Es war einmal ein Bauer, der konnte nicht schreiben. Du meinst, das gäbe es nicht? In die Schule war er wohl gegangen, da haust du recht, aber schreiben konnte er doch nicht. Er konnte zwar lesen und ein paar Buchstaben malen, aber weiter war er nicht gekommen.
Er wäre aber für sein Leben gerne recht gescheit gewesen. Als sein Knecht einmal pflügte, lag er am Waldrand, guckte in den Himmel und dachte so hin und her. Es gab doch Bücher, für alles gab es Bücher. Es musste doch auch eines geben, aus dem man klug werden konnte. So eines, wenn er hätte, dann wäre ihm geholfen. Ja, das war das Rechte.
„Frau!“ sagte er am nächsten Morgen: „Ich muss in die Stadt. Am Abend bin ich wieder da.“ – „In die Stadt, was willst du in der Stadt?“ fragte die Frau. „Was sein muss, muss sein.“ Brummte er. „Du wirst schon sehen.“
In der Stadt ging er schnurstracks zu einem Buchhändler. „Ein Buch möchte ich haben!“ – „Was für ein Buch?“ – „So ein Buch, wo alles drin steht.“ – „Ja, wie denn, von Krankheiten, oder von der Vergangenheit, oder über die Landwirtschaft?“ – „Nein alles, einfach alles!“ – „Ah so.“ meinte der Buchhändler. „Na, dann wird das das Rechte sein.“ Und gab ihm ein Buch, nicht sehr groß und nicht sehr klein. „Ratgeber für Alles“ stand darauf.
Der Bauer brauchte lange, bis er es zusammenbuchstabiert hatte, aber dann war er zufrieden, zahlte, nahm es und ging.
Als die Frau sah, was er aus der Stadt mitgebracht hatte, lachte sie ihn tüchtig aus. „Du wirst schon sehen, du wirst schon sehen.“ Sagte er und legte seinen Schatz ganz unten in die Truhe.
Am nächsten Tag eggte der Knecht und der Bauer lag wieder am Waldrand und dachte. Da hatte er nun das Buch und alles stand darin. Aber es fehlte noch etwas. So ein gedrucktes Buch, das konnte jeder haben. Die alten Bücher, die wertvollen, die Zauberbücher, die waren geschrieben. Und eine Brille musste auch da sein. Dann war es erst das Rechte. Ein Brille war leicht zu haben, die konnte man kaufen. Aber schreiben? Das war schwer. Doch was tut man nicht alles, um gescheit zu sein?
Eine Brille war leicht zu haben, die konnte man kaufen. Aber schreiben? Das war schwer. Doch was tut man nicht alles, um gescheit zu sein?
Er ging am nächsten Tag zum Schulmeister, um schreiben zu lernen. Leicht war es nicht und es dauerte lange, bis seine groben Finger alle Buchstaben nachzeichnen konnten. Aber endlich war es so weit und nun kaufte er ein dickes Buch voll schöner weißer Blätter und schrieb seinen Ratgeber ab.
Er brauchte zwei Jahre dazu und zwei hatte er gebraucht, um schreiben zu lernen. Dafür wusste er nun aber auch alles. Wenn ein Nachbar fragte: „Was glaubst du, Mechtl, werden wir heuer einen schönen Sommer haben?“. Dann sagte er: „Warte, gleich!“ lief heim, setzte die Brille auf die Nase und schlug sein Buch auf. Da stand: Zum Einlegen nimmt man die kleinen Gurken ab, am besten am frühen Morgen. Das sagte er dem Nachbarn. „So, so!“ meinte der und ging nachdenklich nach Hause. „Viele Gurken bekommt man, wenn der Sommer schön ist, also wollte der Nachbar wohl sagen, dass ein schöner Sommer kommt, wir werden ja sehen.“ Sie sahen es, es kam ein wunderschöner, warmer Sommer.
Sagte der Knecht: „Ich weiß nicht recht, ob ich die Resl heiraten soll.“ Bedeutete ihm der Bauer: „Das werden wir gleich haben!“ lief und fragte sein Buch. Da stand: In einem guten Haushalt muss die Hausfrau selbst im Schweinestall nachsehen. „Aha!“ dachte der Knecht: „Das heißt, dass ich die Resl nehmen soll.“. Er nahm sie und es wurde eine glücklich Ehe.
So wusste der Bauer auf alle Fragen eine Antwort und für jeden das Rechte. Stimmte es einmal nicht, so meinten die Leute, sie hätten ihn nicht richtig verstanden. Aber es stimmte fast immer und der Bauer war bald berühmt, nicht nur in seiner Heimat, sondern weit herum im ganzen Lande.
Kranke kamen zu ihm und Sorgenbeladene. Für alle wusste sein Buch einen Rat und alle gingen dankbar nach Hause. Bald war der Bauer nicht nur berühmt, sondern auch reich, denn trotzdem er nichts verlangte, gab jeder, so viel oder so wenig, als er leicht entbehren konnte.