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Vorläufiges Ende von Pinocchio(1027)

时间:2014-11-30来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Pinocchio
Pinocchio, der süße freche Pinocchio hängt im Baum? Basta? Die italienischen Leser konnten kaum fassen, dass die Fortsetzungsgeschichte am 27. Oktober 1881 tatsächlich vorbei sein sollte. Und rebellierten.
Die Italiener sind verrückt nach Pinocchio. Nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen, sogar die Gelehrten. Professoren suchen im Text nach den Spuren von Platon und Christus. Christologische Anklänge finden sie vor allem im 
15. Kapitel, als Pinocchio im Geäst der Großen Eiche aufgehängt wird, noch ein wenig zappelt und dann den Geist aufgibt. Ob Carlo Collodi, Pinocchios Erfinder, dabei an Jesus am Kreuz gedacht hat, ist ungewiss, ganz bestimmt aber hat er ans Geldverdienen gedacht.
 
Collodi - faul wie Pinocchio
Denn Pinocchio, einer der großen Kindermythen der Welt, war ursprünglich der Serienheld in einem Fortsetzungsroman für eine Florentiner Kinderzeitschrift. 
Ein journalistisches Produkt also, im späten 19. Jahrhundert ganz modern und neu. Zu jener Zeit rollte eine staatlich verordnete Alphabetisierungswelle samt Schulpflicht über Italien hinweg und schuf einen neuen Markt für Kinderliteratur, den Collodi bediente. Eigentlich war er ja Journalist und Komödienschreiber, aber wenn der Geldbeutel leer war, schrieb er eben Kinderromane. Doch am liebsten saß er müßig in den Cafés seines geliebten Florenz herum. Immer wieder musste der zuständige Redakteur um neue Pinocchio-Folgen betteln, denn Collodi war faul. Sein Pinocchio ist es auch. Der macht schon Faxen, als sein Väterchen Geppetto noch am Schnitzen ist, und läuft weg, als er in die Schule soll: verliebt ins Theater und ins Glücksspiel und in den Traum vom lockeren, lustvollen Leben, ganz wie der Autor.
 
Aber Strafe muss sein, und deshalb hängt Pinocchio im 15. Kapitel, erschienen am 27. Oktober 1881, im Baum. Und damit sollte Schluss sein mit der bambinata, mit der Kinderei. Collodi hatte keine Lust mehr. Aber die kleinen Leser weinten und protestierten. Sie liebten den Schlingel aus Holz. Er durfte nicht sterben! Und weil der Redakteur aus Geldgründen derselben Ansicht war, schrieb Collodi eben weiter. Eine gute Fee bringt Pinocchio ins Leben zurück, wird zum Leitstern seiner Erziehung und bemüht sich redlich, aber vergeblich, ihn zu bessern.
 
Erst als er im Bauch des Walfischs sein ebenfalls lebendig verspeistes Väterchen Geppetto wiedertrifft, gelingt die Läuterung. Die beiden fliehen und retten sich und Pinocchio beginnt wie ein Geistesgestörter zu arbeiten und Geld zu verdienen. Und dafür verwandelt ihn die hochzufriedene Fee endlich, endlich in einen richtigen Jungen, in einen Menschen.
 
Holzbub, steh‘ wieder auf!
Pinocchio ist ein Meisterwerk, das die Menschen nicht nur in Italien seit Generationen bewegt und das auch Disney und Konsorten nicht kleinkriegen können. Es erzählt in turbulenten, oft grotesken Szenen vom komplizierten Prozess der Sozialisation, der das wilde Wesen Kind zum nützlichen Mitglied der Gesellschaft macht: ein notwendiger und unvermeidlicher Vorgang, aber voller Schmerz und Gewalt und Verrat am spielerisch-spontanen Lebensgenuss. 
Als Pinocchio, der Junge aus Fleisch und Blut, auf der letzten Seite des Romans die leblose Puppe betrachtet, die einmal atmete und sich bewegte und er selber war, so sieht er, so sehen wir die untergegangenen Träume und Revolten der eigenen Kindheit, und man möchte lauthals rufen: Pinocchio, Holzbub, steh wieder auf. 
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