Vorzeiten lebte ein Mann, welcher drei Söhne hatte, von denen einer, namens Hans, seine fünf Sinne nicht ganz beisammen hatte. Da der Vater die Absicht hegte, seine Söhne sollten, wie er, die Welt kennenlernen, so machte er ihnen den Vorschlag, die Heimat zu verlassen, um sich dann in der Fremde den Unterhalt selbst zu verschaffen und sich etwas zu ersparen. Sie nahmen den Vorschlag mit Freuden an und wanderten gleich am anderen Tag fort. Sie kamen vor einem dunklen Wald an und lagerten sich unter den schattigen Ästen eines Tannenbaumes. Hier schliefen zwei vor Müdigkeit bald ein, während Hans seinen Kröpf fütterte, den er sogar als Dudelsack gebrauchen konnte.
Da erblickte er auf einmal auf dem Baum einen Affen. Hans lächelte so freundlich hinauf, dass der Affe, der vielleicht seinesgleichen zu sehen glaubte, sogleich herunter kletterte und sich auf Hans' Schulter setzte. Als die beiden anderen erwachten, staunten sie über den Kameraden und machten Hans den Vorschlag, sich mit diesem Tier durch die Welt zu bringen, indem sie meinten, er könne sich, wenn er den Affen zu verschiedenen Künsten abrichte, manches damit verdienen. Hans willigte ein und nahm Abschied von seinen Brüdern, die seiner schon längst satt waren. Hans übte den Affen ein wenig ein und kam mit ihm in eine Stadt, in der eben Jahrmarkt war. Er mietete eine Bude und begann seine Vorstellungen.
Bald hatte sich ein Haufen von Zuschauern vor seiner Bude versammelt. Wer war froher als Hans? Als er aber absammeln ging, da stoben sie auseinander, und Hans kehrte mit ein paar Groschen in seinem Hut in die Bude zurück.
Als er nun die Künste, so gut es eben ging, wiederholen ließ, da sammelte sich ein noch größerer Haufen von Zuschauern vor der Bude. Da er auch diesmal wenig bekam, so blies er vor Zorn seinen Dudelsack, den Kropf, gewaltig auf und blies so stark, daß er ihn beinahe gesprengt hätte. Gleich anfangs, als Hans die ersten Töne hören ließ, flog das Geld haufenweise in die Bude und sogar an seine Backen. Hans spürte das nicht, da die Stücke wie Silber flimmerten und nicht wie Hosenknöpfe. Er hatte schon eine ziemliche Summe Geldes beisammen, als der Affe mit einem Mal all sein Glück vernichtete; denn als ein Sklave des Königs, der eben seinen Einzug hielt, mit den schönsten Früchten des Landes beladen, an Hans' Bude vorbeikam, sprang der Affe aus der Bude und holte sich einige der Früchte.
Im selben Augenblick wurde Hans mit seinem Begleiter aus der Bude gerissen und in einen finsteren Kerker geworfen. Sicher wäre Hans dem Tod nicht entgangen, wenn sich die Königstochter nicht seiner erbarmt hätte. Er war sehr traurig und schalt den Affen wegen seiner Habgier; der Affe, welcher das Brummen seines Herrn zu verstehen schien, hatte sich in eine Ecke des Kerkers zurückgezogen, um vor dem Wüten seines Herrn sicher zu sein.
Um Mitternacht stieß der Affe ein Heulen aus; Hans eilte trotz seines Zorns dem Kameraden zu Hufe und fühlte an dessen Leib zu seinem Schrecken die Ringe einer mächtigen Schlange. Hans nahm seinen Knüttel und schlug auf die Schlange so gewaltig, dass sie in Stücke flog; ein Wunder, dass der Affe am Leben blieb. Nach so gewaltiger Anstrengung schlief er ein und wachte erst gegen Mittag des anderen Tages auf.
