauer das Gatter zu seinem Gehege öffnete, lief das Schweinchen los. Seine kleinen Beinchen bewegten sich so schnell, dass der Bauer gar nicht hinterher kam.
Kunibert sprang durch die Tür und verschwand.
Draußen schien die Sonne. Es war warm und überhaupt ein herrlicher Tag.
»Das ist genau der richtige Tag, um ein neues Leben zu beginnen.«
Aber Kunibert hatte keine Idee, was er nun machen sollte. Also lief er eine Weile einen Feldweg entlang und sah sich einfach um.
»Hallo, kleines Schweinchen.«, war plötzlich eine Stimme zu hören.
»Hast du Lust, uns etwas Gesellschaft zu leisten?«
Zwischen unzähligen Getreidehalmen saßen zwei Kaninchen und aßen gerade frisch geerntete Möhren.
Kunibert freute sich, denn so langsam spürte er Hunger in seinem Bauch. Also setzte er sich mit ins Feld und begann an einer Möhre zu knabbern.
Aber das war gar nicht so sein Fall.
»Die schmecken mir nicht.«, sagte er enttäuscht.
»Ich werde mir wohl etwas anderes suchen müssen.«
Er verabschiedete sich von den Kaninchen und lief weiter.
Ein paar Stunden später kam er an einer Höhle an. Dort drin war es dunkel und ein knurriges Geräusch war zu hören.
»Hallo?«, fragte Kunibert vorsichtig.
»Ist da jemand?«
Das Knurren verstummte und ein großer, dunkler Schatten setzte sich in Bewegung. Zum Vorschein kam ein verschlafener Höhlenbär.
»Huch, vor meiner Höhle steht ein rosa Schweinchen. Wie kommt denn das hier hin?«
Der Bär war verwirrt und kratzte sich hinter seinem Ohr.
»Ich bin Kunibert und suche mir ein neues Leben.«
Der Bär lachte.
»Dann bist du ja hier genau an der richtigen Adresse. Ich bin Bruno und mein letzter Mitbewohner hat mich vor ein paar Wochen allein gelassen.«
Gemeinsam setzten sie sich in den Höhleneingang. Bruno reichte seinem neuen Freund einen Topf mit Honig, den Kunibert neugierig beschnüffelte und vorsichtig probierte.
»Ui, das schmeckt aber lecker. Davon kann ich bestimmt nicht genug bekommen. Viel besser, als das Futter des Bauern.«
Die Tage vergingen. Bruno und Kunibert freundeten sich immer mehr an. Doch irgendwann war der Honigvorrat verbraucht.
»Wir müssen uns wohl neuen Honig holen. Das machen wir heute Nacht.«
Bei Einbruch der Dunkelheit gingen sie in den Wald hinein. Auf einer Lichtung stand ein einzelner Baum, an dessen dickstem Ast ein kugelrunder, grauer Klumpen hing.
»Das ist ein Bienennest.«, erklärte Bruno.
»Die kleinen Insekten sammeln den ganzen Tag lang Blütennektar und machen daraus Honig. Und wenn sie mal nicht aufpassen und schlafen, hole ich mir etwas davon. Aber nur so viel ich brauche, damit sie nicht sauer werden.«
In diesem Moment knackte ein Ast und ein dickes, pelziges Tier kam auf die Lichtung.Bruno und Kunibert versteckten sich.
»Was ist denn das?«, fragte das Schweinchen.
»Sieht wie ein verfressener Dachs aus.«, vermutete der Bär.
Und so war es auch. Ohne in Deckung zu gehen, ganz dreist und unversteckt lief der Dachs auf den Baum zu, kletterte an dessen Stamm hinauf und versuchte, das Bienennest zu stehlen.
»Zu Hilfe! Ich brauche Hilfe! Jemand klaut meine Bienen.«, rief eine Stimme.
Bruno und Kunibert sahen sich verwirrt an. War denn da noch jemand? Ohne nachzudenken liefen sie los.
Um das Bienennest flog ein Hirschkäfer herum, der mit seinem kleinen Geweih verzweifelt versuchte, den Dieb zu verjagen.
»Wir müssen was unternehmen.«, sagte Bruno.
Das ließ sich Kunibert nicht noch einmal sagen. Er kletterte den Baum hinauf, am Dachs vorbei auf einen Ast, der etwas höher lag. Dann rief er ein lautes ›Huhu‹ und ließ sich fallen.
›Plumps‹ machte es, als das Schweinchen auf dem Rücken des Dachses landete und diesen dadurch erschreckte.
»Hilfe! Geister!«, brüllte der Dachs panisch. Er ließ sofort vom Bienennest ab, fiel vom Baum und rannte zurück in den Wald.
»Ihr habt meinen Bienen das Leben gerettet.«, sagte der Hirschkäfer.
»Wie kann ich euch das nur danken?«
Da mussten das Schwein und der Bär grinsen.
»Wir wüssten da schon etwas. Wir mögen nämlich deinen Honig so gern.«
Da lachte der Hirschkäfer.
»Also wenn es euch nur um den Honig geht, dann könnt ihr so viel davon haben, wie ihr essen könnt.«
Und so mussten Kunibert und Bruno nie wieder den süßen Honig stehlen und wurden dicke Freunde des Käfers, mit dem sie nun gemeinsam in der Höhle lebten.