Was ins Wasser fällt, das ist weg – für immer! Von wegen! Eine Sandale aus der Steinzeit hat am Grund des Bodensees gelegen und zwar fast 5000 Jahre lang. Und dann ist sie von Archäologen wiederentdeckt worden: am 10. März 2009. Sogar die Schuhgröße war noch zu erkennen: 36! Autorin: Anja Mösing
Vielleicht war es damals einfach…Pech?
Also, vielleicht ist damals jemand aus seinem Einbaum so…ausgestiegen und dabei hat sich einfach eins der Bast-Riemchen gelöst? Und vielleicht war in diesem Moment was anderes einfach viel wichtiger? Die Fische in der Reuse zum Beispiel! Die sollten auf gar keinen Fall zurück ins Wasser purzeln! Die sollten vielleicht hochgebracht werden. Also hoch ins Haus! Und dabei haben sich die Bindebänder aus Bast gelöst und die Sandale ist komplett im See gelandet.
Einfach so.
Plumps
Das ist bestimmt immer wieder mal passiert, dass denen da was runterfiel. Ins Wasser! War halt der Preis, wenn man in so einem schicken Holzhaus wohnen wollte: Direkt im See! Also, über dem See natürlich. In einem Pfahlbau! Das komplette Steinzeit-Haus war ja auf lauter Pfählen aufgesockelt.
Also auf Baumstämmen. Die wurden von den Bewohnern in den weichen Seeboden gerammt. Und oben drüber bauten sie dann ihr Haus. Auch aus Holz. Und alle Häuser vom Dorf waren über dem See mit Plankenwegen auf Stegen verbunden.
Hoch hinaus und trockene Füße
Enorm clevere Steinzeit-Idee eigentlich! Denn im Pfahlbau war man raus aus dem Verhau vom Wald mit all seinen wilden Tieren und so. Hatte freie Sicht über den See und konnte gleich mal schön vom Haus direkt losfahren: Im Einbaum, oder auf einem Floß. Landstraßen gab es da ja noch lange nicht, so um 3000 vor Christus. Da war eine Hütte im See natürlich das Beste, was man haben konnte! Also auch verkehrstechnisch!
Von wegen Wasserstraßen und so. Da war so ein riesiger See wie der Bodensee ja praktisch ein Verkehrs-Knotenpunkt: Mit all den Zuflüssen und Abflüssen. Und dann noch das ewig lange Seeufer! Eigentlich logisch, dass es am Bodensee so angesagt war, im Wasser zu bauen von der Steinzeit an über die ganze Bronze- und Eisenzeit noch! Sogar ganz rum um die Alpen wurde so gewohnt: In Pfahlbau-Dörfern direkt im Seeufer.
Naja, jedenfalls: was ins Wasser fiel, ist weggetrieben oder untergegangen. Das war dann: Pech!
Auf jeden Fall ist eine Sandale um das Jahr 2.900 vor Christus irgendwie in den Bodensee geraten und dann bis zum Grund runter gesunken. Gar nicht mal so weit vom Ufer entfernt. Und da lag sie dann: Zirka 5000 Jahre lang!
Die Sandale war da unten am Seegrund gut abgedeckt von immer mehr weichem Sediment über sich. Sediment aus all den organischen Dingen, die den Bewohnern der Pfahlbauten über Jahrhunderte und Jahrtausende zufällig oder absichtlich auf den Grund des Bodensees gerieselt sind. Auch kleinste Teilchen von Tieren und Pflanzen rundherum. Kein Sauerstoff und keine Bakterien kamen ran, um die Sandale zu zersetzen. Die war perfekt archiviert!
Erst am 10. März 2009 hat ein Unterwasser-Archäologe die kleine Sandale im Seegrund entdeckt: in der Flachwasser-Zone bei Sipplingen. Er hat sie vorsichtig geborgen und gleich mal gesehen: ungefähr Schuhgröße 36!
Fast vollständig erhalten und aus Gehölzbast gemacht.
Ein bisschen erinnert sie ja an diese Sommerschuhe, die Espandrilles. Denn die Sohle von der Steinzeit-Sandale ist aus gedrehten Schnüren geflochten. Nur die Schnüre zum Festmachen am Knöchel, die fehlten.