Der Raritätenladen. Siebenunddreißigstes Kapitel
Der ledige Herr hatte unter anderen Eigenthümlichkeiten – und er besaß deren einen so reichlichen Vorrath, daß er mit jedem Tage ein neues Pröbchen zu liefern vermochte – eine ganz außerordentliche und merkwürdige Vorliebe für die Leistungen des Polichinell. Wenn die Stimme dieses Helden aus noch so großer Entfernung Bevis Marks erreichte, so konnte der ledige Herr, wenn er auch schon im Bette lag und schlief, aufspringen, in seine Kleider schlüpfen und in vollem Galopp der Stelle zueilen, von wo er alsbald an der Spitze einer langen Procession von Gassenjungen, welche das Theater und dessen Eigentümer umringten, zurückkehrte. Die Schaubühne wurde dann geradezu vor dem Hause des Herrn Braß aufgestellt; der ledige Herr pflanzte sich in ein Fenster des ersten Stocks, und die Darstellung begann mit der ganzen aufregenden Begleitung von Pfeife, Trommel und Gejubel – zur unaussprechlichen Bestürzung aller nüchternen Geschäftsleute in jenem ruhigen Stadttheile. Man hätte erwarten mögen, daß nach Beendigung des Stücks sowohl Schauspieler als Auditorium sich zerstreuten; aber der Epilog war eben so schlimm, als das Spiel, denn kaum war der Teufel todt, als der ledige Herr den Puppenlenker nebst seinem Associé auf sein Zimmer einlud, wo er sie mit gebranntem Wasser aus seinem Privatvorrath regalirte und lange Unterredungen mit ihnen hielt, deren Inhalt kein menschliches Wesen zu ergründen vermochte. Das Geheimniß dieser Verhandlungen war jedoch von keiner sonderlichen Wichtigkeit, und es reicht zu, wenn wir mittheilen, daß während ihres Verlaufs die Masse sich noch immer um das Haus drängte, daß die Gassenjungen die Trommel mit ihren Fäusten bearbeiteten und mit ihren zarten Stimmen die des Polichinell nachahmten, daß das Bureaufenster durch platt angedrückte Nasen verdunkelt und das Schlüsselloch der Hausthüre durch Augen erhellt wurde; und daß jedesmal, so oft sich der ledige Herr oder einer seiner Gäste an den oberen Fenstern blicken oder auch nur das Ende ihrer Nasen sichtbar werden ließen, ein ungeheures Verwünschungsgebrüll von Seite des ausgeschlossenen Haufens erscholl, der fortwährend heulte, zeterte und sich durchaus nicht beruhigen ließ, bis ihm die Schauspieler verabfolgt wurden, welche er sodann nach einem andern Orte begleitete. Mit einem Worte, es ist hinreichend zu wissen, daß Bevis Marks durch diese Volksbewegungen revolutionirt wurde und daß Friede und Ruhe aus seinen Grenzen wichen.
Niemand erboste sich mehr über solche Scenen, als Herr Sampson Braß, obgleich er es, da er in keinem Falle einen so einträglichen Hausgenossen verlieren mochte, für klug hielt, den Schimpf, welchen ihm sein Miethsmann anthat, mit dessen Gelde einzustreichen und das Publikum, das sich um seine Thüre sammelte, durch die ihm zugänglichen, unvollkommenen Vergeltungsversuche zu ärgern. Diese beschränkten sich darauf, aus unsichtbaren Rinnen schmutziges Wasser auf die Köpfe niederträufeln zu lassen, sie vom Dache des Hauses aus mit Bruchstücken von Ziegel und Mörtel zu beschießen, und die Miethkutscher zu bestechen, plötzlich um die Ecke zu fahren und sich kopfüber unter den Haufen zu stürzen. Einigen Gedankenlosen dürfte es vielleicht im ersten Augenblicke auffallen, daß Herr Braß, als ein Mann des Rechtes, die Partei oder die Parteien nicht wegen Störung der Ruhe gerichtlich belangte; sie werden aber vielleicht so gefällig sein, sich zu erinnern, daß Aerzte selten ihre eigenen Recepte einnehmen, und Geistliche nicht immer leben, wie sie predigen; in gleicher Weise scheuen sich auch die Advokaten, sich um ihrer selbst willen mit dem Rechte zu befassen, denn sie wissen wohl, daß es ein scharfes Instrument ist, unsicher in der Anwendung, kostspielig in seinen Wirkungen und ausgezeichneter durch seine Fähigkeit, überhaupt zu barbieren, als durch die Kunst, stets die rechte Person zu barbieren.
