Wenn du diese Flaschenpost in Händen hältst und meinen Brief liest, erlebe ich bestimmt mit meinem kleinen Mond ein neues spannendes Abenteuer, von dem ich jetzt noch nichts weiß. Aber dafür möchte ich dir nun berichten, welch unglaubliche Begegnung ich gerade hatte.
Ich hatte es mir auf der Sichel meines kleinen Mondes gemütlich gemacht, während er mit vollen Wangen in das große Segel blies. So reisten wir entspannt durch das weite Sternenmeer. Gemeinsam überlegten wir, welche Richtung wir einschlagen sollten. Doch wie jedes Mal kamen wir zu dem Schluss, dass es überall Welten gibt, die es zu entdecken lohnt. Also ließen wir uns einfach von den Strömungen vorwärts treiben.
Irgendwann wurde ich müde und konnte meine Augen kaum noch offen halten. Mir fielen die Augen zu, mein Kopf sackte zur Seite und ich schlief ein.
Plötzlich klatschte mir etwas ins Gesicht. Ekelerregender Gestank stieg mir in die Nase. Ich wurde augenblicklich wach und hätte mich beinahe übergeben. Schon bekam ich wieder etwas ins Gesicht.
Was ging hier vor? Was passierte da? Ich sah mich um. Erneut wurde ich getroffen. Mein weißes Nachthemd bekam von oben bis unten gelbe Flecken. Mein Mond hörte auf, ins Segel zu blasen und drehte sich um. So versuchte er, mich vor dem Angriff zu schützen.
»Aufhören!« Wer auch immer da draußen sein Unwesen trieb, ich versuchte ihn davon abzubringen. »Ich habe dir nichts getan, ich kenne dich nicht einmal. Du hast kein Recht mich anzugreifen.«
Die stinkenden Geschosse wurden weniger, bis schließlich gar keine mehr auf uns trafen. Stattdessen kam uns nun ein Komet entgegen, der so ganz anders aussah, als die, die mir bisher begegnet waren. Außerdem stank er bis weit hinter die Monde des Uranus.
Als er nur noch wenige Meter entfernt war, staunte ich nicht schlecht. Auf seiner Oberfläche saß ein kleiner Kobold mit grünlich verfärbtem Gesicht. Auch ihm musste vom Gestank schlecht geworden sein.
»Was machst du denn da oben auf dem Stinker? Hast du eine Wette verloren oder wurdest du ausgesetzt?«
Er blickte mich verzweifelt an und verzog die Mundwinkel zu einem gequälten Lächeln. »Der Komet ist meine Heimat und Fortbewegungsmittel. Wir reisen schon seit Ewigkeiten durch die Weiten des Alls. Ich würde ihn niemals verlassen.«
Da verstand ich ihn gut. Sein Komet war für ihn das, was für mich mein kleiner Mond war.
»Aber warum stinkt dein Komet so sehr und warum hast du mich beschossen?«
Die Wangen des grün verfärbten Gesichts bekamen eine leichte Schamesröte. »Das tut mir wirklich sehr leid. Ich habe nicht gesehen, dass sich mir jemand nähert. Ich versuche nur dieses Stinkezeug loszuwerden.«
Um mir zu zeigen, wovon er sprach, kratzte er eine gelbe Masse von der Kometenoberfläche ab und warf sie fort. »Ich bin vor ein paar Tagen durch die Milchstraße geflogen. Das hätte mich nicht weiter gestört. Ich trinke gern ein Glas Milch zum Frühstück und weiche darin mein Müsli auf. Leider kamen wir dann an einer Sonne vorbei. Die hat die Milch aufgewärmt und nun sitze ich auf einem Berg Stinkekäse, den ich kaum mehr loswerde.«
Wenn es nicht so traurig gewesen wäre und der Gestank nicht so bestialisch, wäre diese Sache sogar lustig gewesen. Nur ein ganz klein wenig lustig. Aber meine Nase beschwerte sich schon wieder. Deshalb beschloss ich, dem Kobold zu helfen. Ich kletterte zu ihm und half, den Kometen vom Käse zu befreien. Mein kleiner Mond pustete unaufhörlich in unsere Richtung, um wenigstens den schlimmsten Gestank zu vertreiben und die Käsebrocken im All zu vertreiben. Es dauerte Stunden, bis wir fertig waren und erschöpft nebeneinander sitzenblieben.
»Du warst mir eine wirklich sehr große Hilfe. Ich weiß gar nicht, wie ich mich bei dir bedanken soll.« Der Kobold zeigte mir seine leeren Hosentaschen.
»Ein einfaches Dankeschön reicht mir schon. Außerdem weiß ich jetzt, dass ich einen großen Bogen um die Milchstraße machen muss, wenn ich zukünftig nicht mit einem Käsemond durch das Sternenmeer reisen möchte.«
Er drückte mich zum Abschied. Dann kletterte ich zurück auf meinen kleinen Mond und bat ihn, eine kleine Wasserwelt aufzusuchen, um ihn, mein Nachthemd und mich selbst waschen zu können.
Liebe Oma Sonne. Ich hoffe, dass dich meine Flaschenpost schon bald erreicht hat. Sobald ich wieder sauber bin und wie ein kleines Blümchen auf einer Wiese dufte, werde ich dir von neuen Abenteuern im unendlichen Sternenmeer berichten.