Kaum hatte Aschenputtel diese Bitte ausgesprochen, erschienen als Erstes zwei weiße Tauben in der Küche. Dann schwärmten auch die Turteltäubchen herein und begannen sofort mit der Arbeit. In Windeseile waren die guten Linsen ausgelesen, sodass die Täubchen bereits nach einer Stunde fertig waren. Aschenputtel brachte der Steifmutter die Linsen. Aber diese gab dem armen Kind noch eine zweite Schüssel: „Die musst Du in einer halben Stunde geschafft haben, sonst kannst Du nicht mitkommen!“ Aschenputtel war verzweifelt, denn das würde sie niemals schaffen.
Sie ging wieder zur Hintertür der Küche und rief erneut: „Kommt Ihr Täubchen, Ihr lieben, kommt und helft mir, die Linsen auszulesen: die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen!“ Auch dieses Mal kamen zuerst die beiden weißen Tauben hereingeflogen, denen noch mehr Turteltäubchen folgten. Und sie schafften es, die Linsen in einer halben Stunde zu verlesen. Nun ging Aschenputtel stolz zur Stiefmutter, die war jedoch wieder sehr gemein und sprach: „Du kannst trotzdem nicht mitkommen, denn so schmutzig, wie Du aussiehst, nehmen wir Dich sowieso nicht mit. Du hast weder ein feines Kleid, noch hast Du schöne Tanzschuhe!“ Dann wurde es Zeit für den königlichen Ball, und die böse Frau ging mit ihren zwei Töchtern zum Schloss.
Das Aschenputtel war so verzweifelt, dass es zu dem Grab seiner lieben Mutter ging. Es stellte sich unter den vertrauten Haselbaum und rief in seinem Kummer: „Bäumchen, rüttel Dich und schüttel Dich! Wirf Gold und Seide über mich!“ Daraufhin erschien der kleine, weiße Vogel und warf dem Mädchen ein goldenes Ballkleid und mit Perlen und Silber bestickte Tanzschuhe herunter. In größter Eile wusch sich Aschenputtel, zog das schöne Kleid über und schlüpfte in die hübschen Tanzschuhe. Dann rannte es zum Fest. Wie ihm die Augen übergingen, als es den Glanz in dem prachtvollen Schloss erblickte. Aschenputtel war so schön, dass der Königssohn das bezaubernde Mädchen sofort zum Tanz aufforderte. Er tanzte den ganzen Abend nur mit ihm und hatte während des Fests keine Augen mehr für die anderen Mädchen.
Die Leute wunderten sich, wer die Schöne sei, denn sie wurde bisher noch von niemandem zuvor gesehen. Auch die Stiefmutter und ihre hochnäsigen Töchter erkannten das Aschenputtel nicht, welches die schönste Jungfrau auf dem glanzvollen Fest des Königs war. Der Prinz wollte nach dem Ball seine Auserwählte gern nach Hause begleiten, damit er erfahren konnte, wo das schöne Mädchen wohnte. Aber Aschenputtel rannte davon, weil der Zauber der schönen Kleider und Schuhe um Mitternacht vorbei war. Da es kurz vor Mitternacht war, rannte sie panisch aus dem Schloss und verlor dabei auf der königlichen Treppe ihren linken Schuh.
Der Prinz hob den kleinen, zarten und mit Perlen und Silber bestückten Schuh auf und verkündete: „Keine andere wird meine Frau werden, als diejenige, dem dieser Schuh gehört!“ In den folgenden Tagen zog er mit dem Schuh von Haus zu Haus, denn jede Jungfrau sollte diesen anprobieren. Da er aber so zart und klein war, passte dieser keinem Mädchen. Der Königssohn fuhr mit seinen Dienern auch beim Haus von Aschenputtel vor, die man vorsorglich im Keller eingesperrt hatte. Die beiden Stiefschwestern warteten schon erwartungsvoll und wollten unbedingt den Schuh probieren, denn sie hatten sehr schöne Füße.