Eigentlich wollte Antonius die Sarazenen missionieren, was kläglich misslang. Doch viele Christen seiner Zeit beeindruckte der redemächtige Armutsprediger tief. Autor: Christian Feldmann
Gemütlich in einem Nussbaum sitzend, soll er gepredigt haben - dort in der Nähe von Padua, wo heute noch das Kirchlein Sant‘ Antonio di Noce steht. Ein andermal, an der Adria-Küste von Rimini, hat ihm angeblich eine große Schar von Fischen zugehört, in Reih und Glied geordnet und mit geöffnetem Maul Gott lobend.
Satt und müde geworden
Und dann dieses bezaubernde Wunder mit dem Jesuskind, das ihm plötzlich aus dem Evangelienbuch entgegenlacht! In zahllosen Dorfkapellen und Kathedralen ist Antonius verewigt, wie er den kleinen Jesus zärtlich auf dem Arm schaukelt. Die Italiener lieben so etwas. Und sie vergöttern ihren Santo, "den Heiligen", wie sie ihn kurzerhand nennen. Wissen tun sie so wenig von ihm wie wir Nordländer.
Das beginnt schon beim Namen: Antonius von Padua war kein Italiener, sondern Portugiese; nach Padua kam er erst kurz vor seinem Tod. 1195 in Lissabon als Sohn vornehmer Eltern geboren, erhielt er eine gute Ausbildung bei den Augustiner-Chorherren, wechselte aber dann zu den armen Franziskanern, die damals gerade als Reformbewegung in einer satt und müde gewordenen Kirche emporwuchsen. Sein Versuch, die Sarazenen zu missionieren, misslang kläglich. Antonius wurde im heißen Klima Afrikas sterbenskrank, auf der Rückfahrt trieb sein Schiff bis nach Sizilien ab. Kleinlaut verkroch er sich dort in einer Einsiedelei, bis man mehr durch Zufall sein Redetalent entdeckte und Antonius zum Wanderprediger machte.
Wo er hinkam, liefen die Männer aus ihren Werkstätten und die Frauen aus der Küche; die Kirchen waren im Nu so überfüllt, dass Antonius oft genug unter freiem Himmel predigte. Es wird berichtet, die Menschen waren von seinen Worten so getroffen, dass erbitterte Feinde sich noch an Ort und Stelle versöhnten, Huren und Taschendiebe ihr Gewerbe aufgaben und Wucherer schluchzend ihren Profit zurückzahlten.
Mistkäfer und dreckiges Geld
Er muss vom Inhalt her schlicht, im Stil plastisch, bisweilen mit sarkastischer Ironie geredet haben. Geizhälse verglich er mit Mistkäfern, Karrieresüchtige mit Hunden, die nach einem Knochen schnappen. Antonius tadelte die Fixierung der Reichen auf ihr - wörtlich - "dreckiges Geld" und die Verkommenheit der machtverliebten Prälatenkirche.
Was auch die französischen und oberitalienischen "Ketzer" taten, jene radikalen Armutsprediger, gegen die man ihn ins Feld schickte. Antonius bekämpfte sie allerdings nicht wie üblich mit Terror und Einschüchterung, sondern durch das Beispiel seines armen Lebens. Er teilte ihre Ideale, ohne Papst und Bischöfen die Gemeinschaft aufzukündigen.
Später lehrte er in Toulouse und Montpellier, in Bologna und Padua, eine sehr spirituelle, im Evangelium verankerte Theologie. Seine Fastenpredigten, jeden Tag auf einem von Menschen überfüllten Platz gehalten, verwandelten das Leben einer ganzen Stadt. Heute noch ist die damals vorgenommene Reform des "Codice statuario repubblicano di Padova" in Kraft: Säumige Schuldner dürfen zwar gepfändet, aber nicht eingesperrt werden.