Adventskranz, Adventslieder, Adventskalender und Adventsbäckerei: Die Zeit vor dem eigentlichen Weihnachtsfest ist eine Zeit der Vorfreude und traditioneller Bräuche. Viele sind noch nicht so alt, wie mancher denkt.
Der unwiderstehliche Duft frisch gebackener Plätzchen, glitzernde Lichterketten auf den Straßen und in den Schaufenstern, ein wärmender Becher Glühwein nach einem winterlichen Weihnachtsmarktbummel – in den Wochen vor Weihnachten steht in Deutschland alles im Zeichen des Advent, also der Vorweihnachtszeit:
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; / es kommt der Herr der Herrlichkeit, / ein König aller Königreich, / ein Heiland aller Welt zugleich …“
Der Begriff „Advent“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Ankunft“ – und zwar die des Gottessohnes Jesus Christus. Diese Zeit wird genutzt zur Vorbereitung auf diese „Ankunft“, also das eigentliche Weihnachtsfest. Zu dieser Vorbereitung gehört beispielsweise das Aufstellen eines Adventskranzes. Das ist ein traditionell aus Tannenzweigen, Weihnachtsschmuck und vier Kerzen bestehendes Gesteck:
„Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, / ein Lichtlein brennt, Advent, Advent. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, / dann steht das Christkind vor der Tür.“
Der Text dieses bekannten Kinderlieds beschreibt die Funktion des Kranzes: An den vier Sonntagen vor Weihnachten wird immer eine neue Kerze, ein Lichtlein, angezündet, bis schließlich alle vier Kerzen brennen. Sie symbolisieren das Licht, das Christus in die Welt gebracht hat. Allerdings existiert dieser Brauch erst seit 1838, weiß die ehemalige Gästeführerin Angelika aus Köln, die sich intensiv mit dem Thema „adventliche Bräuche“ beschäftigt hat:
„Das war ein evangelischer Pastor, der in Norddeutschland mit Handwerksgesellen nach deren Arbeitszeit in einem Handwerkerwohnheim in der Bibel gelesen hat und für diese Erwartungszeit jeden Abend eine Kerze angezündet hat, bis es 25 waren. Das war aber recht teuer. Im Jahr darauf hat er nur noch jeden Sonntag eine Kerze angezündet. Und dieser Brauch hat sich dann in evangelischen Kirchen doch recht schnell durchgesetzt.“
Der Brauch geht laut Angelika auf einen evangelischen Geistlichen, einen Pastor, zurück. Der Lichterkranz setzte sich durch, verbreitete, sich zunächst in Kirchengemeinden, Kinderheimen und Schulen und später allmählich in den privaten Haushalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der protestantische Brauch auch unter Katholiken beliebt. Neben dem Adventskranz steht auch der Adventskalender für die Vorfreude auf Heiligabend, den 24. Dezember. Dabei ist auch dieser noch gar nicht so alt, sagt Angelika:
„Anfang des 20. Jahrhunderts gab’s schon die ersten Ideen [für] solch einen ‚Wartekalender‘, das heißt, ein[en] Kalender, wo man kleine Türchen geöffnet hat, und dahinter war dann ein kleines Bild, was so etwas durchsichtig war, so dass man den Kalender entweder ins Fenster kleben konnte oder vor eine Kerze stellen konnte. Und wenn gar keine Türchen mehr zu öffnen waren, dann wusste man: ‚Gott sei Dank, abends ist die Christmette und am nächsten Tag gibt es Geschenke‘.“
Charakteristisch für einen traditionellen Adventskalender sind 24 kleine Türen, die geöffnet werden. Anfangs war dahinter nur durchsichtiges Pergamentpapier, auf das kleine Bildchen aufgemalt waren. Im Laufe der Zeit veränderte sich der Charakter des Kalenders. Hinter den Türchen fanden sich jetzt kleine Schokoladenfiguren mit weihnachtlichen Motiven. Manche der Kalender, die man heutzutage in den Geschäften kaufen kann, haben mit diesen traditionellen Adventskalendern nur noch gemeinsam, dass sie mit kleinen Überraschungen gefüllt sind. Den Ideen sind kaum Grenzen gesetzt. Besonders für Kinder ist jedoch eines wichtig: Ist die Zahl „24“ erreicht, also der Heiligabend, gibt es in den meisten deutschen Familien die Weihnachtsgeschenke, die „Bescherung“. Manche „bescheren“ jedoch erst am 25. Dezember nach der Christmette, der Messe, die in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember gefeiert wird. Denn Jesus soll am 25. Dezember geboren sein. Über den genauen Geburtstermin rätseln Historiker und Theologen allerdings bis heute weiter.
