Nicht weit von einem Städtchen wohnte ein armer, aber redlicher Fischer in einer elenden Hütte, der sich und die Seinen, eine Frau mit neun Kindern, kümmerlich nährte. Es war der erste Mai, ein schöner heiterer Tag, als der Fischer auf die helle See hinausfuhr: kein Wölkchen trübte die lichte Bläue des Himmels, an dem Seegestade sangen die Nachtigall und noch andere kleine Vögelein, die sich des Frühlings freuten, in den schöngesproßten Weidenund Erlenhecken. Ruhig fischte der Mann, bis der Abend herzu ging und die glühende Sonne hinter die den See umgebenden Berge sank; dann ruderte er heimwärts und trat eben aus dem Kahn, als der Abendstern an dem blauen Gewölbe des Himmels empor stieg. Als er nun in die niedrige Hütte eintrat, fand er seine Frau mit dem zehnten Kinde, welches ein Sohn war, niedergekommen. Der Fischer hatte eine ungemein große Freude darüber und nur eine kleine Besorgnis trübte seine heitere Seele. Er sprach: »Liebe Frau, sage mir doch, wen wollen wir zu Gevatter bitten? Unsere Freundschaft ist klein; schwer war es, für die neun früheren Kinder Paten zu finden und wie wird es nun mit dem zehnten werden? Wer wird Patenstelle an einem so armen Fischerkinde vertreten wollen?« Als er hin und her gesonnen hatte, sagte er: »Ich will morgen früh bald auf die große Landstraße gehen und die erste männliche Person, die mir begegnen wird, will ich bitten, Gevatter zu stehn.«
Mit diesem Entschlusse legte er sich ruhig nieder, und sobald der Tag graute, lief er hinaus auf die Landstraße, die vor seiner Hütte vorbeiführte, und wanderte auf derselben munter dahin. Er war aber noch nicht weit gegangen, als ein reichgeschmückter Reiter auf einem schwarzen Pferde daher und ihm entgegentrabte; diesem getraute er aber doch nicht seinen Antrag zu machen, daher lief er immer neben dem Reiter her und sah ihn bittend an. Da sprach endlich der Reiter: »Lieber Mann, ich sehe es Ihm an, Er mag gern mit mir sprechen: was will Er? Rede Er doch frei von der Leber weg.« Da sprach der Fischer: »Wenn Ihr es doch befehlt, so will ich es Euch sagen: meine Frau ist gestern mit einem Schrie niedergekommen und ich entschloß mich zuletzt, da ich nicht wußte, wem ich die Gevatterschaft antragen sollte, den ersten, welcher mir auf der Landstraße begegnen würde, als Paten für mein Söhnlein anzusprechen; nun sah ich Euch, mein lieber Herr, getraute mir aber nicht, es zu sagen.« Als der Mann ausgeredet hatte, sprach der Herr: »Da soll Er gleich meine Antwort hören. Notwendiger Geschäfte halber kann ich zwar nicht selbst kommen und euern Sohn aus der Taufe heben; bestellt aber einen Stellvertreter, dann wird es ebenso gut sein als hätte ich es selbst getan und das Kind wird mein Pate sein und bleiben. Am Abend des Tauftags aber werde ich bei Ihm einsprechen. Doch wann wird es getauft?« Der Fischer antwortete: »Morgen! Aber erlaubt, ich bin ein armer Fischer und werde nicht die Bewirtung geben können, die Euch gebührt.« - »Habe Er nur gar keine Sorge«, antwortete der Reiter, »ich werde alles besorgen und die ganze Mahlzeit ausrichten.« Da sich nun der Fischer sehr vielmal bedankt hatte, so kehrte er fröhlich nach Hause; er war aber noch nicht weit gegangen, so kam der Reiter wieder auf ihn zugejagt und rief: »Noch habe ich was vergessen, das Kind soll in der Taufe den Namen Hans bekommen!