DAS KULTSPIEL
Bereits seit 1924 gibt es das beliebte Spiel Tipp-Kick. Das Tischfußballspiel eines deutschen Familienbetriebes ist beliebt bei Jung und Alt. Die Hersteller des Spiels lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen: Zu einer Fußball-Weltmeisterschaft gibt es zum Beispiel alle teilnehmenden Mannschaften als Spielfiguren. Pünktlich zur Frauen-Weltmeisterschaft 2011 soll sogar die erste weibliche Figur erscheinen. Inzwischen wurden mehr als fünf Millionen Spiele verkauft.
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SPRECHER:
Gegner sind sie nur auf dem Spielfeld: Mathias und Jochen Mieg spielen im wirklichen Leben für dieselbe Mannschaft. Mit ihrem Familienunternehmen halten die beiden Cousins den Kultfaktor von Tipp-Kick am Leben. Edwin Mieg hatte das Tischfußballspiel auf den Markt gebracht. Seither hat sich am Spiel kaum etwas verändert.
MATHIAS MIEG (Geschäftsführer Tipp-Kick):
„Das hier ist eines der ersten Tipp-Kick-Spiele, die mein Großvater hergestellt hat. Er hat das Spiel 1924 entdeckt, hat es dann fertig entwickelt und in Leipzig auf der Messe vorgestellt und hat dort seine ersten guten Geschäfte getätigt.
SPRECHER:
Gute Jahre für den deutschen Fußball waren auch immer gute Jahre für Tipp-Kick. Zum Beispiel das WM-Jahr '54.
MATHIAS MIEG:
"In diesem Jahr haben wir 180.000 Spiele verkauft und kamen mit dem beweglichen Torhüter raus. Und das war der Durchbruch von Tipp-Kick."
SPRECHER:
Den Rekord von damals konnte das Unternehmen erst im WM-Jahr 2006 wieder übertreffen. Mehr als fünf Millionen Spiele hat der Familienbetrieb seit Bestehen verkauft. Die Standardversion kostet rund 30 Euro. An der Produktion hat sich in den letzten Jahren kaum etwas verändert. Verändert hat sich aber der globale Spielwarenmarkt. Für Deutschlands kleinste Spielzeugfabrik war es nicht immer leicht, gegen Nachahmer aus Asien zu bestehen.
In den 1980er Jahren lief das Geschäft nicht mehr rund. Die Kosten am Standort
Deutschland waren zu hoch – auch, weil die Miegs alles selbst machten. Mit dem Traditionsbetrieb wäre es damals beinahe bergab gegangen.
Seither werden nur noch Kleinserien vor Ort im Schwarzwald bemalt. Um gegen Billigkonkurrenz aus Fernost bestehen zu können, bekommen die Figuren ihren Anstrich im Ausland. Jede Woche fährt ein LKW mit fertig montierten Kickern nach Tunesien.
Auch das Marketing wurde verändert – und setzt nun verstärkt auf das Kultimage der Kicker. Zahlreiche Fanartikel vom Lätzchen bis zum T-Shirt zeugen vom Mythos der kleinen Figuren aus Zink. Tipp-Kick hat mit Retro-Charme den Sprung vom beliebigen Spiel zur Marke geschafft.
JOCHEN MIEG (Tipp-Kick Unternehmer):
"Ich glaub', das hat Tipp-Kick schon bewiesen, dass es einfach über Generation nahezu unverändert am Markt angeboten wird und auch am Markt gerne angenommen wird. Ich schätze mal, das muss damit zu tun haben. Ich meine, das ist ein schwerer Begriff, Kult, aber wir freuen uns, das wir’s immer wieder attestiert bekommen."
SPRECHER:
Die WM in Südafrika soll Tipp-Kick dieses Jahr 100.000 verkaufte Spiele bescheren - doppelt so viel wie in normalen Jahren. Auch die Nationalspieler bringen Umsatz. Alle 32 WM-Teams sind im Angebot, von Griechenland bis Ghana. Die Bandenwerbung im Stadion wird - wie im echten Leben auch - an große Markenhersteller verkauft. Doch Tipp-Kick handelt nicht nur mit Werbeflächen, auch das Spiel selbst ist ein beliebtes Werbegeschenk, das Firmen für ihre Kunden kaufen. In WM-Jahren machen die Miegs mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in diesem Werbemarkt. Um dort Produktionsspitzen zu bewältigen, lassen sie große Stückzahlen in China fertigen. Das Geschäft mit den Firmenkunden beflügelt sogar den normalen Verkauf, sagen sie.
