Es lebte einmal ein Mann, dem war seine Frau gestorben. Und weil er seinem Töchterlein wieder eine Mutter geben wollte, heiratete er noch einmal. Seine zweite Frau aber war eine Witwe und brachte zwei Töchter mit in die Ehe.
Während die Stiefmutter ihren eigenen Kindern nur Gutes tat, hatte sie für die Tochter ihres Mannes nur böse Worte und Schläge, und auch die beiden Stiefschwestern schlugen und verschmähten das Mädchen. Als dieses siebzehn Jahre alt geworden war, sagte die Stiefmutter eines Tages zu ihm: "Uns ist das Herdfeuer ausgegangen, du mußt in die Katzenmühle, um Glut zu holen!"
Das Mädchen hatte Angst vor der verwunschenen Mühle, aber sie traute sich nicht zu widersprechen, sondern nahm zwei irdene Deckel und machte sich auf den Weg. In der Mühle aber waren seltsame Wesen mit menschlichem Leibe und Katzenköpfen, und eine der Katzen war die oberste von allen.
Als das Mädchen zur Mühle gekommen war, klopfte es zaghaft an die Tür. Da schnurrten die Katzen: "Raun, raun, was willst du denn?" - "Meine lieben Frauen", sagte das Mädchen, "bei uns ist das Feuer ausgegangen, und nun hat mich meine Stiefmutter hergeschickt, um Glut zu holen!" Nun ließen sie das Mädchen ein und führten sie zur alten Katze: "Raun, raun, die da will Feuer haben!"
"Sie bekommt es", sagte die Alte, "aber sie muß mir zuerst die Läuse vom Kopf suchen!"
Die oberste Katze hatte einen Schädel, so groß wie ein Sechseimerfaß, und in ihrem wirren Haar wimmelte es von Kröten, Schlangen, Mäusen und Ottern. Diese bissen das Mädchen, aber es fürchtete sich nicht und säuberte die Alte. "Raun, raun", fragte diese, "hast du etwas gefunden, mein Kind?"
"Nicht viel, nur einige Läuse und Nisse", sprach das Mädchen. "Raun, raun, weil du so folgsam bist, will ich dir etwas schenken", sagte zum Schluß die Katze. Sie holte einen Beutel voll Gold und Silber daher und befahl ihrem Hausgesinde, Glut zwischen die beiden Deckel zu geben und dem Mädchen das Geld heimzutragen.
Als die Stieftochter wohlbehalten heimkehrte und nicht nur die Glut brachte, sondern auch noch so viel Gold und Silber, daß sie für ihr Leben lang genug hatte, schickte die Stiefmutter schon am nächsten Tag ihre ältere Tochter um Feuer zur Katzenalten.
Die Tochter ging zuversichtlich zur Mühle und polterte an die Tür. "Raun, raun, wer ist denn draußen?" rief das Gesinde. "Ihr verfluchten Katzen, fragt nicht soviel, sondern laßt mich ein, ich will Feuer haben!" rief das Mädchen. Da öffneten sie die Tür und führten die Tochter zur Alten: "Raun, raun, die will Feuer haben!"
"Zuerst muß sie mir die Läuse absuchen, dann bekommt sie das Feuer", sagte die Katzenalte. "Was glaubst du denn, du alter Katzenschädel, ich soll dir Läuse suchen?" rief das Mädchen unwillig.
Und wie es näher schaute, bäumten sich schon die Nattern und Schlangen auf dem Haupte der Katze. "Such dir selbst dein Ungeziefer, du üble Katze", schrie das Mädchen.
Darauf rief die Alte ihrem Gesinde zu: "Raun, raun, zerreißt sie!" Die Katzen fielen über sie her und zerrissen sie im Nu.
Als die ältere nicht heimkam, schickte die Mutter ihre zweite Tochter nach. Auch diese polterte heftig an die Tür. Das Gesinde öffnete ihr, und sie trat ein.
Wie sie jedoch merkte, daß ihre Schwester zerrissen worden war, schrie sie sogleich: "Ihr verreckten Katzen, wie könnt ihr meine Schwester zerreißen?" Jetzt fielen die Tiere auch über sie her, und zerrissen sie ebenso.
Weil nun beide Töchter nicht heimkamen, machte sich die Stiefmutter selbst auf den Weg und kam zur Katzenmühle.
Auch sie klopfte und begehrte zornig Einlaß. "Ihr verfluchten Katzen", schrie sie, "wie könnt ihr meine Töchter zerreißen?" Jetzt fielen die Tiere über sie her und töteten auch sie.
Von da an lebten Vater und Tochter wieder allein wie ehedem in Eintracht und Frieden.
Einmal fuhr ein Graf des Weges, und als er das schöne Mädchen sah, hielt er an und stieg vom Wagen. Er trat vor den Vater und sprach: "Gebt mir Eure Tochter zur Frau, und zieht mit auf mein Gut!"