Teil I: Ein Radio-Interview zum Thema „Handy-Verbot an Schulen“ (bearbeitet nach dem Hörtext 2 im Übungssatz 1 vom Fit fürs Goethe-Zertifikat B2, Hueber Verlag. Etwa 760 Wörter)
Frey: In den letzten Wochen hat man viel darüber diskutiert, ob es angebracht ist, ein Handy-Verbot an bayerischen Schulen auszusprechen. Herr Hofer, wie stellt sich Ihnen als Vater einer 16jährigen Tochter die Situation dar?
Hofer: Zuerst bin ich über die Reaktion meiner Tochter erschrocken. Sie sagte mir nur, dass diejenigen, die dazu gehören wollen, gesundheitlich eben nicht zimperlich sein dürfen. Sie würde lieber einen Hirnschaden mit in Kauf nehmen, als auf ihr Handy zu verzichten! Ich glaube, wir müssen etwas dagegen unternehmen. Aber eigentlich habe ich das Gefühl, dass viele Eltern das richtige Maß für die Erziehung gar nicht kennen.
Frey: Was glauben Sie denn, dass man als Elternteil dagegen machen könnte?
Hofer: Also, ich glaube, wenn man sich mal wieder daran erinnern würde, wofür Handys eigentlich da sind und wofür sie von Anfang an gedacht waren, dann wäre das Problem bestimmt schnell gelöst. Wozu bitte schön brauchen Kinder ein Handy, mit dem sie fotografieren können oder mit dem sie sogar im Internet surfen können? Die Eltern wollen ihren Kindern oft das Tollste und Neueste kaufen, ohne zu wissen, welche Probleme damit verbunden sind.
Frey: Wenn Sie es selbst entscheiden könnten, wären Sie für oder gegen ein Handy-Verbot an Schulen?
Hofer: Wissen Sie, wenn ich höre, dass bei den Kindern und Jugendlichen nur derjenige „in“ ist und ein hohes Ansehen hat, der das coolste Handy hat und der die härtesten Gewaltvideos auf seinem Handy gespeichert hat, dann weiß ich sofort, wie die Entscheidung auszufallen hat! Vor zehn Jahren gab es in den Schulen ja noch so gut wie keine Handys und es ist wahrscheinlich besser gelernt worden als heute. Nur ein Handy-Verbot kann wieder Ruhe in den Unterricht bringen.
Frey: Und wie sollten Ihrer Meinung nach die ersten und wichtigsten Schritte aussehen, die in dieser Sache unternommen werden müssten?
Hofer: Irgendwie ist das nicht so einfach. Denn auf der einen Seite ist es ja verständlich, dass die Eltern beruhigter sind, wenn ihr Kind ein Handy hat, damit es zum Beispiel zu Hause anrufen kann, wenn der Unterricht mal früher aus ist oder wenn sich das Kind krank fühlt. Dafür reicht eigentlich ein einfaches Handy – ohne Video-, Foto- oder Internetfunktion. Aber gerade so einfache Handys kann man heute fast gar nicht mehr kaufen! Ich hoffe, dass die Industrie endlich beginnt, in dieser
Sache umzudenken!
Frey: Frau Gebhart, Sie sind Lehrerin an einem Münchner Gymnasium. Wie stellt sich die Situation für Sie dar?
Gebhart: Ja, also ich glaube, dass ein Handy-Verbot an Schulen nur eine Seite des Problems löst. Denn nur wegen eines solchen Verbots werden die Kinder und Jugendlichen nicht aufhören, solche Handys zu haben, und die Eltern können das zu Hause nicht so einfach verbieten. In der Schule kann ich als Lehrerin dann leicht sagen, „ich verbiete dir, dass du Videos auf dem Handy anschaust“, aber was machen die Eltern zu Hause? Ich meine, dass man den Handy-Markt als solchen reformieren sollte. Da stimme ich Herrn Hofer absolut zu: Die Industrie sollte Schüler-Handys anbieten, dann könnten wir das Problem in den Griff kriegen!
Frey: Haben Sie in Ihrem Unterricht schon einmal Störungen durch Handys erlebt?
Gebhart: Nein, noch nicht so oft. Die meisten meiner Schüler wollen gerne lernen, Abitur machen und später studieren. Ich weiß aber von anderen Schulen, dass es große Probleme mit den Handys gibt. Da schauen sich die Schülerinnen und Schüler während des Unterrichts lieber Pornos oder Gewaltvideos unter dem Tisch an, als Mathe, Deutsch oder Englisch zu lernen.
Frey: Was könnte man als Lehrer denn dagegen machen? Gebhart: Ja, das ist sehr schwierig. Eine Kollegin von mir hat aber sehr gute Erfahrungen mit Gesundheitsvideos gemacht. Sie hat so ziemlich alles zusammengetragen, was es an Demonstrationsmaterial über die gesundheitsschädigende Wirkung von Handystrahlung gab. Und das hat sie dann im Unterricht gezeigt. Da war alles dabei: die Gefahren für Ohr und Gehirn, die Schädigung von ungeborenen Babys im Mutterleib durch Handystrahlung und so weiter.Frey: Was wäre denn für Sie persönlich die wichtigste Maßnahme?Gebhart: Nun, ich glaube, dass alle bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Bevor Industrie ausüben. Es müssten passende Schülerhandys auf den Markt gebracht werden, die cool und angesagt sind, aber ohne Video- und Fotofunktion. Und wenn es da auf einmal angesagter wäre, ein supertolles Schülerhandy zu haben als eins mit allen möglichen Funktionen, dann hätten wir unser Ziel recht schnell erreicht. Aber beim Namen würde es dann wahrscheinlich schon losgehen, denn„Schüler-Handy“ dürfte so ein Telefon wahrscheinlich nicht heißen, weil das für die
Jugendlichen nicht cool genug wäre!Frey: Frau Gebhart, Herr Hofer – ich bedanke mich für dieses interessante Gespräch.
