Gerechtigkeit für die Welt, ein Ende der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Mit hohen Zielen treten die Richter am Internationalen Strafgerichtshof ihren Dienst an. Und müssen erst mal Schreibtische aufbauen und Umzugskisten schleppen. Autorin: Yvonne Maier
Ein Hort der Gerechtigkeit für alle Welt muss nicht hübsch sein, sondern vor allem zweckmäßig. Also begann im Jahr 2002 eine kleine Vorhut, im 15. Stock eines kargen Bürogebäudes in der niederländischen Verwaltungsstadt Den Haag, Büros herzurichten, Computer anzuschließen und Schreibtische zu verteilen. Kein Hinweisschild verriet, dass hier der ständige Internationale Strafgerichtshof seine Heimat gefunden hatte.
Wer gegen wen und wann warum?
Über 120 Staaten haben sich mittlerweile dem Statut des Strafgerichtshofs unterworfen, unter ihnen die gesamte Europäische unio. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Genozide und Aggressionskriege sollen hier geahndet werden.
So etwas gab es noch nie, die Weltgemeinschaft hatte vorher nur internationale Sondergerichte installiert - zum Beispiel in Jugoslawien oder Ruanda. Jahrelang wurde debattiert, wie ein solcher ständiger Internationaler Strafgerichtshof denn nun auszusehen hätte.
Manche wünschten sich in den 1990er Jahren dass so auch die NATO-Angriffe auf Jugoslawien noch ins Visier genommen werden könnten, doch das klappte nicht, die Verhandlungen dauerten zu lange. Rückwirkend durften die Richter,
die am 11. März 2003 vereidigt wurden, nicht aktiv werden. Und selbst wenn, in den ersten Monaten waren die mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Sie mussten den Strafgerichtshof überhaupt erst mal zum Laufen bringen. Das fing an bei der Frage: Welche Kompetenzen haben die Ankläger eigentlich? Und wie sieht das mit der Pensionskasse für die Angestellten aus? Und als die Arbeit dann endlich losging, waren die Richter auf die Kooperation der Weltgemeinschaft angewiesen. Denn eigene Polizisten haben sie nicht, um mögliche Menschenrechtsverletzer zur Strecke zu bringen. Wer nicht ausgeliefert wird, oder sich selbst stellt, landet nicht in Den Haag.
Endlich wird geurteilt
So sollte es auch knapp zehn Jahre dauern, bis der Internationale Strafgerichtshof sein erstes Urteil sprechen würde. Im Jahr 2012 wurde der ehemalige Milizenführer Thomas Lubanga zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte in der Demokratischen Republik Kongo Kindersoldaten rekrutiert. So langsam kam Fahrt in die Prozesse, nur zwei Jahre später verurteilten die Richter Germain Katanga zu zwölf Jahren Gefängnis wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ihm konnte ein Massaker in einem Dorf in der Demokratischen Republik Kongo nachgewiesen werden.
Die meisten der Angeklagten kommen übrigens aus afrikanischen Ländern, was dem Internationalen Strafgerichtshof den Vorwurf eingebracht hat, einen verengten Blick auf Afrika zu werfen, und mächtige Industrienationen des Westens zu ignorieren, zum Beispiel die USA oder andere NATO-Staaten.
Das Problem: Die USA kann man nicht so einfach vor dem Internationalen Strafgerichtshof anklagen. Ursprünglich waren sie dabei, doch George W. Bush hat die Unterschrift unter das entsprechende Statut rasch zurückgezogen.
Der Präsident trug Sorge, dass US-Soldatinnen und Soldaten, die in aller Welt in Militäreinsätze verwickelt sind, aus Rache an den Vereinigten Staaten zu Unrecht angeklagt werden könnten. Darüber hinaus haben die USA zahlreiche bilaterale Verträge abgeschlossen, um zu verhindern, dass US-Amerikaner an den Internationalen Strafgerichtshof ausgeliefert werden können. Bis im Hochhaus in Den Haag also ein wirkliches Weltgericht tagt, wird es wohl noch eine Weile dauern.