»Der Tausend,« sagte Herr Braß eines Nachmittags; »schon zwei Tage ohne Polichinell! Ich hoffe, er hat endlich genug daran bekommen.«
»Warum hoffst du das?« versetzte Miß Sally. »Was schadet er einem denn?«
»Nun, du bist mir ein feiner Kerl!« rief Braß, indem er verzweifelt die Feder niederlegte. »Ein Plagegeist bist du!«
»Nun, was schadet er wohl?« wiederholte Sally.
»Was er schadet?« rief Braß. »Ist es nicht Schaden genug, dieses beständige Gejubel und Gebrüll gerade unter der Nase zu haben, so daß man nichts arbeiten kann, und vor Verdruß mit den Zähnen knirschen möchte. Ist es nicht Schaden genug, geblendet und erdrückt zu werden, und des Königs Landstraße durch einen Haufen tobender Schreier versperrt zu sehen, die Kehlen von – von –«
»Erz [Fußnote] haben müssen,« ergänzte Herr Swiveller.
»Ja, von Erz,« sagte der Advokat, indem er nach seinem Schreiber hinblickte, um sich zu überzeugen, daß er das Wort in voller Unschuld und ohne bösartige Absicht vorgeschlagen habe. »Ist das kein Schaden?«
Der Rechtsgelehrte unterbrach sich plötzlich in seinem Eifer, horchte einen Augenblick, und da er die wohlbekannte Stimme vernahm, so stützte er den Kopf auf seine Hand, erhob die Augen nach der Zimmerdecke und murmelte schwach:
»Da ist wieder Einer!«
In demselben Augenblicke öffnete sich das Fenster des ledigen Herrn.
»Da ist wieder Einer,« wiederholte Braß; »und wenn ich einen Wagen nebst vier Vollblutpferden haben könnte, die aus Bevis-Marks hereinstürmten, wo der Haufen am dicksten ist, so wollte ich mich's ohne Murren achtzehn Pence kosten lassen.«
Das ferne Quiecken wurde auf's neue gehört. Die Thüre des ledigen Herrn wurde geöffnet. Er eilte ungestüm die Treppe hinunter auf die Straße und ohne Hut nach der Stelle, wo die Stimme herkam, ohne Zweifel in der Absicht, sich die Dienste der Fremden unverzüglich zu sichern.
»Ich möchte nur wissen, welcher Familie er angehört,« murmelte Sampson, indem er Acten in seine Tasche stopfte. »Wenn sie nur so eine hübsche, kleine Commission de lunatico nach dem Gray's Inn Kaffeehause bescheiden und mir das Geschäft übertragen wollte, so würde ich mich immerhin zufrieden geben, das Logis eine Weile leer stehen zu sehen.«
Nach diesen Worten klopfte sich Herr Braß seinen Hut über die Augen, als wolle er sie gegen den Anblick dieser fürchterlichen Gesellschaft sichern, stürzte aus dem Hause und eilte von hinnen.
Herr Swiveller war ein entschiedener Freund von solchen Kunstproduktionen, aus dem einfachen Grunde, weil nach dem Polichinell sehen, oder überhaupt aus dem Fenster sehen, besser war, als arbeiten, und da er aus demselben Grunde sich einige Mühe gegeben hatte, bei seinem weiblichen Collegen ein Gefühl für deren Schönheiten und mannigfaltige Verdienste zu wecken, so erhoben sich er und Miß Sally wie aus Einem Antriebe, und nahmen ihre Stellung an dem Fenster. Auf dem Gesimse desselben, als auf einem Ehrenposten, hatten sich's indeß bereits unterschiedliche junge Damen und Herren, die mit dem trockenen Geschäfte des Kinderwartens beschäftigt waren und ihre Gegenwart nebst der ihrer jungen Schützlinge bei derartigen Anlässen für eine unerläßliche Ehrensache betrachteten, so bequem gemacht, als es die Umstände gestatten wollten.
