Ihre Methoden waren an Originalität und Absurdität kaum zu überbieten. Genau 40 Jahre lang schnüffelte die Stasi ihren DDR-Bürgerinnen und -Bürgern hinterher. Am 08.02.1950 wurde sie gegründet, am 8. Februar 1990 wurde sie aufgelöst. Autorin: Elke Endraß
Als die DDR 1990 unterging, war im Ministerium für Staatssicherheit die Hölle los. Das Volk, das sich jahrzehntelang an der Nase hatte herumführen lassen müssen, stürmte das monumentale Gebäude in der Berliner Normannenstraße. Die wütenden Demonstranten schleppten Zimmerpalmen aus den Diensträumen, durchwühlten Kontoauszüge und legten sogar dem Stasi-Offizier Jochen Timmermann eine Schlinge um den Hals. Aus einem Fenster im zweiten Stock flog Papier und Mobiliar auf die Straße.
Doch das, was wirklich wichtig war, ging an den Bürgerbewegten vorbei. Während sie den Versorgungstrakt plünderten und Haifischflossensuppe und Lachs an sich rissen, wurden in den entlegensten Räumen an die hundert Aktenfresser unermüdlich mit brisanten Unterlagen gefüttert. Am Ende funktionierte nur noch ein amerikanischer und ein japanischer Reißwolf; die anderen waren durchgebrannt. Am 8. Februar 1990 ordnete die letzte SED-Regierung unter Hans Modrow endlich die Auflösung der Stasi an. Auf den Tag genau 40 Jahre zuvor, nämlich am 8. Februar 1950, war sie gegründet worden.
Damals lag ein grauer, düsterer Morgen über der Spreestadt. Der wichtigste Tagesordnungspunkt, über den die selbst ernannten Vertreter in der so genannten “Volkskammer“ zu beraten hatten, lautete: “Gesetz über die Bildung eines Staatssicherheitsministeriums“. Er wurde kurz und schmerzlos abgehandelt. Die Abgeordneten waren sich einig, dass “ein notwendiges Instrument zum Schutze des Staates gegen feindliche Anschläge“ geschaffen werden müsse. Um die Sicherheit des Staates ging es dabei allerdings weniger; vielmehr um die Sicherheit der Partei, genauer gesagt: der SED. Ihr Leitstern war die Tscheka, die Lenin gegründet hatte.
Tschekisten nannten sich daher auch die Stasileute. Sie ließen sich von der Volkskammer die Gesetze machen, die sie brauchten. Erster Chef des neu geschaffenen Ministeriums wurde Wilhelm Zaisser.
Als ehemaliger Agent des russischen Geheimdienstes hatte er in der Bespitzelung seiner Mitmenschen gründlichste Erfahrungen sammeln können. So richtig professionell wurde der Apparat “Guck und Horch“ - wie er im Volksmund genannt wurde - jedoch erst unter Erich Mielke, der ihn von 1957 bis zur Wende voll im Griff hatte. Er schaffte den unglaublichen Spagat, die eigenen Landsleute zu überwachen, zu unterdrücken und sie gleichzeitig als Mitarbeiter zu gewinnen. 91 000 waren es am Ende offiziell. Aber mehr als 173 000 DDR-Bürger fungierten als inoffizielle Mitarbeiter. Selbst vor dem eigenen Ehepartner war man da nicht sicher. "Wir müssen alles wissen", forderte Mielke. Deshalb ließ er sogar Geruchsproben von Oppositionellen anlegen, die in luftdichten Schraubgläsern verwahrt wurden. Friedhofsgärtner fotografierten Verdächtige mit zu Kameras umgebauten Gießkannen. Die Stasi war auch dabei, wenn allabendlich das Licht in der Wohnung gelöscht wurde. Es gab kein Entrinnen.
Von Anfang an richtete die Stasi ihre krakenartigen Arme aber auch nach jenseits der Staatsgrenze aus. Ihr gelungenster Coup war zweifelsohne der Spion Günter Guillaume, der es sich seinerzeit bei Kanzler Brandt gemütlich machte. Heute ist der Schrecken, den die Stasi einst verbreitete, weitgehend verblasst. Von vielen wird der ehemalige DDR-Geheimdienst nur noch als 50er-Jahre-Kitsch belächelt; allerdings nur von jenen, die die systematische Zersetzung nicht am eigenen Leib erleben mussten.