Vom Hauptbahnhof zum Flughafen wollte bereits mancher schneller kommen, bloß mangelte es an passendem Transportgerät. Dabei hätten wir Deutschen die Magnetschwebebahn schon längst auf die Schienen gesetzt. Autor: Herbert Becker
Wir nehmen heute durch: Die technischen Entwicklungen im letzten halben Jahrhundert, dargestellt an ausgewählten Beispielen und unter besonderer Berücksichtigung der geoökonomischen und psychosozialen Gegebenheiten.
Das war nämlich so: In den 50er und den frühen 60er Jahren gab es bei uns zwei verschiedene Sorten Ferngläser zu kaufen. Die einen waren in Deutschland hergestellt; das waren die guten: Leute, die es im Zuge des Wirtschaftswunders zu etwas gebracht hatten, schenkten sie sich gegenseitig zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Die anderen kamen aus Japan. Wenn sie überhaupt verschenkt wurden, dann an Buben, die mit ihrer Pfadfindergruppe ins Zeltlager fuhren; dauerte das Zeltlager länger als eine Woche, war das Fernglas hinterher kaputt. Der Japaner, hieß es, ist zwar fleißig, bloß: außer Plastikgelump produzieren kann er nichts.
Nur Plastikgelump
Aber dann verlagert sich dieser Japaner quasi von einem Tag auf den anderen und ohne, dass man es hierzulande gleich gemerkt hätte, von der Leicht- auf die Großindustrie. Fängt an, Autos, Elektrogeräte, Maschinen und solche Sachen zu bauen - und zwar nicht mehr das Billigzeug von früher! Eine Zeitlang hat man sich bei uns die Augen gerieben, aber spätestens in den 70ern konnte man beim besten Willen nicht mehr darüber hinweg sehen, dass Japan ein Industrieland war - hochentwickelt und in technologischer Hinsicht ganz vorn mit dabei.
Kein Gelumpe, weil Klau!
Ah ja, klar, hat man gesagt: weil die alles klauen! Beispiel: Magnetschwebebahn. Wir erfinden so was, und die kupfern es ab. Tatsache. Schon 1922 - im Deutschen Reich! - haben wir uns mit magnetischem Schweben beschäftigt. War bloß wegen des Zweiten Weltkriegs, dass es da nicht weiter vorwärts ging.
Aber dann, in den 60er Jahren, wurde wieder geforscht - und am 6. Mai 1971 ließ die Firma Messerschmitt Bölkow Blohm auf ihrer Versuchsstrecke in Ottobrunn bei München eine Magnetschwebebahn fahren. Die erste der Welt! Im selben Jahr zog Krauss-Maffei mit dem Transrapid nach. Und gut zehn Jahre danach brachte die Deutsche Bundespost eine Dreihundert-Pfennig-Briefmarke mit einer Magnetschwebebahn heraus. Dreihundert!
Aber seitdem... also, seitdem hat es mit den Erfolgsmeldungen auf diesem Sektor ziemlich nachgelassen. Hier. In Japan nicht. Da bauen sie inzwischen an einer 286 Kilometer langen Magnetschwebebahn-Strecke, über die die Züge mit einer Geschwindigkeit von mehr als 500 Ka-Em-Ha rauschen sollen. Noch schlimmer:
In Shanghai - also in China! - verkehrt schon seit Jahren eine Magnetbahn, die Tag für Tag Tausende von Passagieren befördert. Ein Fahrzeug, das in seiner Gänze im Reich der Mitte hergestellt worden ist! Wo es die Chinesen in den 50er Jahren noch nicht einmal fertig gebracht haben, den deutschen Markt mit so Billigprodukten zu beliefern wie die Japaner.