Da das Glas trüb war, so riß Herr Swiveller, in Folge der freundlichen Gebräuche, die sich zwischen ihnen entwickelt hatten, das braune Tuch von Miß Sally's Kopf und stäubte damit sorgfältig die Scheiben ab. Als es wieder zurückgegeben und von der schönen Trägerin sich auf's Neue angepaßt war (sie that dieß mit vollkommener Ruhe und Gleichmüthigkeit), kam der Miethsmann mit dem Puppenkasten, den Puppenspielern und einer Masse von Zuschauern angestiegen. Der Figurenlenker verschwand mit aller Hast hinter den Vorhängen, und sein Associé, der sich neben dem Theater aufstellte, betrachtete das Auditorium mit einem merkwürdigen Ausdrucke von Melancholie, welcher noch merkwürdiger wurde, als er auf jenem zarten, musikalischen Instrumente, das man volksthümlich eine Röhrenpfeife zu nennen pflegt, die Melodie zu einem ländlichen Tanze hauchte, ohne daß sich dabei die Trauerphysiognomie der obern Gesichtstheile verlor, obgleich Mund und Kinn nothwendigerweise in lebhaften Krämpfen begriffen waren.
Das Drama ging zu Ende, die Zuschauer wie gewöhnlich bis zum Schlusse in der gehörigen Spannung erhaltend. Die Sensation, welche sich in großen Versammlungen erzeugt, wenn sie aus einem Zustande athemloser Aufmerksamkeit erlöst sind und die Leute wieder frei sprechen und sich bewegen dürfen, war noch in voller Thätigkeit, als der Miethsmann, wie gewöhnlich, die Männer auf sein Zimmer einlud. »Ihr Beide,« rief er von seinem Fenster herunter; denn nur der wirkliche Puppenspieler, ein kleiner, fetter Mann schickte sich an, der Aufforderung Folge zu leisten. »Ich muß mit euch sprechen. Kommt Beide herauf.«
»So kommt denn, Tommy,« sagte der kleine Mann.
»Bin kein Freund vom Sprechen,« versetzte der Andere. »Sagt ihm das. Für was soll ich da hingehen und plaudern?«
»Seht Ihr nicht, daß der Herr eine Flasche und Gläser aufgetischt hat?« entgegnete der kleine Mann.
»Und hättet Ihr dieß nicht gleich anfangs sagen können?« erwiderte der Andere mit plötzlicher Behendigkeit. »Nun, auf was wartet Ihr noch? Soll der Herr einen ganzen Tag auf uns warten? Habt Ihr denn gar keine Manieren?«
Nach dieser Vorstellung schob sich der melancholische Mann, der kein anderer, als Thomas Codlin war, an seinem Freunde und Gewerbsgenossen, dem Herrn Harry, sonst auch Short oder Trotters genannt, vorbei, und eilte nach dem Zimmer des ledigen Herrn voran.
»Nun, ihr Männer,« begann der ledige Herr; »ihr habt eure Sache sehr gut gemacht. Mit was kann ich euch aufwarten? Sagt dem kleinen Mann da hinten, er solle die Thüre zumachen.«
»Könnt Ihr nicht die Thüre zumachen?« sagte Herr Codlin, indem er sich grämlich an seinen Freund wandte. »Ihr hättet, denke ich, wissen können, daß der Herr die Thüre geschlossen haben will, ohne daß man es Euch sagen muß.«
Herr Short gehorchte, indem er zugleich vor sich hin murmelte, sein Freund scheine in ungewöhnlich munterer Laune zu sein, und er hoffe nur, daß keine Milchkammer in der Nähe sei, da seine Stimmung leicht deren Inhalt verderben könnte.
Der Herr deutete auf ein paar Stühle und gab den Beiden durch ein nachdrückliches Kopfnicken zu verstehen, er erwarte, daß sie Platz nähmen. Die Herren Codlin und Short sahen sich eine Weile mit beträchtlicher Bedenklichkeit und Unschlüssigkeit an und ließen sich endlich nieder – jeder auf die äußerste Kante des ihm angewiesenen Stuhles – ohne ihre Hüte wegzulegen, während der ledige Herr aus einer Flasche, die auf dem Tische neben ihm stand, ein paar Gläser füllte und sie in gebührender Form präsentirte.
»Die Sonne hat euch Beiden ziemlich zugesetzt,« sagte ihr Wirth. »Seid ihr auf der Reise gewesen?«
Herrn Short's Antwort bestand aus einem bejahenden Kopfnicken und einem Lächeln. Herr Codlin bekräftigte dies gleichfalls durch ein Nicken und einen kurzen Seufzer, als ob er die Last des Tempels noch immer auf seinen Schultern fühlte.
»Vermuthlich auf Messen, Preisrennen und Jahrmärkten?« fuhr der ledige Herr fort.