Als der Kerkermeister nach der Mittagsstunde in das Gefängnis trat, erblickte er die mächtigen Stücke der Schlange, auf welche vom König längst ein Preis gesetzt war. Vor Freude außer sich, nahm er den Kopf, brachte ihn dem König und gab vor, er habe die Zauberschlange erschlagen; denn es war vom König bestimmt worden, dass derjenige, welcher jene Schlange erschlüge und die Krone derselben brächte, zwanzig Tonnen Gold erhalten sollte. Der König war hoch erstaunt und schien in seinem Kerkermeister ein übernatürliches Wesen zu erblicken; doch bald musste er einsehen, dass er sich in ihm geirrt habe; denn als er nach der Krone fragte, wusste er nichts zu antworten und entfernte sich. Jede Ritze in der Mauer des Kerkers durchsuchte er, nirgends aber war sie zu finden. Der König drohte ihm mit dem Tod, wenn er ihm die Krone nicht brächte oder wenigstens nicht sage, wer der Besieger der Schlange sei. Aber alle Versuche, die Krone zu bekommen, blieben erfolglos; denn der Affe hatte sie heimlich beiseite geschafft.
Es kam nun die Zeit, da Hans seine Strafe überstanden hatte, und er wurde aus dem Kerker entlassen. Selbst jetzt sah er die Krone beim Affen nicht, weil sie, noch mit dem Blut des erschlagenen Zauberers bespritzt, jedem Menschen unsichtbar war.
Als einst der König einen Spaziergang machte, erblickte er von weitem ein Licht, das der Sonne gleichkam und seine Augen blendete. In dem schönen Glanz erkannte er sogleich die Krone, ging näher und sah Hans und den Affen, welcher mit der Krone spielte, die rein wie ein metallspiegel war und keine Spur des Blutes mehr sehen ließ. Hans hatte auf das Spielzeug seines Kameraden nicht geachtet, sollte aber jetzt den ungeheuren Wert kennenlernen. Denn sie war ein Mittel, durch welches man ungeheure Schätze sich verschaffen konnte. Hans begriff anfangs die Ehre nicht, die ihm zuteil wurde, als man ihn und seinen Kameraden mit dem schönsten Hofwagen abholte und vor den König führte. Der König fragte nun, wie er in den Besitz dieser Krone gekommen sei.
Hans wusste darauf nur zu erwidern, dass er die Schlange mit einem Knüttel erschlagen habe; wie aber der Affe in den Besitz der Krone gekommen sei, das wisse er nicht.
Der Affe, als ob er dieses Gespräch verstanden hätte, zeigte durch Gebärden an, dass er sie jemandem vom Kopf genommen habe.
Der König war nun alles Zweifels enthoben und ließ den lügenhaften Kerkermeister töten. Hans schenkte dem König die Krone, und dieser war darüber so erfreut, dass er ihm die Königstochter versprach. Das Glück hatte er sich nicht träumen lassen. Allein mit der Zeit wollte es ihm am Hof nicht mehr gefallen, und er sehnte sich nach seinem einfachen Leben zurück. Auch konnte er sich mit seinem Dudelsack in feineren Kreisen nicht bewegen. Hätte auch seine Braut einen solchen gehabt, dann würde er ihre Hand gewiss nicht verschmäht haben. Der König bot alles auf, ihn am Hof zu behalten; doch Hans hatte einmal den Plan gefaßt, und diesen konnte ihm auch niemand mehr ausreden.
Und wirklich - eines Tages war Hans verschwunden. Er hatte weder Geld noch bessere Kleidung mitgenommen. Mit seinem Begleiter war er weit ins Land gegangen und fand trotz seines Bittens und Flehens kein Unterkommen. Nicht einmal ein Stück hartes Brot reichte man ihm. Jetzt nahm er wieder seine Zuflucht zum Dudelsack, setzte sich mitten auf den Marktplatz und blies so heftig, dass einige Steine, auf welchen er saß, aus den Fugen gingen; doch auch dies half seiner Not nicht ab. Man trieb ihn sogar aus der Stadt, weil er den Steinwall so zugrunde gerichtet hatte.
