Der Militärmusik ein wenig mehr Gefühl einhauchen, das wollte Adolphe Sax – und erfand das Saxophon. Doch das wollte zunächst niemand haben. Weder Militär, noch sonst wer. Bis der Jazz ins Spiel kam. Autorin: Caroline Ebner
Billy Holiday sagte mal, sie würde nie einen Song zweimal singen. Was nicht nur etwas über ihre ungeheure Virtuosität und Sensibilität verrät, sondern auch etwas über das Genre, in dem sie sich bewegte. Den Jazz. Die Spontaneität, die Impulsivität, die fast rebellische Freiheit in Improvisation und Interpretation.
Er hat viele Größen hervorgebracht, der Jazz. Miles Davis, Duke Ellington, Ella Fitzgerald....und nicht nur das – er hat nebenbei auch einem Instrument zu verspätetem Ruhm verholfen: dem Saxophon.
Geschwungenes Klappending
Dieses wunderschön geschwungene Messingding mit den vielen Klappen, das umarmt werden muss, um gespielt zu werden... Sinnlich, samtig und voll im Klang, von ganz eigener Form und prächtigem Material und einer Spannbreite, die von menschlich anmutendem Aufjaulen bis zu smooth gehauchten Bassfrequenzen reicht.
Dies ist eine Liebeserklärung.
Eine Liebeserklärung an die Musik und an eines der wunderbarsten Instrumente, sie zu transportieren.
Seufz…
Doch Liebe trägt immer auch Tragik in sich. Der geniale Erfinder des Saxophons, Adolphe Sax, der es auf der Suche nach etwas Robustem zwischen Oboe und Klarinette, das er in der Militärmusik etablieren wollte, in der Instrumentenwerkstatt seines Vaters entwickelt hatte, bekam vom Siegeszug seines Instrumentes längst nichts mehr mit. Er hatte die Musik geliebt und in Brüssel studiert, war ausgebildeter Klarinettist, unermüdlicher Tüftler am Klang verschiedenster Instrumente und hatte bis zu seinem Tod ganze 30 davon zum Patent angemeldet, darunter am 21. März 1846 das Saxophon. Und doch starb er 1894 verarmt in Paris. Wenn das nicht Bluesverdächtig ist.
Es scheint, als sei die Welt, trotz tatkräftiger Unterstützung von Berlioz und einigen Sponsoren, noch nicht bereit gewesen. Die Konkurrenz fürchtete seine Neuerung so sehr, dass ihm von spionierenden Mitarbeitern über shitstormartige Pressekampagnen bis zu einem Verein, der gar gegen ihn gegründet wurde, Steine in Orchestergröße in den Weg gerollt wurden.
Ein knappes Jahrhundert später nur wäre er in den Roaring 20ies vermutlich als Klarinettist gefeiert worden- und auch finanziell in ungeahnte Höhen aufgestiegen. Die Patentrechte an seinem Saxophon gingen mit der Werkstatt seines Vaters an den Nachfolger Henri Selmer – dessen Logo heute noch auf jedem zweiten Saxophonkoffer prangt und dessen Company in die ganze Welt exportiert. Genies haben’s schwer im Geschäftsleben.
In die Militärmusik zumindest schaffte er es noch mit seinem Saxophon. Ein Ritterschlag von König Louis Philippe und Sieg in einem dafür eigens ausgerufenen musikalischen Wettstreit. Vielleicht hätte er ja später die Marschfreuden lässig gegen eine Bigband... oder eine Billy Holiday... getauscht. Das bleibt Spekulation, aber sympathischer Weise fand das Saxophon bei den Nazis als allzu moderner Transporteur der Negermusik ohnehin keinerlei Anklang. Wer weiß...vielleicht wäre ja mit Saxophonen der zweite Weltkrieg... nein, das führt jetzt zu weit.