Als einmal die Nachtigall nach ihrer schönen Gewohnheit auf einem grünen Ast über alle Maßen geschlagen und den Reisenden eine sondre Freud und Ergötzlichkeit verursacht hat, da ist von ungefähr ein Raubvogel auf sie gestoßen und hat selbige mit den Klauen hinweggetragen. Das arme Vögerl hat diesen ihren Feind inniglich gebeten, er möcht ihr doch das Leben schenken. »Was gibst du mir aber?« fragt der Stoßvogel. – »O, mein Gott!« sagt sie; »ich bin selbst arm und mittellos; aber gleichwohl will ich dir die allerschönste Musik aufmachen und dich mit meinem Gesang nach Möglichkeit erlustigen.« – »Hoho!« antwortet der Raubvogel; »mein Bauch hat keine Ohren oder Gehör« – mußte also die arme Musikantin diesem großen Schelmen zum Raub werden.
Solche Vögel gibt's mehr in der Welt, die sich bloß mit Stehlen und Rauben ernähren.