Die Holländer sind schon rechte Flachlandtiroler. Aber wer sagt denn, dass es für Winterspaß Skisprungschanzen und Steilabfahrten bedarf? Sportlich kann man es auch per Schneeball austragen - sofern die Stadtverwaltung nichts dagegen hat.
Obwohl die Niederländer keine Berge haben, sind sie verrückt nach Wintersport. Klar, oben im Norden gibt es ja trotzdem Eis und Schnee. Und was macht man damit? Schneeballschlachten und Eislaufen zum Beispiel. Im Prinzip wird ja jeder Niederländer bis heute quasi mit Schlittschuhen an den Füßen geboren, das sieht man nicht nur alle vier Jahre bei den Olympischen Winterspielen.
Die Niederländer dominieren die ewige Medaillenliste der Eisschnellläufer mit einem komfortablen Vorsprung - mit fast doppelt so vielen Sportlern auf dem Treppchen wie die zweitplatzierte Nation. Vor allem in der Region um Amsterdam herum, wo es schön flach ist und es viel Wasser und Flüsse gibt, wird seit Jahrhunderten Schlittschuh gelaufen. Anfangs waren die aus einfachen Knochen hergestellt, doch seit mindestens 1225 gleiten die Holländer auf eisernen Kufen. Wahrscheinlich aber weniger zum Spaß als zur Arbeit. Denn im Mittelalter war das Schlittschuhlaufen zumindest im Winter für viele Menschen wohl mit die schnellste Möglichkeit, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Doch sie hatten natürlich auch ein bisschen Freude dabei - sneuw-pret - Spaß mit Schnee, Eis und Schneebällen zieht sich durch den niederländischen Alltag, aber auch durch die Kultur und die Malerei.
Gouda schlittert
In der Käse-Stadt Gouda zum Beispiel wurde lange Zeit regelmäßig die gesamte Stadt in ein Eislauf-Winter-Wunderland verwandelt. Klar, auf den Kanälen wurde Schlittschuh gelaufen, aber das hat den Winter-verrückten Bewohnern nicht gereicht. Menschen gossen kurzerhand bei Frost Wasser auf die Straßen, fertig war die Eisbahn vor der Haustür. 1690 wurde es der Gemeindeverwaltung dann zu toll und sie verpflichtete jeden, die Wege wieder frei zu räumen und den Kindern das Schlittschuhlaufen und Schlittenfahren zu verbieten. Blieb also nur Schlittschuhlaufen auf echten Wasserläufen: auf Kanälen in der Stadt oder entlang der Entwässerungskanäle der Felder und Polder - für einen Niederländer ist das auch perfekt. Und wenn es besonders lang kalt ist, dann wird das ganze Land nervös.
Denn es kündigt sich die Elfstädte-Tour an - ein Wettrennen auf Schlittschuhen, 200 Kilometer lang ist die Strecke, abgefahren werden elf Städte im Westen des Landes, alles auf Natureis. Die Tour der Touren - und nur, wenn alle zu befahrenden Gewässer gleichzeitig gut durchgefroren sind, wird der Startschuss gegeben. Ein Spektakel der ganz besonderen Art, Schaulustige aus den ganzen Niederlanden reisen an, an allen Ecken gibt es Imbissstände, an denen man traditionellerweise dicke, heiß-dampfende Erbsensuppe bekommt.
Tour de Ice
Weil die Elfstädte-Tour so wetterabhängig ist, findet sie manchmal 20 Jahre lang gar nicht statt. Das letzte Mal wäre es im Jahr 2011 fast so weit gewesen.
Doch dann wurde es kurz vor knapp wieder warm. Kein Eis zum Schlittschuhlaufen, keine Berge zum Skifahren, - selbst davon lassen sich die Niederländer ihren sneuw-pret nicht vermiesen. Denn es gibt ja noch Schneeballschlachten. Zumindest in Amsterdam. Und das muss im Jahr 1472 so überhand genommen haben, dass die Stadtverwaltung am 31. Dezember kurzerhand das Schneeballwerfen verboten hat. Allen Männern, Frauen und Mädchen. Kleine Buben waren von der Regelung ausgenommen worden. Absichtlich oder unabsichtlich? Wir wissen es nicht. Ob sich die Menschen daran gehalten haben? Wahrscheinlich nicht. Denn dazu sind die Niederländer zu schneeverrückt. Und das sehen wir ja auch jedes Jahr im Winter, wenn sie die Pisten in den Alpen unsicher machen.