Sie barg ihr Gesicht einen Augenblick in der Hand, dann trocknete sie ihre Augen und wusch sie mit frischem Wasser. Dann nahm sie den Arm des Studenten.
»Gehen wir!« sagte sie.
Rastignac war noch nie so ergriffen gewesen wie von diesem vornehm bezwungenen Schmerz. In den Ballsaal zurückgekehrt, zeigte sich Madame de Beauséant an Eugens Arm und erwies ihm so eine letzte, zarteste Gunst. Bald bemerkte er die beiden Schwestern, Madame de Restaud und Madame de Nücingen. Die Gräfin glänzte im Schmuck ihrer Diamanten, die ihr ohne Zweifel auf dem Körper brannten – sie trug sie zum letzten Male. Sie konnte die Blicke ihres Gatten nicht ertragen, so stark auch immer ihr Stolz und ihre Liebe sein mochten. Dieser Anblick war nicht dazu angetan, die Gedanken Rastignacs freudiger zu stimmen. Er sah hinter den Diamanten der beiden Schwestern das elende Bett, auf dem Vater Goriot lag. Die Vicomtesse, die sein melancholisches Aussehen mit anderen Gründen in Verbindung brachte, entzog ihm ihren Arm.
»Ich will Sie nicht um Ihr Vergnügen bringen«, sagte sie.
Eugen wurde bald von Delphine mit Beschlag belegt. Sie war glücklich über den Eindruck, den sie machte, und sie brannte darauf, dem Studenten die Huldigungen zu Füßen zu legen, die sie in dieser Gesellschaft erntete, in der sie nunmehr aufgenommen zu sein hoffte.
»Wie finden Sie Nasie?« fragte sie.
»Sie hat alles zu Geld gemacht«, erwiderte Rastignac, »sogar den Tod ihres Vaters.«
Gegen vier Uhr morgens begann sich die Menge in den Salons zu lichten. Bald verstummte auch die Musik. Die Herzogin von Langeais und Rastignac waren schließlich allein in dem großen Salon. Die Vicomtesse hatte sich von Herrn de Beauséant verabschiedet, der sich in sein Schlafzimmer begab, nachdem er noch einmal wiederholt hatte:
»Aber Sie tun unrecht, meine Teure, daß Sie sich in Ihrem Alter einschließen. Bleiben Sie doch bei uns!«
Sie begab sich dann, in der Annahme, nur Rastignac noch anzutreffen, in den Salon. Als sie die Herzogin erblickte, konnte sie einen Ausruf der Überraschung nicht unterdrücken.
»Ich habe es geahnt, Clara«, sagte die Herzogin von Langeais. »Sie reisen fort, um nicht mehr zurückzukehren. Aber Sie werden nicht reisen, bevor Sie mich angehört und bevor wir uns ausgesprochen haben.«