Und als es Mittag geworden, da klang eine helle Glocke, und der Diener rief: "Herr, willst du allein essen oder in der großen Gesellschaft?" Und Johann antwortete: "In der großen Gesellschaft." Und der Diener führte ihn hinaus. Johann sah aber nichts als einzelne von Edelsteinen erleuchtete Hallen und einzelne kleine Männer und Frauen, die ihm aus Felsritzen und Steinklüften herauszuschlüpfen schienen, und verwunderte sich, woher die Glocke klänge, und sprach zu dem Diener: "Aber wo ist denn die Gesellschaft?" Und als er noch fragte, so öffnete sich die Halle, worin sie gingen, zu einer großen Weite und ward ein unendlicher Saal, über welchen eine weite, gewölbte und mit Edelsteinen und Diamanten geschmückte Decke gezogen war. Und in demselben Augenblick sah er auch ein unendliches Gewimmel von zierlich gekleideten kleinen Männern und Frauen durch viele geöffnete Türen hineinströmen, und tat sich der Boden an vielen Stellen auf, und die niedlichsten, mit den köstlichsten Gefäßen und schmackhaftesten Speisen und Früchten und Weinen besetzten Tische stellten sich aneinander hin, und die Stühle und Polster reiheten sich von selbst um die Tische, und die Männer und Frauen nahmen Platz. Und die Vornehmsten des kleinen Völkchens kamen und verneigten sich vor Johann und führten ihn mit sich an ihren Tisch und setzten ihn zwischen ihre schönsten Jungfrauen, daß er seine Lust hatte, mit den lieblichen Kindern zu sein, und es ihm da über die Maßen wohlgefiel. Es war auch eine sehr fröhliche Tafel, denn die Unterirdischen sind ein sehr lebendiges und lustiges Völkchen und können nicht lange still sein. Dazu klang die allerlieblichste Musik aus den Lüften, und die buntesten Vögel flogen umher und sangen in gar anmutigen Tönen, die einem die Seele aus der Brust holen konnten. Es waren aber keine lebendige Vögel, die da sangen, sondern künstliche Vögel und künstliche Töne und von den kleinen Männern so sinnreich gemacht, daß sie fliegen und singen konnten. Und Johann erstaunte und entsetzte sich sehr über alle die Wunder, die er sah, und freuete sich gewaltig. Die Diener und Dienerinnen aber, welche bei Tische aufwarteten und Blumen streueten und die Flur mit Rosenöl und andern Düften besprengten und die goldenen Schalen und Becher herumtrugen und die silbernen und kristallenen Körbe mit Früchten, waren Kinder der Menschen da droben, welche aus Neugier oder von ungefähr unter die Kleinen geraten und hier hinabgestiegen waren, ohne sich vorher eines Pfandes zu bemeistern, und die also in die Gewalt der Kleinen gekommen waren, oder die sich nächtlich und mitternächtlich unter ihre Sternenspiele auf dem gläsernen Berge verirrt hatten. Diese waren anders gekleidet als sie. Die Knaben und die Mädchen waren in schneeweiße Röckchen und Jäckchen gekleidet und trugen feine gläserne Schuh, daß man ihren Tritt immer hören konnte, und blaue Mützchen auf dem Kopfe; ihre Leibchen aber hatten sie mit silbernen Gürteln umgürtet. Das war die Tracht der Diener und Dienerinnen. Den kleinen Johann jammerten sie anfangs wohl, als er sie sah, wie sie springen und den Unterirdischen aufwarten mußten; aber weil sie munter aussahen und fein gekleidet waren und rosenrote Wangen hatten, so dachte er: "Nun, es geht ihnen doch so schlimm nicht, und ich habe es noch lange so gut nicht gehabt, als ich hinter den Kühen und Ochsen laufen mußte. Ich bin nun freilich ein Herr hier, und sie müssen als Diener laufen. Das kann aber nicht anders sein: warum haben sie sich auch so dumm fangen lassen und sich vorher kein Zeichen genommen? Es muß doch die Zeit kommen, wo sie einmal erlöst werden, und länger als fünfzig Jahre werden sie hier gewiß nicht bleiben." Damit tröstete er sich und spielte und scherzte mit seinen kleinen Gesellinnen und aß und trank in Freuden und ließ sich von seinem Diener und von den andern allerlei unterirdische Geschichten erzählen; denn er wollte alles genau wissen.