»Ja, Sir,« versetzte Short. »Fast über den ganzen Westen von England.«
»Ich habe schon mit Männern eures Gewerbes aus dem Norden, Osten und Süden gesprochen,« entgegnete ihr Wirth etwas hastig, »aber nie ist mir früher einer aus dem Westen vorgekommen.«
»Unsere gewöhnlichen Sommereisen gehen nach dem Westen,« sagte Short; »ja, so ist's. Wir nehmen, was östlich von London liegt, im Frühling und im Winter, und den Westen von England im Sommer. Es gab im Westen drunten manchen harten Tagmarsch im Regen und Schmutz, ohne daß wir einen Penny verdienten.«
»Laßt mich Euer Glas wieder füllen.«
»Sehr verbunden, Sir; ich denke, ich will mir's gefallen lassen,« sagte Herr Codlin, plötzlich das seinige hinstreckend und Short's Glas bei Seite drückend. »Ich bin der Leidende, Sir, mag man auf der Reise sein, oder zu Hause bleiben. In der Stadt oder auf dem Lande, bei nassem oder trockenem, bei heißem oder kaltem Wetter ist Tom Codlin der Leidende. Aber Tom Codlin ist nicht der Mann, darüber zu klagen. O nein, Short mag sich beklagen, aber wenn Codlin nur ein Wörtchen murrt – ach du mein Himmel, dann nieder mit ihm, dann augenblicklich nieder mit ihm! Er ist nicht in der Lage, zu murren – das erleidet gar keinen Anstand.«
»Codlin ist kein unnützer Mensch,« bemerkte Short mit einem schalkhaften Blicke, »aber er hat nicht immer seine Augen offen. Er schläft bisweilen ein, müssen Sie wissen. Erinnert Ihr Euch noch an das letzte Wettrennen, Tommy?«
»Wollt Ihr nie von Euren Kränkungen ablassen?« versetzte Codlin. »Es ist natürlich sehr möglich, daß ich geschlafen habe, während fünf Shillinge und zehn Pence in einem Rundgange gesammelt wurden – nicht wahr? Ich habe auf mein Geschäft geachtet, und konnte meine Augen nicht auf zwanzig Orte richten, wie ein Pfauhahn – ebensowenig, als Ihr es könnt. Wenn ich nicht scharf genug bin für einen alten Mann und ein junges Kind, so seid Ihr es auch nicht, weßhalb Ihr mir's nicht immer vorzuwerfen braucht, denn die Kappe paßt ebensogut auf Euern Kopf, als auf den meinigen.«
»Nun, wir könnten den Gegenstand fallen lassen, Tom,« sagte Short. »Ich darf wohl annehmen, daß sich der Herr da nicht besonders daran erbauen wird.«
»Dann hättet Ihr ihn gar nicht zur Sprache bringen sollen,« entgegnet Herr Codlin; »und ich bitte den Herrn Euretwegen um Verzeihung, denn Ihr seid ein schwindeliger Bursche, der sich selber gerne sprechen hört und sich wenig darum kümmert, von was er spricht, wenn ihm nur das Maul geht.«
Bei dem Anfange dieses Streites hatte der Wirth vollkommen ruhig dagesessen, indem er zuerst den einen, dann den andern seiner Gäste ansah, als laure er nur auf irgend eine Gelegenheit, eine weitere Frage zu stellen, oder auf diejenige zurückzukommen, von welcher das Gespräch abgeschweift hatte. Aber von dem Augenblicke an, da Herrn Codlin Schläfrigkeit zum Vorwurf gemacht wurde, hatte der ledige Herr ein größeres Interesse an der Unterhaltung genommen, welche jetzt sehr lebhaft geführt wurde.
»Ihr seid die zwei Männer, die ich brauche,« sagte er, »die zwei Männer, welche ich gesucht, und nach welchen ich gespähet habe. Wo ist jener alte Mann und das Kind, von denen ihr sprecht?«
»Sir,« entgegnete Short stockend, indem er auf seinen Freund blickte.