Teil II: Texte für Nachrichten (05.07.2008 01:00 UTC Deutsche Welle)
1. USA eröffnen Botschaft am Brandenburger Tor
Fast zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall ist die US-Botschaft in Deutschland an ihren früheren Platz neben dem Brandenburger Tor zurückgekehrt. Bundeskanzlerin Merkel erinnerte während der Eröffnungsfeier daran, dass sich die Vereinigten Staaten maßgeblich für die Einheit Deutschlands eingesetzt hätten. Der ehemalige US-Präsident Bush senior nannte die Einweihung des Gebäudes am Pariser Platz die Verwirklichung eines Traumes. An der Zeremonie nahmen mehrere tausend Gäste teil. Ursprünglich hatte die neue US-Botschaft bereits 1999 fertig sein sollen. Die Planungen wurden allerdings von einem langen Streit zwischen den USA und dem Berliner Senat über Sicherheitsvorkehrungen begleitet.
2. Aufschub für Gesetz gegen Sterbehilfe
Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause jede gewerbliche Beihilfe zur Selbsttötung verurteilt, sich aber wegen rechtlicher Schwierigkeiten noch nicht auf ein gesetzliches Verbot verständigt. Redner von CDU, SPD, CSU, Grünen und FDP verurteilten in einer für die Länderkammer ungewöhnlich langen Aussprache jede Geschäftemacherei mit dem Sterben. In der Debatte wurde eingeräumt, dass ein Verbot von Sterbehilfeorganisationen juristisch extrem schwierig sei. Bis September wollen alle 16 Länder gemeinsam mit der Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen.
3. Dresdens Brücke weiter umstritten
Trotz der drohenden Aberkennung des Welterbe-Titels will die künftige CDU-Oberbürgermeisterin der sächsischen Landeshauptstadt, Orosz, den Bau der kritisierten neuen Elbbrücke fortsetzen. Es gebe keine Alternative, sagte sie und kritisierte den jüngsten Beschluss der Vereinten Nationen, über die Aberkennung erst im nächsten Jahr endgültig zu entscheiden. Dagegen begrüßte die Bundesregierung den Aufschub als Möglichkeit für neue Überlegungen. SPD-Bundespolitiker wie Verkehrsminister Tiefensee oder Bundestags-Vizepräsident Thierse machten sich für einen Tunnel als Ersatz für die so genannte Waldschlösschen-Brücke stark.
4. Polen fordert Sicherheitsgarantien von Washington
Im Streit über das geplante amerikanische Raketenabwehrsystem in Europa ist Polen unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht bereit, der Stationierung von US-Abfangraketen auf seinem Territorium zuzustimmen. Der polnische Ministerpräsident Tusk erklärte in Warschau, nicht nur die Sicherheit der USA,sondern auch die Polens müsse sich verbessern. Das jüngste amerikanische Angebot zur Modernisierung der polnischen Luftabwehr sei unzureichend. Zusätzlich zu Abfangraketen in Polen wollen die USA ein Radarsystem in Tschechien stationieren. Von der dortigen Regierung hieß es, eine entsprechende Vereinbarung solle bereits kommende Woche in Prag unterzeichnet werden.
5. Ex-Geisel Ingrid Betancourt dankt Frankreich
Nach ihrer Befreiung aus der Hand kolumbianischer Rebellen ist die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Betancourt in Frankreich empfangen worden. Im Elysee-Palast würdigte Betancourt, die neben der kolumbianischen auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, ausdrücklich die Bemühungen der Regierung in Paris um ihre Freilassung. Frankreich habe vor allem dazu beigetragen, dass das kolumbianische Militär auf eine gewaltsame Befreiung verzichtet habe, sagte Betancourt.
6. Skandal um italienischen Gammel-Käse
Nach fast zweijährigen Ermittlungen hat die italienische Polizei einen europaweiten Skandal um Gammel-Käse aufgedeckt. Wie die örtliche Presse berichtet, wurden dabei rund 11.000 Tonnen Käse-Abfälle aus italienischen, deutschen, österreichischen und britischen Molkereien aufgekauft, mit frischen Produkten vermengt und wieder in verschiedensten Ländern in den Handel gebracht. An der Spitze des Netzwerkes habe ein 46-jähriger Sizilianer gestanden, heißt es. Drei Personen seien inzwischen festgenommen. Der verdorbene Käse war vor allem zu Mozzarella, Gorgonzola oder Schmelzkäse verarbeitet und verkauft worden.
7. Duma beschließt Steuersenkung für Ölkonzerne
Das russische Parlament hat ein Gesetz zur Senkung der Steuern für die Ölkonzerne des Landes verabschiedet. Mit den Steuererleichterungen solle die Ölproduktion angekurbelt werden, teilte Energieminister Schmatko mit. Zusammen mit anderen Entlastungsmaßnahmen dürften die Konzerne umgerechnet rund dreieinhalb Milliarden Euro einsparen.
8. Streit um Hitler im Berliner Wachs-Kabinett
Überschattet vom Streit um eine Hitler-Figur eröffnet heute das Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds seine erste deutsche Niederlassung. In Berlin sind unweit des Brandenburger Tores Wachsfiguren von internationalen Stars und Politikern zu sehen. Hitler wird als gebrochener alter Mann hinterm Schreibtisch gezeigt. Kritiker werfen den Veranstaltern Effekthascherei vor.