JOCHEN MIEG:
"In der Regel sind die Werbegeschenke Spiele mit einem Spieler als Inhalt, einem Ball und ner Torwand dabei. Zum Beispiel. So was sorgt im Gegenzug für Nachkäufe über den Spielwarenfachhandel, weil die Leute vielleicht wieder animiert werden, auch sich ein neues komplettes Spiel zu kaufen."
SPRECHER:
Große Werbeetats leistet sich Mathias Mieg nicht. Sein Familienunternehmen setzt darauf, dass die Leidenschaft überspringt, von Alt auf Jung. Tipp-Kick soll Generationen verbinden. Um die Begeisterung am Leben zu halten, organisiert Mieg in Deutschland, Österreich und der Schweiz Turniere und Events. Das sind die Länder, in denen das Fußballspiel die meisten Käufer findet. Auch der Turniersport ist ein deutsches Phänomen. An die eintausend Spieler sind in 50 Vereinen aktiv. In der Tipp-Kick-Bundesliga geht es mit heiligem Ernst zur Sache. Hier ist der Miniatur-Sport mehr als nur ein Spiel. Weil bisher fast nur Männer jubeln, hat Mieg noch einen Joker dabei: die erste weibliche Spielerin in der Firmengeschichte. Verkaufsstart für Miss Tipp-Kick ist 2011, rechtzeitig zur Frauen-WM in Deutschland.
GLOSSAR
Kult- – etwas, das von vielen Menschen geliebt wird
etwas auf den Markt bringen – ein neues Produkt anbieten
ein Geschäft tätigen – einen Handel abschließen
Durchbruch, der – hier: der Moment, in dem jemand erstmals mit seiner Arbeit Erfolg hat
jemanden/etwas übertreffen – etwas besser machen als jemand/etwas anderes
gegen jemanden bestehen –hier: Erfolg haben trotz Konkurrenz
etwas läuft rund – etwas funktioniert gut
etwas geht bergab – hier: etwas hat keinen Erfolg mehr
Kleinserie, die – eine kleine Anzahl eines Produktes
Fernost – eine Region im Osten Asiens; z.B. China
Anstrich, der – die Bemalung
etwas montieren – etwas zusammenbauen
Image, das (aus dem Englischen) – das Bild, das die Öffentlichkeit von jemandem hat
Lätzchen, das – ein Stück Stoff, das Kindern beim Essen umgehängt wird
etwas zeugt von etwas – etwas macht etwas deutlich
Mythos, der – hier: die große Beliebtheit von etwas
Zink, das – ein Metall
Retro-Charme, der – der positive Eindruck von etwas Altmodischem
etwas attestiert bekommen – etwas bestätigt bekommen
etwas beschert jemandem etwas – etwas bewirkt, dass jemand etwas bekommt
Umsatz, der – das Geld, das durch den Verkauf eines Produktes eingenommen wird
Bande, die – hier: die Begrenzung eines Fußballfeldes
Produktionsspitze, die – der Zeitpunkt, an dem die größte Anzahl von etwas hergestellt wird
etwas beflügelt etwas – hier: etwas verbessert etwas
jemanden zu etwas animieren – bewirken, dass jemand etwas tut
Etat, der – hier: das Geld, das eine Firma für etwas zur Verfügung hat
auf etwas setzen – sich auf etwas verlassen; auf etwas hoffen
etwas springt über – etwas breitet sich aus
Turnier, das – ein Wettbewerb
Phänomen, das – etwas Ungewöhnliches; etwas Erstaunliches
heiliger Ernst, der – umgangssprachlich für: etwas sehr Ernstes
Joker, der (aus dem Englischen) – hier: eine Idee, von der man sich Erfolg erhofft