Während Don Quichotte die ganze Nacht über aus einem dürren Stecken eine neue Lanze schnitzte, schlief Sancho Pansa ganz wunderbar. Am Morgen weckten ihn die fröhlich zwitschernden Vöglein und der Bauer war sehr zufrieden. Es tat ihm nur leid, dass sein Weinschlauch schon so abgemagert war und er auch nicht wusste, wo er Nachschub holen sollte.
Während Herr und Diener weiter zogen, erklärte Don Quichotte die Grundregeln der Ritterlichkeit: „Sancho“, sagte er, „wenn mich elende Räuber oder Wegelagerer angreifen, darfst du mir helfen, aber halt dich bloß raus, wenn ich gegen einen echten Ritter kämpfe.“ „Gerne“, stimmt Sancho Pansa da zu. Er hatte sowieso keine Lust, sich eins auf die Nase geben zu lassen.
Nun hielt sich Don Quichotte die Hand über die Augen und sagte. „Schau, da kommen schon die ersten.“ Sancho konnte zwar nur zwei berittene Benediktinermönche und eine Kutsche sehen, doch sein Herr ließ sich nicht aufhalten, sprengte auf die Reisegruppe zu und plärrte: „Ihr bösen, teuflischen Zauberer, lasst die schöne Prinzessin frei.“
Die Dame in der Kutsche zitterte. Don Quichotte schmiss den ersten Mönch von seinem Reittier. Sancho, der auch etwas von der Schlacht haben wollte, schwang sich von seinem Esel und wollte dem frommen Mann die Kutte herunterreißen.
Das sahen die zwei Maultierjungen und brüllten:
„He Dicker, was machst du mit dem Mönch?“
„Mir gehört er, weil mein Herr ihn besiegt hat“, gab Sancho zurück.
Da packten ihn die zwei Reitknechte, rissen ihm halb den Bart aus und traten nach seinem feisten Bäuchlein. Derweil brachten sich die Mönche schnell in Sicherheit und schlugen in der Ferne das Kreuzzeichen.
Don Quichotte verneigte sich vor der Dame in der Kutsche und sprach: „Ich habe mein Leben gewagt, um euch aus den Klauen dieser bösen Zauberer zu befreien. Reitet also zurück nach Toboso und berichtet meiner Herrin Dulzinea von dieser Heldentat.“
Als der Kammerdiener der Adeligen hörte, dass sie auf halbem Weg kehrtmachen sollten wegen eines Verrückten, wurde ihm die Sache zu dumm: Er packte ein Kissen, hielt es sich vors Gesicht und drang auf den rasenden Ritter ein. Hin und her hauten sie. Das Kissen war schon zerfetzt, die Gänsefedern stoben durch die Luft, da barst Don Quichottes Helm: Ein Stück von seinem Ohr flog davon und das herabtropfende Blut färbte die Federn rot.
Doch er wäre nicht Don Quichotte gewesen, hätte er jetzt aufgegeben. Die Schmerzen spornten ihn erst so richtig an. Schlag um Schlag hagelte auf den Kammerdiener, bis dieser vom Pferd fiel und um Gnade flehte. Die Reisegesellen mussten versprechen, nach Toboso zu reiten. Eilig machten sie sich davon. Natürlich ritten sie nicht in Richtung Toboso – den Namen des Dorfes hatte sowieso noch keiner von ihnen gehört. Stattdessen zogen sie weiter nach Sevilla, wo sie von Anfang an hingewollt hatten.
Erschöpft und blutend blieb der Mann aus der Mancha mit seinem geknickten Diener zurück. Sancho verband ihm das Ohr und hörte nicht auf, über den Verlust zu jammern. Gleichmütig zückte Don Quichotte die Achseln: „Hätte ich nur etwas von dem Balsam des Fierabras, dann könnte man das Ohr wieder anpappen.“
Sancho fragte, woraus denn dieses Wundermittel bestehe, doch sein Herr wollte ihm das Rezept nicht verraten. In den folgenden Tagen und Wochen sollte es der Diener noch oft bedauern, dass sie kein Fläschchen mit dem Zaubertrank zu Hand hatten. Denn Schläge bekamen sie an jeder Ecke und vom Ritterleben hatte der brave Bauer bald die Nase voll.