« Nun kehrte er linksum und ritt im flüchtigen Galopp davon. Der Fischer freute sich unaussprechlich, stand noch eine Weile da und blickte ihm noch so lange nach, bis er ihn aus den Augen verlor und nur die Staubwolke noch sah, welche die flüchtigen Hufe des Rosses erregten. Als er nun nach Hause kam, erzählte er den Vorfall seiner Frau; diese aber schüttelte den Kopf und sprach ängstlich: »Ach Mann, was für albernes Zeug wirst du gemacht haben! Du kennst doch wohl den Förster, der drüben im Holze wohnt, dem hat dieser Herr auch einen Sohn aus der Taufe gehoben; nachher ist dem Förster aber das Licht aufgegangen und er hat wahrgenommen, daß es der Teufel gewesen ist; und dem Sohn hat er den Namen Hans geben lassen.« Der Mann aber tröstete sie und sprach: »Sei nur nicht so bänglich und erwarte die Zeit, es kann dieser ja auch ein anderer Herr sein.«
Das Kind wurde nun am andern Tage getauft und alles so getan, wie der fremde Herr befohlen hatte. Als nun der Abend kam, an dem sich dieser einstellen wollte, war es den Eltern doch nicht wohl zu Mute. Auf einmal aber öffnete sich die Türe und der nämliche Herr, der dem Fischer begegnet war, trat herein, begleitet von zwei Dienern, die die kostbarsten Speisen auftrugen ohne daß man sah, wo sie solche hernahmen. Doch als sie später auch in blitzenden Bechern den edelsten Wein herbei brachten, da wurden die Eltern endlich doch fröhlich, die Mutter aber nur zum Schein. Sie hatte nach den Füßen des Herrn gesehen und hatte wahrgenommen, daß unter seinem langen Beinkleid zuweilen ein Pferdefuß hervorkam, und da war ihr alle Freude und Hoffnung verschwunden. Als nun die Glocke in dem nahen Städtchen elf schlug und die dumpfen Schläge durch die rabenschwarze Nacht hallten, da sprach der Herr: »Bald, lieben Leute, muß ich von euch scheiden; erzieht also euern Sohn, wie es guten Eltern zukommt und behaltet ihn bis ins vierzehnte Jahr, dann werde ich kommen, um ihn zu mir zu nehmen, werde ihn etwas, worauf er sich gut nähren kann, lernen lassen und ferner für ihn sorgen.« Kaum schlug es zwölfe, so rief der Fremde dem ehrlichen Fischer noch ein Lebewohl zu, schwang sich auf seinen Rappen und jagte im sausenden Galopp davon und die heulenden Sturmwinde brausten neben ihm her. Dem Fischer aber und seiner Frau standen die Haare zu Berge und die Frau rief weinend: »Ach, wenn uns doch nur Gott beschützte! Unser geliebtes Kind ist in Teufels Klauen: wenn es klein ist, haben wir nur Mühe und Plage von ihm; wenn es dann groß ist, daß wir Freude an ihm haben sollten, dann holt es der Teufel und wir sehen es vielleicht in unserm Leben nicht wieder.« Sie lebten nun ferner so miteinander wie vorher, der Vater trieb sein Fischerhandwerk und die Mutter verrichtete ihre häuslichen Geschäfte. Indessen wuchs der Sohn heran zur Freude und zum Wohlgefallen der Eltern. Diese schickten ihn in die Schule, wo er sehr fleißig lernte und einen großen Verstand zeigte. Als er aber nun das dreizehnte Jahr zurückgelegt hatte, sagte er eines Tages zu seinem Vater (es war eben der Tag, wo er aus der Schule entlassen worden war): »Vater, ich bin nun groß genug und will nun auch etwas lernen, worauf ich mein ferneres ehrliches Fortkommen gründen kann.« - »Wozu hast du denn eigentlich Lust?