„Vom Himmel hoch, da komm’ ich her, / ich bring’ euch gute neue Mär, / der guten Mär bring’ ich soviel …“
Typisch für die deutschen Advents- und Weihnachtsbräuche ist, dass evangelische und katholische Christen manches voneinander übernahmen und mit der Zeit gemeinsame Rituale entwickelten. Die Katholiken stellten den Adventskranz der Protestanten bei sich auf und die Protestanten übernahmen die Weihnachtskrippe der Katholiken. Die figürliche Darstellung der Geburt Christi gab es schon im 13. Jahrhundert. Bis zum 19. Jahrhundert stand die Krippe im Mittelpunkt der familiären Weihnachtsfeste, bis sie durch den Christbaum – ursprünglich ein protestantisches Symbol – etwas verdrängt wurde, sagt die ehemalige Gästeführerin Angelika:
„Der Baum wird in ganz reichen Familien, in adeligen Häusern, privat aufgestellt und geht dann im 19. Jahrhundert ganz langsam auch in die reichen Bürgerhäuser. Vielleicht hatte der Baum 33 Kerzen – so alt ist Christus geworden. Er wird dann irgendwann Kugeln dazu bekommen, weil die Kugeln gleichzeitig das Licht reflektieren. Aber es ist erst mal wirklich ein protestantisches Symbol für die Auferstehung, für das ewige Leben, für die Göttlichkeit.“
Einen Weihnachtsbaum, Christbaum oder Tannenbaum, kurz „Baum“, konnten sich vor Mitte des 19. Jahrhunderts nur Adelige oder reiche Bürger in den Städten leisten. Denn anders als heutzutage waren diese Nadelbäume damals selten und kosteten entsprechend viel Geld. Erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderte sich das. Zunehmend wurden Christbäume gezielt für den Verkauf gezüchtet. Es gab mehr Bäume, entsprechend sank der Preis. Die katholische Kirche widersetzte sich lange diesem eher bürgerlichen Brauchtum. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts erlaubte sie, in den Kirchen einen Christbaum aufzustellen. Der Tradition entsprechend wird der Baum vor dem Heiligen Abend, dem 24. Dezember, aufgestellt und geschmückt:
„O Tannenbaum, o Tannenbaum, / wie grün sind deine Blätter! / O Tannenbaum, o Tannenbaum, / wie grün sind deine Blätter! / Du grünst nicht nur zur Sommerzeit, / nein, auch im Winter …“
Zur Adventszeit und zum Weihnachtsfest gehört auch das Adventsbacken: für die Familie, die Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen oder einfach nur für den eigenen Gebrauch:
„In der Weihnachtsbäckerei / gibt es manche Leckerei. / Zwischen Mehl und Milch / macht so mancher Knilch / eine riesengroße Kleckerei …“
Allerlei Plätzchen werden gebacken, kleines Gebäck in unterschiedlichen Formen und mit verschiedenen Zutaten und Gewürzen. Eine besondere Kunst stellt das Backen eines Christstollens dar. Anders als bei den Plätzchen, ist die Form des Christstollens festgelegt. Das hat, wie Angelika erzählt, seinen Grund:
„’n bisschen nachgebildet: ein Kind in Windeln gewickelt, also so eine längliche Form, ungefähr die Neugeborenengröße mit 50 Zentimeter. Ganz, ganz dick immer Schichten von Puderzucker, dann wieder flüssige Butter. Und in diesen ganz schweren Hefeteig kamen eben Unmengen von kandierten Früchten hinein, die ja sehr teuer waren, einfach um auch wieder etwas ganz besonderes, was es nur für Weihnachten gab, praktisch den Gästen und der Familie anbieten zu können.“
„Christstollen“, „Striezel“, „Struzel“ – oder kurz „Stollen“: Das sind ein paar Namen für den fettreichen und gehaltvollen – kalorienreichen und sättigenden – Kuchen. Charakteristisch ist seine längliche Form. Er besteht aus einem schweren Hefeteig. Der Teig enthält viel Butter und Mehl. In einen Stollen gehören aber auch Rosinen – getrocknete Weintrauben – und Unmengen kandierte Früchte, ganz viele gezuckerte und getrocknete Früchte. Zuletzt wird er mit einer dicken Schicht ganz fein gemahlenen Zuckers, Puderzuckers, bedeckt. Die Adventszeit endet am 24. Dezember. Und dann sollte man Zeit finden: für gemütliche Runden bei Kerzenschein in der Familie oder im Freundeskreis, fürs Essen auch des Selbstgebackenen und für Entspannung beim Hören weihnachtlicher Musik:
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1. „Advent“ …
ist ein ursprünglich lateinischer Begriff.
bezeichnet die drei Wochen vor Weihnachten.
2. Ursprünglich …
wurde auf einem Adventskranz täglich eine Kerze angezündet – bis zum Weihnachtsfest.
war das Anzünden der Kerzen auf einem Adventskranz ein katholischer Brauch.
3. Der Adventskalender …
hatte ursprünglich 25 kleine Türen.
beinhaltete ursprünglich keine Schokoladenfiguren.
4. Die Bescherung findet in christlichen Familien … statt.
immer am 24. Dezember
manchmal am 25. Dezember
5. Katholiken und Protestanten …
übernahmen gegenseitig manche Adventsbräuche.
sahe den Christbaum von Beginn an als Symbol fürs familiäre Weihnachtsfest.
6. Die Kinder in dem Lied „In der Weihnachtsbäckerei“ …
verursachen beim Backen einigen Schmutz.
sind dabei, einen Stollen zu backen.
7. Ein traditionell gebackener Stollen …
ist sehr fetthaltig und süß.
enthielt ursprünglich kaum Fett und Zucker, weil das sehr teure Zutaten waren.