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Buddenbrooks-Achter Teil-Neuntes Kapitel

时间:2022-04-02来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Achter Teil
Frau Permaneder ging die Breite Straße entlang, sie ging in großer Eile. Etwas Aufgelöstes lag in ihrer Haltung, und nur flüchtig war mit Schultern und Haupt die majestätische Würde angedeutet, die sonst auf der Straße ihre Gestalt umgab. Bedrängt, gehetzt und in höchster Eile, hatte sie gleichsam nur ein wenig davon zusammengerafft, wie ein geschlagener König den Rest seiner Truppen an sich zieht, um sich mit ihm in die Arme der Flucht zu werfen …
 
Ach, sie sah nicht gut aus! Ihre Oberlippe, diese etwas hervorstehende und gewölbte Oberlippe, die ehemals dazu beigetragen hatte, ihr Gesicht so hübsch zu machen, bebte jetzt, ihre Augen waren angstvoll vergrößert und blickten mit einem exaltierten Zwinkern, gleichsam vorwärts hastend, geradeaus … ihre Frisur kam sichtlich zerzaust unter dem Kapotthut hervor, und ihr Antlitz zeigte jene mattgelbliche Färbung, die es annahm, wenn der Zustand ihres Magens sich verschlechterte.
 
Ja, es stand schlecht um ihren Magen in dieser Zeit; an den Donnerstagen konnte die gesamte Familie die Verschlimmerung beobachten. Wie man die Klippe zu vermeiden suchte – das Gespräch strandete an dem Prozeß Hugo Weinschenks, Frau Permaneder selbst führte es unwiderstehlich darauf zu; und dann begann sie zu fragen, Gott und alle Welt furchtbar erregt um Antwort anzugehen, wie es möglich sei, daß Staatsanwalt Moritz Hagenström nachts ruhig schlafen könne! Sie begriff es nicht, sie würde es niemals fassen … und dabei wuchs ihre Aufregung bei jedem Worte. »Ich danke, ich esse nichts«, sagte sie und schob alles von sich, indem sie die Schultern erhob, den Kopf zurücklegte und sich einsam auf die Höhe ihrer Entrüstung zurückzog, um nichts als Bier zu sich zu nehmen, kaltes, bayerisches Bier, das sie seit der Zeit ihrer Münchener Ehe zu trinken gewöhnt war, in ihren leeren Magen hinabzugießen, dessen Nerven in Aufruhr waren, und der sich bitter rächte. Denn gegen Ende der Mahlzeit mußte sie sich erheben, in den Garten oder den Hof hinuntergehen und dort, gestützt auf Ida Jungmann oder Riekchen Severin, die fürchterlichsten Übelkeiten erdulden. Ihr Magen entledigte sich seines Inhaltes und fuhr dann fort, sich qualvoll zusammenzuziehen, um in diesem Krampfzustande minutenlang zu verharren; unfähig, noch etwas von sich zu geben, würgte und litt sie so lange Zeit …
 
Es war etwa 3 Uhr nachmittags, ein windiger, regnerischer Januartag. Als Frau Permaneder zur Ecke der Fischergrube gelangt war, bog sie ein und eilte die abschüssige Straße hinunter und in das Haus ihres Bruders. Nach hastigem Klopfen trat sie vom Flur aus in das Kontor, ließ ihren Blick über die Pulte hin zu dem Fensterplatz des Senators fliegen und machte eine so bittende Kopfbewegung, daß Thomas Buddenbrook unverzüglich die Feder beiseite legte und ihr entgegenging.
 
»Nun?« fragte er, indem er eine Braue emporzog …
 
»Einen Augenblick, Thomas … etwas Dringendes … es duldet keinen Aufschub …«
 
Er öffnete ihr die gepolsterte Tür zu seinem Privatbüro, zog sie hinter sich zu, als sie beide eingetreten waren, und sah seine Schwester fragend an.
 
»Tom«, sagte sie mit wankender Stimme und rang die Hände in ihrer Pelzmuff, »du mußt es hergeben … vorläufig auslegen … du mußt sie, bitte, stellen, die Kaution … Wir haben sie nicht … Woher sollten wir jetzt fünfundzwanzigtausend Kurantmark nehmen?… Du wirst sie voll und ganz zurückbekommen … ach, wohl nur zu bald … du verstehst … es ist eingetreten, daß … kurz, der Prozeß ist auf dem Punkte, daß Hagenström sofortige Verhaftung oder eine Kaution von fünfundzwanzigtausend Kurantmark beantragt hat. Und Weinschenk gibt dir sein Ehrenwort, an Ort und Stelle zu bleiben …«
 
»Ist es wirklich so weit gekommen«, sagte der Senator kopfschüttelnd.
 
