In angespannten Situationen sollte man sich auf neutralem Gebiet treffen. Im Extremfall sogar im Weltraum, wie beim Apollo-Sojus-Testprojekt, das am 15. Juli 1975 begann. Wichtig dabei: das gemeinsame Essen.
"Die beste Zutat an einem guten Abendessen ist nichts was Du isst, sondern mit wem Du es isst."
So brachte es der russische Kosmonaut Alexej Leonow 1975 auf den Punkt, als er gefragt wurde wie sein erstes amerikanisches Abendessen im All geschmeckt hat. Mit diesen Worten fasste er aber auch zusammen, um was es bei dem ersten - und einzigen - gemeinsamen Weltraumprogramm der USA und der Sowjetunio, dem sogenannten Apollo-Sojus-Test-Projekt, im Innersten ging:
Um eine kosmische Annäherung an den irdischen Konkurrenten. Erwählt dafür waren die amerikanischen Astronauten Thomas Stafford, Vance Brand und Deke Slayton sowie ihre russischen Kollegen Alexej Leonow und Waleri Kubassow.
Übungsessen auf der Erde
Am 15. Juli 1975 begann das Annäherungs-Weltraumabenteuer mit dem Start eines russischen Sojus-Raumschiffs in Baikonur. Auf die Minute genau siebeneinhalb Stunden später folgte, elftausend Kilometer davon entfernt, in Cape Canaveral, der Start eines amerikanischen Apollo-Raumschiffs. Alles verlief planmäßig. Zwei Tage später trafen sich die beiden Raumschiffe im All und koppelten aneinander. Bevor allerdings das kosmische Stelldichein stattfinden konnte, musste noch die russische Atmosphäre in der Sojus -
ein erdnahes Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff - an den reinen Sauerstoff, den die US-Piloten bekamen, angeglichen werden. Von wegen:
Wir atmen alle die gleiche Luft ...
Nach einer Stunde Luftanpassung war der große Moment endlich gekommen: Intergalaktisches Händeschütteln, Lächeln für die Kameras der Live-Übertragung auf die Erde, andächtiges Lauschen auf die Ansprachen der beiden Staatschefs Leonid Breschnew und Richard Nixon, abermaliges Händeschütteln, freundliches Fähnchen-Tauschen, Mittagessen russisch, Abendessen amerikanisch - und alles immer Live mitgefilmt für die staunenden Erdenbewohner in Ost und West, die nicht fassen konnten, dass dort kommunistische und kapitalistische Raumfahrer zusammen speisten. Allein die Raumkapseln waren so eng ausgelegt, dass schon dadurch die "Komsomolsonauten" und "Kapitalstronauten" notgedrungen auf Schmusekurs gehen mussten.
Doch bis diese äußerst kostspieligen Gelage - nicht wegen der Nahrung, eher wegen der exklusiven Lage der Tafel - zustande kommen konnten, bedurfte es einer langen Vorbereitungszeit. Denn damit bei dem pressetauglichen Schlemmen auch nichts schief gehen konnte, wurde bereits vorher geübt.
Keine Seite sollte an der ungewohnten Nahrung und den Tischmanieren des Gegenüber Anstoß nehmen. Bereits 1973 reisten Leonow und Kubassow in die USA um sich an ihre amerikanischen Kollegen und deren Küche vorsichtig heranzutasten.
Scherze mit dem Klassenfeind
Besonders der alte Hase Alexej Leonow - er war der erste Kosmonaut, der einen Weltraumspaziergang unternommen hatte - erwies sich dabei als Publikumsliebling, der den amerikanischen Klassenfeind zu betören wusste. Seine amüsanten Sprüche und die zahllosen Bilder des Weltraum-Rendezvous tauchten später in zahlreichen Filmen auf. Darunter jener Dokumentarfilm der NASA, der das gemeinsame Mahl in der Sojus-Kapsel als "russian style" bezeichnete. Die Bilder zeigen Alexej Leonow mit einem amerikanischen Kollegen, wie sie ein konzentriertes Gemisch Astronautennahrung direkt aus der Tube in den Mund drücken. Na Mahlzeit! Doch die beste Zutat an einem guten Essen ist ja schließlich nichts was Du zu dir nimmst, sondern mit wem Du es "verdrückst".