Es ist eine Fabel, aber einer Wahrheit ganz gleich, daß ein armes altes Mutterl einmal in den Wald gegangen, um daselbst Holz zu klauben und zu ihrer Notdurft mit sich nach Haus zu tragen. Wie nun die arme Haut eine ziemliche Bürde zusammengebunden hatte, diese aber aus Schwachheit nit konnte auf den Kopf heben, da hat sie angefangen, inniglich zu seufzen und zu weinen. »Ach«, sagte sie, »ich elende Tröpfin! Ich denk noch wohl, daß mir kein Stiegerl zu hoch gewest, kein Tanz zu lang gewährt hat, keine Arbeit zu stark und hart gewest ist. Jetzt bin ich schon alt und gar nichts nutz mehr. O, mein Gott, nimm mich lieber zu dir! Der alte Kram (wie ich einer bin) hat doch keinen Kauf mehr auf der Welt. O, wär ich halt tot! Oh, wär ich doch tot!« Über diesem kommt und erscheint der Tod persönlich mit seiner Sensen und sagt: »Alte, da bin ich, gleichwie du dir gewünscht und begehrt! Also stell ich mich hier gegenwärtig.« – »Ja, ja«, gerauzt die alt Husterin; »ich gesteh's und kann's nit leugnen: ich hab' dir gerufen, aber nur darum, daß du mir helfest, die Trag(last) auf den Kopf zu heben. Alsdann kannst du wieder hingehn, wo du bist hergekommen.«
Freilich ist dies ein äsopisches Märl und Gedicht; allein es will doch nit unförmlich andeuten, daß die Menschen so ungern sterben und sogar die alten und vielerlebten Leut sich vorm Tod scheuen; aber warum dies? O forchtsame und hasenherzige Adamskinder, ihr betet ja alle Tag im Vaterunser: »Zukomm uns dein Reich!«