»Ja, dahin haben sie es gebracht, die Schurken, die Elenden …!« Und mit einem Aufschluchzen ohnmächtigen Zornes sank Frau Permaneder in den mit Wachstuch überzogenen Sessel, der neben ihr stand. »Und sie werden es noch weiterbringen, Tom, sie werden es bis ans Ende führen …«
 
»Tony«, sagte er und setzte sich schräg vor den Mahagonischreibtisch, schlug ein Bein über das andere und stützte den Kopf in die Hand … »Sprich aufrichtig, glaubst du noch an seine Unschuld?«
 
Sie schluchzte ein paarmal und antwortete dann leise und verzweifelt: »Ach, nein, Tom … Wie könnte ich das wohl? Gerade ich, die soviel Böses erleben mußte? Ich habe es von Anfang an nicht recht gekonnt, obgleich ich mich so ehrlich bemüht habe. Das Leben, weißt du, macht es einem so furchtbar schwer, an die Unschuld irgendeines Menschen zu glauben … Ach nein, mich haben schon seit langem Zweifel an seinem guten Gewissen gequält, und Erika selbst … sie ist irre an ihm geworden … sie hat es mir mit Weinen gestanden … irre an ihm geworden durch sein Betragen zu Hause. Wir haben natürlich geschwiegen … Seine Außenseite wurde immer rauher … und dabei verlangte er immer strenger, daß Erika heiter sein und seine Sorgen zerstreuen sollte und zerschlug Geschirr, wenn sie ernst war. Du weißt nicht, wie es war, wenn er sich spät abends noch stundenlang mit seinen Akten einschloß … und wenn man klopfte, so hörte man, wie er aufsprang und rief: ›Wer ist da! Was ist da!‹ …«
 
Sie schwiegen.
 
»Aber möge er doch schuldig sein! Möge er sich doch vergangen haben!« begann Frau Permaneder aufs neue, und hierbei schwoll ihre Stimme an. »Er hat nicht für seine Tasche gearbeitet, sondern für die der Gesellschaft; und dann … Herr du mein Gott, es gibt doch Rücksichten zu beobachten in diesem Leben, Tom! Er hat nun einmal in unsere Familie hineingeheiratet … er gehört nun einmal zu uns … Man kann einen von uns doch nicht ins Gefängnis sperren, grundgütiger Himmel!…«
 
Er zuckte die Achseln.
 
»Du zuckst die Achseln, Tom … Du bist also willens, es zu dulden, es hinzunehmen, daß dieses Geschmeiß sich erfrecht, der Sache die Krone aufzusetzen? Man muß doch irgend etwas tun! Er darf doch nicht verurteilt werden!… Du bist doch des Bürgermeisters rechte Hand … mein Gott, kann der Senat ihn denn nicht sofort begnadigen?… Ich will dir sagen … eben, bevor ich zu dir kam, war ich im Begriffe, zu Cremer zu gehen und ihn auf alle Weise anzuflehen, er möge intervenieren, möge in die Sache eingreifen … Er ist Polizeichef …«
 
»Oh, Kind, was für Torheiten.«
 
»Torheiten, Tom? – Und Erika? Und das Kind?« sagte sie und hob ihm flehend die Muff entgegen, in der ihre beiden Hände steckten. Dann schwieg sie einen Augenblick und ließ die Arme sinken; ihr Mund verbreiterte sich, ihr Kinn, das sich kraus zusammenzog, geriet in zitternde Bewegung, und während unter ihren gesenkten Lidern zwei große Tränen hervorquollen, fügte sie ganz leise hinzu: »Und ich …?«
 
»Oh, Tony, Courage!« sagte der Senator, und gerührt und ergriffen von ihrer Hilflosigkeit rückte er ihr nahe, um ihr tröstend das Haar zurückzustreichen. »Noch ist nicht aller Tage Abend. Noch ist er ja nicht verurteilt. Es kann ja alles gut gehen. Jetzt stelle ich erst einmal die Kaution, ich sage natürlich nicht nein dazu. Und dann ist Breslauer ja ein schlauer Mensch …«
 
Sie schüttelte weinend den Kopf.
 