« fragte da der Vater. »Wenn ich die Wahrheit sagen soll«, erwiderte der Sohn, »zu einem Jäger.« Der Vater bewilligte es durch seine Zustimmung und brachte ihn zu jenem Förster, der nicht weit von seiner Hütte in einem Walde wohnte. Bei diesem wurde er denn ein so geschickter Schütze, daß ihm kein Wild, weder Hirsch noch Hase, entrinnen konnte. Bald hatte er das vierzehnte Jahr zurückgelegt. Da besuchte er einstmals seine Eltern, und diese entdeckten ihm nun alles, was am Tage seiner Geburt und Taufe vorgefallen war und was sie ihm zeither aus gewissen Ursachen verheimlicht hatten. Der Sohn aber erschrak nicht darüber und auf seinem Gesichte glänzte Mut, daher sprach er: »Wenn es weiter nichts ist, liebe Eltern, so will ich die Sache schon abmachen! Wenn mein Geburtstag herbeikommt, wo mich der Teufel holen will, da komme ich zu dir, Vater, fahre dann mit dir hinaus auf den See und da werde ich ihn erwarten.«
Als nun der erste Mai kam, ging der junge Jäger früh, ehe der Morgen graute, zu seinem Vater und fuhr mit ihm auf den See. Es war noch dunkel, bald aber strahlte die Sonne im hellen Glanze hervor und rötete die Gewässer. Dieser Tag war wieder gerade ein so schöner Tag wie der, an welchem der Fischer den ganzen Tag gefischt und am Abend in der Hütte den neugebornen Sohn angetroffen hatte. Nichts hatte sich um den See herum geändert, die Vögel sangen wieder so anmutig wie damals und die Weidenhecken standen wieder wie damals mit neuem Leben um den See herum. Nur in dem Gemüte des Fischers war eine große Veränderung vorgegangen, denn vor vierzehn Jahren war er heiter und unbesorgt gewesen, jetzt aber war er schwermütig und besorgt um das Leben seines Sohnes. Als sie nun eine Weile auf dem See hin und her gefahren waren, ließ sich der Herr mit dem schwarzen Pferde am Ufer sehen und winkte dem Fischer mit der Hand. Schnell entriß da der Jäger seinem Vater die Ruderstange und ruderte, so sehr sich auch dieser weigerte, auf den Herrn zu. Als er nun fast das Ufer erreicht hatte, hielt er seinen Kahn an. Da sprach der Herr: »Wie geht es dir denn, mein Sohn?« Der Jäger aber antwortete: »Darnach hast du nichts zu fragen!« Darauf sprach der Herr wieder: »Hast du denn auch was gelernt?« Der Jäger erwiderte: »Ich bin ein Jäger! Aber warum fragst du?« Der Herr sprach: »Komm mit mir, ich will dir ein besseres Waldwerk lehren!« - »Ich gehe nicht mir dir! « sprach der Jäger. Darauf sprach der Herr: »Warum duzest du mich? Ich bin ja dein Pate, komm doch einmal näher!« Nun ruderte der Jäger auf ihn zu und als er beinahe das Ufer erreicht hatte, hieb er mit seiner Ruderstange den Teufel so auf den Kopf, daß dieser augenblicklich betäubt ins Wasser fiel und darin herumschwamm. Der Jäger lenkte nun den Kahn mitten auf den See, der Teufel aber, der einsah, daß er besiegt war, zerrte sich an dem Ufer empor, schwang sich auf seinen Rappen und galoppierte davon: er dachte aber darüber nach, wie er den losen Buben bestrafen wollte und bald fiel es ihm ein. Als der Jäger dem Teufel noch nachsah, erfaßte ihn auf einmal ein so starker Wirbelwind, daß er sich nicht mehr im Kahn erhalten konnte, sondern in die Höhe getrieben und so lange fort gejagt wurde, bis er endlich, wohl nach einer Stunde, auf einem Berge nieder fiel.
