Das hätte Monsieur Clicquot auch nicht besser hinbekommen: Als er am 23.10.1805 stirbt, übernimmt seine Frau das Champagner-Unternehmen. Und macht den Schaumwein dank neuer Technik zum Lieblingsgetränk der Upperclass.
Anmutig oder liebreizend ist sie ja nicht gewesen. Und sie hatte auch gar keine Lust dazu. Auf dem bekannten Gemälde sitzt sie breit und bräsig in einem roten Polstersessel, kräuselt missmutig die verwelkten Lippen und taxiert den Betrachter mit eiskaltem Blick aus halb geschlossenen Augen. Fremd war ihr Geselligkeit;
das ewige Spiel von Eitelkeit, Gefallen und Putzsucht verhasst. Aber ausgerechnet diese Dame hat den Weltmarkt mit einem Produkt erobert, das heute noch das Symbol für alle Schicki-Mickis, Adabeis und Edelpartygänger ist. Denn Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin war die Grande Dame des Champagner.
"Wie lieb und luftig perlt die Blase"
Sie hatte eingeheiratet, in die Schaumwein-Kellerei Clicquot. Als aber ihr Mann am 23. Oktober 1805 stirbt, muss die junge Witwe allein die Führung des Hauses übernehmen - da ist sie erst 27 und hat keine kaufmännische Ausbildung, geschweige denn Ahnung vom Schaumwein. Mit Intuition und gesundem Menschenverstand fuchst sich die junge Dame jedoch in die Finessen des Geschäftes hinein und baut im Laufe der Jahrzehnte ein wahres Imperium auf:
Sie benennt den Champagner nach sich, eben der Witwe Clicquot, verpasst den Flaschen das gelbe Etikett mit ihrer Unterschrift, kauft jede Menge Weinberge, gründet eine eigene Bank und etabliert ein Netz von Vertretern, die durch ganz Europa reisen und das edle Getränk gezielt in besten Kreisen bewerben: an den Herrschaftshöfen. Sogar nach Sankt-Petersburg schickt sie 1814 ein Schiff mit perlender Last und erobert so den Markt des Zarenreiches. Champagner wird weltweit zum Inbegriff des Savoir-Vivre.
Vor allem aber verschafft Barbe-Nicole Clicquot dem Champagner eine zweite Geburtsstunde: Bis dato war er nämlich so trüb wie ein schnödes Hefeweißbier! Denn damit Schaumwein entsteht, wird dem vergorenen Rebensaft in der Flasche Zucker und Hefe zugesetzt: zur zweiten Gärung. Die findige Witwe entwickelt deshalb - gemeinsam mit ihrem schwäbischen Kellermeister Anton von Müller - ein bis heute übliches Verfahren, den Wein zu klären:
Dazu wird die waagrecht liegende Flasche über Wochen jeden Tag ein klein wenig gedreht und gleichzeitig langsam immer steiler mit dem Kopf nach unten gesenkt. So durchwölkt und durchwirkt die Hefe mehrmals gründlich den zartgelben Wein, bis sie sich schlussendlich unten im Hals der Flasche absetzt. Den vereist der Kellermeister, öffnet kurz den Verschluss, die kalte Hefe zischt heraus ... und in der Flasche bleibt perlklarer Champagner zurück!
... und wie erst klingelt dann die Kasse!
Bei der Haute-Volée hat die neue Optik durchschlagenden Erfolg, aber auch einfache Bürger gönnen sich Schampus zu ganz besonderen Gelegenheiten:
So schlürft Wilhelm Buschs "fromme Helene" auf ihrer Hochzeitsreise nach Heidelberg gemeinsam mit dem frisch Vermählten eine Bouteille des herrlichen Gesöffs. Wilhelm Busch vermerkt dazu: "Wie lieb und luftig perlt die Blase/ Der Witwe Klicko in dem Glase!"