»Nein, Tom, es wird nicht gut gehen, ich glaube nicht daran. Sie werden ihn verurteilen und einstecken, und dann kommt eine schwere Zeit für Erika und das Kind und mich. Ihre Mitgift ist nicht mehr da, sie steckt in der Ausstattung, in den Möbeln und den Bildern … und beim Verkaufe bekommt man kaum ein Viertel heraus … Und das Gehalt haben wir immer verbraucht … Weinschenk hat nichts zurückgelegt. Wir werden wieder zu Mutter ziehen, wenn sie es erlaubt, bis er wieder auf freiem Fuße ist … und dann wird es beinahe noch schlimmer, denn wohin dann mit ihm und uns?… Wir können einfach auf den Steinen sitzen«, sagte sie schluchzend.
 
»Auf den Steinen?«
 
»Nun ja, das ist eine Redewendung … eine bildliche … Ach nein, es wird nicht gut gehen. Auf mich ist zu vieles herabgekommen … ich weiß nicht, womit ich es verdient habe … aber ich kann nicht mehr hoffen. Nun wird es Erika ergehen, wie es mir mit Grünlich und Permaneder ergangen ist … Aber jetzt kannst du es sehen, jetzt kannst du es aus nächster Nähe beurteilen, wie es ist, wie es kommt, wie es über einen hereinbricht! Kann man nun etwas dafür? Tom, ich bitte dich, kann man nun etwas dafür!« wiederholte sie und nickte ihm trostlos fragend, mit großen, tränenvollen Augen zu. »Alles ist fehlgeschlagen und hat sich zum Unglück gewandt, was ich unternommen habe … Und ich habe so gute Absichten gehabt, Gott weiß es!… Ich habe immer so innig gewünscht, es zu etwas zu bringen im Leben und ein bißchen Ehre einzulegen … Nun bricht auch dies zusammen. So muß es enden … Das Letzte …«
 
Und an seinen Arm gelehnt, den er besänftigend um sie gelegt hatte, weinte sie über ihr verfehltes Leben, in dem nun die letzten Hoffnungen erloschen waren.
 
*
 
Eine Woche später ward Direktor Hugo Weinschenk zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und einem halben verurteilt und sofort in Haft genommen.
 
Der Andrang zu der Sitzung, welche die Plaidoyers gebracht hatte, war sehr groß gewesen, und Rechtsanwalt Doktor Breslauer aus Berlin hatte geredet, wie man niemals einen Menschen hatte reden hören. Der Makler Sigismund Gosch ging wochenlang zischend vor Begeisterung über diese Ironie, dieses Pathos, diese Rührung umher, und Christian Buddenbrook, der ebenfalls zugegen gewesen war, stellte sich im Klub hinter einen Tisch, legte ein Paket Zeitungen als Akten vor sich hin und lieferte eine vollendete Kopie des Verteidigers. Übrigens erklärte er zu Hause, die Jurisprudenz sei der schönste Beruf, ja, das wäre ein Beruf für ihn gewesen … Selbst Staatsanwalt Doktor Hagenström, der ja ein Schöngeist war, tat private Äußerungen, die dahin gingen, daß Breslauers Rede ihm einen wirklichen Genuß bereitet habe. Aber das Talent des berühmten Advokaten hatte nicht gehindert, daß die Juristen der Stadt ihm auf die Schulter geklopft und ihm in aller Bonhomie mitgeteilt hatten, sie ließen sich nichts weis machen …
 
Dann, nachdem die Verkäufe, die nach des Direktors Verschwinden notwendig wurden, beendet waren, begann man in der Stadt Hugo Weinschenk zu vergessen. Aber die Damen Buddenbrook aus der Breiten Straße bekannten nun Donnerstags an der Familientafel: sofort, beim ersten Anblicke dieses Mannes hätten sie es ihm an den Augen angesehen, daß mit ihm nicht alles in Ordnung sei, daß sein Charakter voller Makel sein müsse, und daß es kein gutes Ende mit ihm nehmen werde. Rücksichten, die nicht lieber außer acht gelassen zu haben sie jetzt bedauerten, hätten sie veranlaßt, über diese traurige Erkenntnis Stillschweigen zu beobachten. 
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