»Der alte Mann und seine Enkelin, die mit euch reisten – wo sind sie? Ich versichere euch, es verlohnt sich wohl der Zeit, davon zu sprechen – weit mehr, als ihr glauben mögt. Sie verließen euch, sagt ihr, bei jenem Pferderennen, so viel ich entnehmen kann. Man hat ihre Spur bis zu diesem Platze verfolgt und dieselbe dort verloren. Habt ihr keinen Schlüssel – könnt ihr mir keinen Schlüssel zu ihrer Wiederauffindung an die Hand geben?«
»Sagte ich nicht immer, Thomas,« rief Short, indem er sich mit einem Blicke der Verwunderung an seinen Freund wandte, »ich sei überzeugt, daß nach den beiden Wanderern Nachfrage geschehen würde?«
»Ihr hättet das gesagt?« entgegnete Codlin. »Sagte ich Euch nicht immer, jenes gesegnete Kind sei das interessanteste, das mir je vorkam? Sagte ich nicht immer, daß ich die Kleine liebe und ganz in sie vernarrt sei? Das hübsche Geschöpflein, ich meine sie noch zu hören. ›Codlin ist mein Freund,‹ sagte sie und Thränen der Dankbarkeit rieselten ihr aus den kleinen Augen; ›Codlin ist mein Freund,‹ sagte sie – ›nicht Short. Short ist wohl ein recht guter Mann,‹ sagte sie, ›und ich habe nichts gegen Short; ich darf wohl sagen, daß er es gut meint, aber Codlin,‹ sagte sie, ›hat die Gefühle, die ich liebe, obgleich er vielleicht nicht darnach aussieht.‹«
Diese Worte mit großer Bewegung wiederholend, rieb sich Herr Codlin die Wurzel seiner Nase mit dem Rockärmel, schüttelte traurig den Kopf hin und her, und überließ es dem ledigen Herrn, zu entnehmen, daß von dem Moment an, wo er seinen lieben jungen Schützling aus den Augen verloren hatte, der Frieden und das Glück seiner Seele entwichen seien.
»Guter Gott!« sagte der ledige Herr, in dem Zimmer auf- und abschreitend, »so habe ich endlich diese Männer nur gefunden, um die Entdeckung zu machen, daß sie mir weder Nachricht geben noch Beistand leisten können. Es wäre besser gewesen, ich hätte von Tag zu Tag in der Hoffnung fortgelebt und sie nie getroffen, als daß ich jetzt meine Erwartungen also vernichtet sehen muß!«
»Halten Sie einen Augenblick,« sagte Short. »Ein Mann, Namens Jerry – Ihr kennt Jerry, Thomas?«
»Oh, redet mir nicht von Jerry,« entgegnete Herr Codlin. »Wie kann ich mich auch nur eine Prise Schnupftabak um Jerry kümmern, wenn ich an das kleine Herzkäferlein denke! ›Codlin ist mein Freund,‹ sagte sie; ›der liebe, gute freundliche Codlin, wie er immer auf mein Vergnügen bedacht ist! Ich habe nichts gegen Short einzuwenden,‹ sagte sie, ›aber mit Codlin stimme ich zusammen.‹ Einmal« – fügte dieser Ehrenmann nachdenkend bei – nannte sie mich Vater Codlin. Ich meinte, das Herz müsse mir zerspringen!«
»Ein Mann, Namens Jerry, Sir,« sagte Short, indem er sich von seinem selbstsüchtigen Collegen an seinen neuen Bekannten wandte, »der eine Gesellschaft tanzender Hunde unterhält, sagte mir gelegentlich, er habe den alten Herrn in Compagnie mit einem wandernden Wachsfigurencabinet gesehen, dessen Eigenthümerin ihm unbekannt war. Da sie uns einmal entwischten und nichts bei der Sache herausgekommen war, so traf ich keine Maßregeln, und fragte auch nicht weiter darnach, um so weniger, da er den alten Herrn ganz im Lande drunten gesehen hatte. – Aber wenn Sie wollen, so kann ich's ja nachholen.«
»Ist der Mann in der Stadt?« fragte der ungeduldige ledige Herr. »Sprecht rascher.«
»Nein, aber er wird morgen kommen; er wohnt in unserem Wirthshause,« versetzte Herr Short eilig.
»Dann bringt ihn her,« entgegnete der ledige Herr. »Da ist ein Goldstück für Jeden von euch. Wenn ich durch eure Vermittelung diese Leute ausfindig machen kann, so ist es nur das Vorspiel zu weiteren zwanzigen. Kommt morgen zu mir und behaltet die Sache für euch – obgleich ich kaum nöthig habe, euch dieß einzuschärfen, da ihr es schon um eurer selbst willen thun werdet. Nun, gebt mir eure Adresse und zieht eures Weges.«
Die Adresse wurde gegeben, die zwei Männer entfernten sich, der Volkshaufen zog mit ihnen ab, und der ledige Herr spazierte in ungewöhnlicher Aufregung zwei sterbenslange Stunden in seinem Zimmer auf und ab, unmittelbar über den verwunderten Häuptern von Herrn Swiveller und Miß Sally Braß.