Da bereute er seine Torheit; die Reue aber war zu spät; an jeder Hilfe verzweifelnd ging er in einen Wald, um sich zu erhängen. In dem Augenblick aber, als er den Strick um den Hals wand, trat aus dem Gebüsch ein vornehmer Herr, der ihn freundlich grüßte. Hans geriet über diese unerwartete Erscheinung in Furcht, aber der Herr hieß ihn keine Angst haben, da er ja zu seinem Heil gekommen sei.
Hans, der beständig zur Erde sah und sich nicht getraute, dem unheimlichen Mann ins Gesicht zu schauen, merkte bald, mit wem er es zu tun habe, als er den Pferdefuß erblickte. Doch der Beutel, den der Teufel ihm hinhielt und aus dem die blanken Goldstücke flimmerten, vertrieb ihm bald den Schrecken. Der Teufel gab ihm nun den Beutel mit den Worten: »Hier hast du einen unerschöpflichen Beutel, gib aber acht, nach sieben Jahren komme ich wieder, und weißt du mir dann die sieben Wahrheiten nicht zu sagen, so gehört deine Seele mir.« Als der Teufel solches gesprochen hatte, verschwand er.
Hans kaufte sich einen Wagen und zwei tüchtige Renner, um seine Brüder aufzusuchen.
Diese waren nach der Trennung in eine Stadt gekommen, wo die Königstochter krank darniederlag und demjenigen zur Gemahlin versprochen war, der sie von ihrer Krankheit befreien würde. Auch die beiden Brüder hatten es versucht, aber sie waren außerstande, ihr die Gesundheit wieder zu verschaffen, und sie mussten eines martervollen Todes sterben. Aus allen Ländern kamen Ärzte, ihr Glück zu versuchen, doch keiner erreichte seinen Zweck.
Unser Hans war endlich mit seinen Rennern in die Nähe der Stadt gekommen und brauste bald durch das Stadttor. Er erkundigte sich sogleich nach seinen Brüdern, erfuhr aber zu seinem Schmerz ihren Tod. Darüber verfiel er in tiefe Trauer und konnte sich lange nicht trösten.
Heiter und froh aber wurde er, als er vernahm, dass die Königstochter einen ähnlichen Kröpf habe wie er. Er nahm sich vor, alles aufzubieten, um sie zu erhalten. Hans widmete diesem lebensgefährlichen Unternehmen all sein Nachdenken; weil ihm aber hierzu das Getümmel in der Stadt lästig war, so verließ er dieselbe und ging ins Freie.
Da lag er nun vom frühen Morgen bis gegen Mittag in einem schattigen Wald, fand aber trotz allem Nachsinnen kein Mittel, womit er die schwere Aufgabe lösen könnte. Schon neigte sich die Sonne zum Untergang, und noch immer wollte ihm nichts einfallen. Da störte ihn auf einmal ein Geräusch; es wurde immer stärker und ging, je näher es kam, in ein Geklapper über. Voll Zorn erhob er sich, da sah er ein Totengerippe auf sich zukommen. Hans zitterte an allen Gliedern.
Als der »Beinigel« sich aber setzte und dem Hans befahl das gleiche zu tun, so gewann er seine Fassung wieder. Dann begann es aus den Gebeinen zu murmeln: »Der Grund, warum du hierher gegangen bist, ist mir nicht unbekannt, du scheinst meiner Freundschaft würdig. Vermagst du mich zu überlisten, so will ich dir die Königstochter verschaffen; wenn nicht, so fällt dein Kopf durch das Beil des Henkers, und deine Seele fährt mit dem Teufel in die Hölle.«
Hans schnitt bei diesen Worten ein Gesicht, als äße er Sauerampfer oder Hasenklee, wobei der Magen sich fünfmal umdreht.