Er ging nun hin und her, um den Ort zu untersuchen, und wurde gewahr, daß der Berg ganz steil wie ein Fels war. Wie komme ich hier hinab, dachte er: doch ehe er noch auf ein Rettungsmittel sinnen konnte, erfaßte ihn der Wind von neuem und trieb ihn wieder weit fort, bis er endlich, über eine hohe Mauer geworfen, in einen sehr schönen Garten niederfiel. Da lag er nun, durch die schnellen Luftreisen müde gemacht, und fiel in einen tiefen Schlaf. Als er erquickt und völlig gestärkt von diesem erwachte, ging er in dem Garten umher, um sich umzusehen. Das war aber ein herrlicher Garten. Er ging durch die zierlichsten Laubengänge, Blumenbeete und Gebüsche, um ihn und über ihm sangen wunderschöne Vögel, wie er noch keine gesehen und gehört hatte, und alle waren so kirre, daß sie ihm fast auf die Hände flogen. Blumen von unvergleichlicher Schönheit und dem süßesten Geruche standen umher, die Luft würzend, und glashelle Brünnlein und Bächlein rieselten kühl durch den Garten: kurz der Jüngling glaubte im Paradiese zu sein. Unaufhörlich wandelte er darin umher, bis er endlich in eine große, schöne, blühende Laube kam; darin fand er ein Tischchen, mit den wohlschmeckendsten Speisen und Getränken reichlich besetzt, und weil er Hunger hatte, so setzte er sich daran und aß sich satt. Als es Abend geworden war, legte er sich auf die in der Laube befindliche Ruhebank von Rasen und sank in einen tiefen Schlummer. Früh, als die Sonne kaum aufging, weckten ihn schon der Vögel wunderbare Lieder, er stand auf und wandelte wieder durch den Garten. Da hörte er auf einmal ein furchtbar Gerassel und bald sah er, was es zu bedeuten hatte. Die dicke hohe Mauer schob sich auseinander und eine prächtige Kutsche, mit vier Apfelschimmeln bespannt, rollte herein und im Nu stand ein herrliches Schloß da; die Mauer schob sich wieder zu, und ein Herr und ein schönes Frauenzimmer stiegen vor dem Schlosse aus jener Kutsche. Der Jäger wollte nicht bemerkt sein und sich geschwind hinter einen Busch verkriechen, aber der Herr hatte ihn schon bemerkt. »Wie bist du in meinen Garten gekommen?« fragte er ihn; und der Jäger erzählte umständlich seine Geschichte. Darauf sprach der Herr: »Nun, wenn du ein Jäger bist, so sollst du bei mir bleiben! Außerhalb dieses Gartens ist ein Berg, der mir gehört, da wird sich sehr zahlreiches Wild finden und da sollst du mir täglich meinen Braten schießen«; der Jäger blieb nun bei ihm und mußte mit dem Herrn an einem Tisch essen.
Täglich ging er mit ihm in den Garten; der Herr trat dann jedesmal vor die Mauer und sogleich schob sie sich auseinander und sie gingen hindurch; doch jedesmal begleitete ihn der Herr und half ihm durch Auseinanderschiebung der Mauer auch wieder herein. Der Jäger hatte aber besondere Fähigkeiten, gleichsam als wären sie vom Teufel eingegeben worden; denn als ihn der Herr auf die Probe stellen wollte, machte dieser einen schwarzen Punkt an einen Baum, der Jäger schoß und traf den Punkt glücklich. Dann lief ein Hase vorbei; der Herr sprach: »Scheuß diesen Hasen!« Er aber sprach: »Wir wollen ihn noch ein wenig laufen lassen!« Als der Hase nun so weit war, daß man ihn kaum noch sehen konnte, schoß der Jäger zu und der Hase wälzte sich in seinem Blute, oder vielmehr Schweiße, wie die Waidmänner sagen. Da sprach der Herr: »Solch ein Bursche fehlte mir schon lange, du bist mir eben recht!