Benzolreihe. Die wichtigeren1, besonders die niedrigeren1 Glieder der Benzolreihe findet man in dem2 durch trockene Destillation der Steinkohlen behufs der Leuchtgasbereitung entstehenden Steinkohlenteer, zum Teil auch im Steinkohlenleuchtgas selbst, und benutzt beide Produkte zu ihrer Fabrikation, die in grossem Massstabe betrieben wird, und darauf beruht3, dass man den Kohlenteer der fraktionierten Destillation unterwirft und die Produkte nach4 ihren Siedpunkten trennt und durch verschiedene Manipulationen reinigt. In neuerer Zeit werden auch beträchtliche Mengen von Benzol und Homologen (Toluol, Xylol, Cumol etc.)[Pg 95] aus dem Gase der Koksöfen gewonnen. Bei diesem Prozess entstehen bedeutende Mengen von Gas, welches durch geeignete, mit schweren Teerölen beschickte5 Absorptionsapparate geleitet wird, wobei das Teeröl das im Gas enthaltene Benzol samt Homologen zurückhält. Durch Einblasen von gespanntem Wasserdampf entzieht man dem vorher erhitzten Oel das absorbierte Benzol wieder, da letzteres mit Wasserdämpfen leicht flüchtig ist. Die Kohlenwasserstoffe der Benzolreihe6 lassen sich unter dem Einflusse verschiedener chemischer Agentien leicht in unbegrenzt viele neue Verbindungen überführen. Mit Chlor, Brom und Jod geben sie Additions- oder Substitutionsprodukte, mit konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure Nitroderivate, in welchen ein oder mehrere Wasserstoffatome durch die Gruppe NO2 ersetzt7 sind. Bei der Einwirkung von konzentrierter oder von rauchender Schwefelsäure bilden sich Sulfosäuren8: hier wird ein Wasserstoffatom, oder auch mehrere, durch die Gruppe SO3H ersetzt. Diese Kohlenwasserstoffe sind infolgedessen nicht allein in wissenschaftlicher Hinsicht höchst interessant, sondern, da mehrere der aus ihnen darstellbaren Körper eine bedeutende technische9 Anwendung gefunden haben, zugleich auch von grosser praktischer Wichtigkeit. Ganz besonders gilt10 dies vom Benzol C6H6.
Das Benzol ist eine farblose, sehr lichtbrechende, leicht bewegliche Flüssigkeit von eigentümlichem, nicht sehr unangenehmem Geruch, von 0,89 Dichte, und dadurch ausgezeichnet, dass es bei 0° zu einer blätterig11 krystallinischen Masse oder zu rhombischen Prismen erstarrt. In Wasser ist es unlöslich, lässt sich dagegen mit Alkohol, Aether, ätherischen Oelen etc. in jedem Verhältnisse mischen und ist ein vorzügliches Lösungsmittel für alle Fette, für[Pg 96] Asphalt, Kautschuk, Guttapercha und viele andere Stoffe. Es ist leicht entzündlich und brennt mit hellleuchtender, russender12 Flamme.
Bringt man Benzol unter Kühlung mit möglichst konzentrierter, von niederen Stickstoffoxyden freier Salpetersäure zusammen, so wird es glatt13 in Nitrobenzol C6H5(NO2) verwandelt. Nach Zusatz von Wasser scheidet sich das entstandene14 Nitrobenzol als schwere Flüssigkeit ab, wird gesammelt und mit Wasser gewaschen.