»Stehe ich beim Kopf der Kranken«, sprach es weiter, »so ist sie unrettbar verloren; stehe ich aber derselben zu Füßen, so erlangt sie ihre Gesundheit wieder. Versuche nun dein Glück.« Nach diesen Worten sprang das Gerippe auf, gab dem Hans einen Backenstreich und entfernte sich ebenso schnell, als es gekommen war.
Unser Hans war durch die derbe Ohrfeige außer Fassung gekommen. Lange Zeit getraute er sich nicht, seine Backe anzurühren, indem er meinte, sie müsse schon längst zu Bein geworden sein; doch endlich ermannte er sich wieder und wagte den gefährlichen Gang.
Hans zog schönere Kleider an und begab sich zum König. Er fürchtete nicht den Tod, denn ihm war an seinem Leben nichts mehr gelegen. Ganz allein trat er in das Zimmer der Kranken, und wie freute er sich, als er einen »Zwiemehlsack« am Hals der Königstochter erblickte. Aber in demselben Augenblick wurde er bleich vor Schrecken, als er den unheimlichen Freund beim Kopf der Kranken auftauchen sah. Jetzt nahm Hans all seine Sinne zusammen, um aus der Falle, in die er gegangen war, glücklich zu entkommen. Es wollte ihm aber kein Mittel — weder zur eigenen Rettung noch zu der der Königstochter - einfallen. Doch die Hilfe war näher, als Hans glaubte.
Der Affe, dessen Nähe Hans gar nicht ahnte, sprang durchs Fenster ins Zimmer der Kranken und schob das Bett so, dass der Tod zu den Füßen der Königstochter zu stehen kam. In demselben Augenblick fühlte die Kranke sich besser, und in wenigen Minuten stand sie frisch und gesund da. Man rief den Vater herbei, der voller Freude sogleich alle seine Räte zusammenrief, um dem Retter zu danken. Sogleich wurde die Hochzeit vorbereitet und mit höchstem Glanz gefeiert.
Hans war nun ein überreicher Mann geworden, da er noch dazu im Besitz des unerschöpflichen Beutels war. Sein Affe, dem er seit jener Zeit wieder mit größter Liebe anhing, verlor sich eines Tages und war nie wieder zu sehen. Allmählich ging aber das siebente Jahr seinem Ende entgegen, und noch wusste er keine der sieben Wahrheiten. Es waren nur noch einige Tage, nach deren Verlauf er vom Teufel geholt werden sollte, und da er vor Angst sich nicht getraute, das Geheimnis verborgen zu halten, so offenbarte er es dem König, der ihm einen Talisman gab, mit welchem er sich vor dem Teufel schützen konnte.
Um Mitternacht ging er auf den Friedhof und sah mittels einer Zaubervorrichtung die Teufel mit den Totenschädeln um die Wette spielen. Ha! dachte sich Hans, meine Seele war dir zuwenig, du willst auch die meiner Gemahlin haben. Voll Wut kehrte er in seinen Palast zurück.
Als nun die letzte Nacht angekommen war, so begab er sich wieder auf den Friedhof, wo er den Teufel in Gestalt eines wild aussehenden Mannes fand. Als er aber den Talisman auf die Brust legte, da kauerte sich der Teufel zusammen und verwandelte sich in einen buckligen Juden mit einem scheußlichen Geißbart. Diesen zauberte er auf einen Felsen, der sich aus dem nahen Meer erhob.
Am anderen Tag ging er in Begleitung seines Hofes zu jenem Felsen, von welchem der Bucklige mit flehentlicher Gebärde herunterkam; allein Hans ließ sich nicht erweichen, sondern ließ ihn auf einen Wagen werfen, auf demselben festbinden und durch alle Gesträuche und dornigen Hecken führen, so dass der Teufel nach einer Stunde ganz zerfetzt ankam. Hans selbst warf ihn dann in ein wasserdichtes Gefäß, und mit den Worten: »Das sind die sieben Wahrheiten«, drehte er ihm die Nase um, schloß das Gefäß mit dem Deckel und schleuderte es in den Abgrund.