Karl von Frisch fand heraus, dass Fische hören und wie Bienen tanzen. Der "Vater der Bienen" , geboren am 20. November 1886, erhielt für seine Arbeit den "Nobelpreis für Physiologie oder Medizin".
Manches im Leben muss man einfach widerlegen. Da könnte ja sonst jeder kommen und behaupten, dass ... zum Beispiel, dass Fische taub sind. Anfang der 1920er-Jahre will das ein renommierter Ohrenexperte in Rostock beweisen. Sein Versuchsaufbau ist simpel: Der Mann der Wissenschaft setzt einen Zwergwels in ein Aquarium, stellt eine Opernsängerin davor und lässt sie losschmettern. Dem Tier sind die Arien einerlei, jedenfalls zeigt es keine Reaktion. Fazit des Forschers: Fische können nicht hören.
Bienen-Dresseur
Abwarten sagt da sein neuer Kollege. Karl von Frisch hat eben erst den Ruf an die Universität Rostock angenommen. Die gilt als jung, innovativ - und gut bezahlend. Frischs Frau überzeugt das nicht. Er hätte sie vorher fragen sollen! Aber für sie und die vier Kinder bleibt nie viel Zeit. Der Vater ist Vollblutforscher. Geboren am 20. November 1886 in Wien hat Ritter Karl von Frisch schließlich nichts anderes gelernt als Wissenschaft. Der Papá und die drei älteren Brüder sind Hochschullehrer, die Onkel auch und die Großväter waren es genauso. Den kleinen Karl interessiert die Fauna querbeet.
Zur Jahrhundertwende hält der Junge in seinem Tagebuch fest: "Hatte bereits 170 verschiedene Tierarten in Pflege!" Zehn Jahre später ist er Doktor der Biologie. Sein Thema: Die Farbanpassung der Fische an den jeweiligen Untergrund. Die Note: Ganz knapp nur ein "rite", ein "ausreichend". Noch scheint die Fachwelt nicht reif zu sein für zoologische Ansätze, die auf das Verhalten von Tieren abstellen, nicht wie bisher vor allem auf Morphologie und Anatomie. Der eben Promivierte geht nach München - am Zoologischen Institut dort ist man fortschrittlicher als in Wien.
Vom Farbensehen der Fische kommt Frisch zum Farbensehen der Bienen.
Bei den Bienen wird er bleiben. Er entschlüsselt ihren Geruchs- und Orientierungssinn, entdeckt ihre Innere Uhr, versteht in unzähligen Dressurversuchen ihre Tanzsprache. Frisch klärt, wann welche Biene im Stock welche Arbeitsposition einnimmt und prüft, wie alte Arbeiterinnen es schaffen, wieder zur Jungbiene zu werden. 1963 erhält er den Nobelpreis zusammen mit Konrad Lorenz und Nicolaas Tinbergen.
Als einer der bedeutendsten Verhaltensforscher zieht er in jedes Biologie-Schulbuch ein. Dichtes weißes Haar, schmales Gesicht, runde Brillengläser, dahinter ein verschmitztes Lächeln: Der "Vater der Bienen".
Xaverl flitzt
Aber Stopp: Frisch hat den Nobelpreis auch für seine Fischverhaltensexperimente dereinst bekommen. Vor lauter Bienen vergisst man die leicht. Damit noch einmal zurück an den Anfang der 1920er-Jahre, nach Rostock an die Universität und zu dem Forscher-Kollegen, der behauptet: Fische seien taub, weil die Tiere Opernsängerinnen ignorieren. Frisch besorgt sich also selber ein Aquarium plus Zwergwels und setzt den in eine Röhre. Mit kleinen Würmchen lockt er Xaverl. So nennt er den Wels. Vor jedem Wurm erfolgt ein Pfiff. Nach drei Tagen hat Xaverl verstanden: Beim Pfeifton ist angerichtet. Frisch bittet nun seinen Konkurrenten zu sich ins Labor, postiert sich in einer Ecke und pfeift. Xaverl flitzt - hab Acht - aus seiner Röhre! Kolportiertes Zitat des widerlegten Ohrenexperten daraufhin: "Wahrhaftig, er hört!" Frisch freut´s. Überhaupt ist ihm Entdeckerfreude die höchste Freude - denn manches muss man einfach mal widerlegen.