Ein Metzger namens Hans hatte seine Schäflein im trockenen 1.), und da er alt und fast blind geworden war, setzte er sich zur Ruhe. Doch die Katze läßt das Mausen nicht. 2.) Als im nahen Flecken ein großer Markt war, tastete er sich frühmorgens hin und wollte auch ein bißchen schachern. Das verdroß die dort versammelten Zunftgenossen, und sie beschlossen, ihm einen Streich zu spielen.
Da Hans den Metzgern erzählt hatte, er wolle eine schöne Kuh ankaufen, führten sie ihm eine solche zu; er betastete sie, war zufrieden und zahlte den vereinbarten Preis. Als der Leihkauf 3.) getrunken war und Hans den Heimweg antrat, banden ihm die Metzger unbemerkt einen Ziegenbock statt der Kuh an den Strick und freuten sich des gelungenen Torts. 4.)
Daheim empfing ihn sein Weib sehr ungnädig, denn sie hatte eine schöne Kuh erwartet. "Ja, ist das nicht die schönste, die es gibt?" verteidigte sich Hans böse.
Dabei wollte er dem Tier schmeichelnd mit der Hand über den Rücken fahren - nun erst merkte er den Betrug, besänftigte sein zürnendes Weib und schwur den falschen Freunden Rache.
Mit einer Rolle harter Taler kehrte Hans sofort in den Marktflecken zurück, ein wunderliches Hütlein, das Erbstück eines schalkhaften Vetters, auf dem Kopf. Im Markte suchte er die drei Wirte auf, gab jedem eine Handvoll Taler und unterwies sie also: "Ich werde mit Metzgern hier einkehren, und wenn das Geld verzehrt ist, gebt mir nur ein Zeichen; dann will ich mein Hütlein auf dem Kopf herumdrehn und Euch fragen: 'Was schuldig?', worauf Ihr erwidert: 'Alles bezahlt!'"
Hans fand seine Zunftgenossen bald und lud sie gleich auf einen Imbiß ein; sie sagten zu und gingen mit ihm in die erste Schenke, wo sich das Schauspiel treu der Abmachung vollzog. Und als im zweiten und im dritten Gasthof alles ebenso verlief, da wußten es die Metzger ganz genau: Das Hütlein, wenn es auf dem Kopf herumgedreht wird, zahlt die Zeche.
Nach langem, gut gemachtem Sträuben ließ Hans den Metzgern, nur weil sie seine "guten Freunde" waren, für einen hohen Geldbetrag das Wunderhütlein ab und tummelte sich voll Vergnügen heim. Die andern aber alle sammelten die Sippschaft und suchten abends den ersten der Gastwirte auf; dort aßen und tranken sie im Vertrauen auf das Hütlein, was sie nur vermochten. Und als es endlich nicht mehr weiterging, da drehte der Wortführer das Hütlein auf dem Kopf herum und fragte den Wirt: "Was schuldig?" - "Werd's gleich ausrechnen", sagte der Wirt und blieb dabei, als auch der zweite und der dritte Metzger das Hütlein aufsetzte und herumdrehte und die bewußte Frage tat.
Jetzt erkannten die Metzger etwas anderes ganz genau: Sie waren angeführt und ernteten reichlich Spott und Hohn.
Mit Müh und Not vermochten sie die Gasthausrechnung zu begleichen; sie sandten die Verwandten heim und zogen nach langer Beratung im Morgengrauen zu des alten Metzgers Haus. Sie steckten ihn vom Bette aus in einen Sack und trugen den auf eine Brücke, um ihn in den Fluß zu werfen. Damit die Todesangst des Armen größer werde, stellten sie den Sack auf der Brücke hin und gingen in die nahe Schenke, wo sie länger verweilten und des zum Tode durch Ertrinken verurteilten Metzgers beinahe vergessen hätten.
Inzwischen trieb der Sauhirt seine Schweineschar vorbei und hörte, wie der alte Mann im Sack beständig rief: "I' will nit, i' mag nit!" - "Was willst nit?" fragte der Hirte und erhielt zur Antwort: "Die Königstochter heiraten!" - "I' möcht' schon", entgegnete der Hirt, und so kamen beide bald überein: Der alte Metzger wurde frei, füllte mit dem Hirten den Sack an und band ihn zu. Die Schweineherde trieb er als sein Erbteil heim. Bald darauf flog der gefüllte Sack mit Wucht geschwungen in den Fluß.
Nach etlichen Wochen wagte sich doch einer der Missetäter an Hansens Haus vorbei und war nicht wenig betroffen, als er den Alten wohlbehalten vor der Türe sitzen sah und im Hofe eine Herde Schweine erblickte; er fragte ihn verwundert: "Ja, bist du denn nicht ertrunken?" - "Nicht im geringsten", beteuerte der Gefragte und fügte hinzu: "Als der Sack aufging, da befand ich mich auf einer Wiese, wo ein wunderschönes Mädchen tausend große, fette Schweine hütete und mich anrief: ,Nimm, soviel du willst, und spute dich dann heim!' Wie du siehst, kann ich zufrieden sein."
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Märe bei den Zunftgenossen, die ein gleiches Glück genießen wollten. Auf dem Weg zur Brücke vereinbarten sie, jeder, der hineinspringe, habe, wenn's ihm gutgehe, den andern zuzurufen: „Kummt's!" In jedem Plumps vermeinten sie das ausgemachte Wort zu hören, und der letzte sprang den Freunden hoffnungsfreudig nach; so ertranken sie alle.
Von da an hatte unser Hans zeitlebens Ruhe.
1.) Geldstücke in Sicherheit.
2.) Von einer Lebensgewohnheit kann man nicht ablassen.
3.) Trunk zur Bekräftigung eines Geschäftsabschlusses, auch Drangeld oder der Handel selber.
4.) Tort = aus dem Französischen entlehnt, gleichbedeutend mit Streich oder Schabernack.