« So verlebte denn der Jäger hier die besten Tage und seine ganze Arbeit bestand darin, daß er täglich seinem Herrn einige Hasen oder sonstiges Wild verschaffte. Bald wurde ihm dieser Aufenthalt noch angenehmer, denn die schöne Tochter seines Herrn gefiel ihm über alle Maßen und auch sie hatte ihr heimlich Wohlgefallen an dem jungen Jäger. So kam es denn endlich zwischen beiden zum Geständnis und zum treuen Angeloben ihrer Liebe. Eines Tages lustwandelten sie beide im Garten, da erlaubte ihm sogar die Prinzessin, daß er zu ihrem Vater gehe und um sie werben dürfe. Der Mittag war dazu bestimmt, und als die Mahlzeit vorüber war, brachte der Jäger sein Wort vor. Da sprach der Herr: »Mein lieber Sohn, ich liebe dich von ganzem Herzen und diese Liebe wird dir auch meine einzige Tochter nicht versagen und absprechen.« Der Jäger war außer Fassung vor Freude über diese Zusage. Die Hochzeit wurde auf die nächsten Tage festgesetzt, nur bat der Jäger noch um die Erlaubnis, zuvor mit seiner Braut zu seinen Eltern fahren zu dürfen, um sie mit seinem Glücke zu überraschen. Der Herr erlaubte ihm dieses. Schon den nächsten Tag fuhr der freudige Jäger mit seiner schönen Braut in einem glänzenden Wagen, mit vier Apfelschimmeln bespannt, durch die Mauer, die sich bei der Annäherung sogleich öffnete und hinter dem Wagen sogleich wieder schloß. Unterwegs gab die Braut dem entzückten Bräutigam einen Ring und sprach: »So oft du diesen Ring an deinem Finger drehst, öffnet sich dir die Mauer von selbst.« Sie fuhren nun lange, auf das Geratewohl durch die Länder; doch endlich kamen sie, wie von unsichtbaren Mächten geleitet, auf den Weg, der zu seiner Heimat führte. Bald gelangten sie in das kleine Dörfchen, das nur Fischer und arme Leute bewohnten. Doch wie erstaunte die Braut, als er vor einer ärmlichen Hütte Halt! rief. Er stieg aus. Sie aber sprach: »Also soll ich die Gattin eines ganz armen Menschen werden? Ich fahre nach dem Wirtshaus.« Er jedoch trat ungestört in die Hütte seiner Eltern und die Freude des Wiedersehens war groß. Als er aber die Geschichte seines Glückes ihnen erzählt hatte, begab er sich nach dem Wirtshause, um mit der geliebten Braut, die ihn zwar durch ihren Stolz gekränkt hatte, wieder zurück an den Ort seines Glücks zu fahren. Doch wie erstaunte er, als er hörte, die schöne Prinzessin sei gar nicht ausgestiegen, sie hätte sich nur durch einen kühlenden Trunk erquickt und sei dann in aller Eile fortgefahren. Da stand er wie niedergedonnert. Traurig schlich er fort, ohne zu wissen wohin, bis er endlich den Berg vor sich liegen sah, wo ihn der Wirbelwind des Teufels schon einmal hinversetzt hatte. Da regte sich die Hoffnung in dem verzagten Herzen wieder. »Vielleicht wird dir dein Pate Teufel auch diesmal helfen!« dachte er und stieg freudigen Schrittes den Berg hinan. Bald war er auf der kahlen Stelle, wo ihn ehedem der Wirbelwind so unsanft niedergesetzt hatte, aber noch fand seine Hoffnung keine Hülfe. Unter ihm brauste ein fürchterlicher Tannenwald. »Dort wird sich Rettung finden!« rief er und ging mutigen Schrittes hinein. Da sah er unter einer großen Tanne drei wilde Männer stehen, die ihm Räuber zu sein schienen, denn sie zankten und stritten heftig miteinander und schon sollte zugeschlagen werden, als er unter sie trat und sprach: »Sagt mir, weswegen ihr euch streitet? Vielleicht kann ich euch Rat erteilen oder wohl gar den Streit schlichten!« Die Räuber antworteten: »Wir haben einen Zauberer beraubt und diesem einen Mantel abgenommen, der die Eigenschaft hat, unsichtbar zu machen, wenn man ihn umtut; dann einen Wünschhut; wenn man diesen auf den Kopf setzt, wie er sitzen muß, und dazu spricht, ich wünsche, daß ich da oder dort wäre und einen Ort nennt, welcher es auch sein mag, so ist man sogleich dahin versetzt, dreht man aber dann den Hut herum und setzt ihn verkehrt auf, indem man sich an den vorigen Ort zurück wünscht, so ist man sogleich auch wieder dort; und endlich haben wir noch genommen ein Schwert, wenn man damit nur jemandem den Kopf berührt, so liegt dieser sogleich zu den Füßen, richtet man aber das Schwert mit der Spitze gegen den Himmel und steckt es dann in die Scheide, so steht der Kopf wieder an seinem alten Ort. Über die Teilung dieser kostbaren Sachen sind wir nun streitig. Jeder will den Hut, den Mantel, das Schwert, und es ist doch nicht zulässig, daß einer diese drei Stücke erhält und die andern nichts.« So sprachen die Räuber, forderten von ihm einen Ausspruch über die Teilung, dem sie sich willig unterwerfen wollten, und übergaben ihm sogar, unverständig genug, diese drei Sachen zur Probe. Er tat den Mantel um, und keiner der Räuber sah ihn mehr, dann nahm er das Schwert und schlug allen dreien die Häupter ab und endlich setzte er den Hut auf, wie es sein mußte, und sprach: »Ich wünsche wieder in dem Schlosse zu sein, wo ich ehemals war!« Und im Augenblick, ohne daß er wußte wie es zuging, war er vor der Schloßmauer. Er tat seinen Mantel ab, drehte den Fingerring und im Augenblick schob sich die Mauer auseinander und er ging ins Schloß. Er erstaunte, da er dort alles aufs herrlichste geschmückt fand; aus der Küche kam ihm der Geruch von köstlichen Speisen entgegen und darinnen herrschte rege Beweglichkeit und geschäftiges Getümmel. Da ging er hinein und fragte, was dies alles zu bedeuten habe? Darauf erhielt er zur Antwort, daß der holdseligen Prinzessin Hochzeit gefeiert werde, denn sie hätte sich von ihrer Reise einen schönen jungen Grafen, ihren Bräutigam, mitgebracht und sich geäußert, sie werde nie sich dem Schrie eines armen Fischers vermählen. Schrecklich erstaunt über all das Gehörte warf des Teufels Pate seinen Mantel über und um sich und machte sich unsichtbar. Dann ging er in die Stube, wo die Hochzeitgäste versammelt waren, und sah den neuen Bräutigam bei seiner Braut sitzen. Voller Ärger setzte er sich zwischen beide, aber sie sahen ihn nicht. Sie hatten soeben einen Teller voll Suppe vor sich stehen; den ergriff er und schüttete ihn aus. Ganz erstaunt sahen sich die Verlobten an und wußten nicht, durch welche unsichtbare Macht sich der Teller hob und die Speisen abwarf. Nun ergriff der Bräutigam ein Stück Fleisch und wollte es zum Munde führen, aber schwapp! da lag es unterm Tische. Nun versuchte es die Braut, aber samt der Gabel flog der Bissen in eine Ecke. Alle Hochzeitgäste waren erstaunt und es wandelte sie Grausen und heimliche Furcht an, so daß allen die Haare zu Berge standen. Da warf der Jäger seinen Mantel ab und wie erstaunte die Braut, als sie ihn zwischen sich und dem Bräutigam sitzen sah. Er sprang auf und sprach zu dem Bräutigam: »Wer gibt dir die Erlaubnis, mir die Braut zu entführen?« und im Augenblick lag sein Kopf zu Boden. Die Braut aber fiel dem Jäger um den Hals, herzte und küßte ihn. »Ach, bester Schatz«, sprach sie, »wie sehr habe ich dich beleidigt, da ich deine reine Liebe aufgab gegen Hoheit und Würde! Noch ist der Bräutigam nicht durch Priesterhand mit mir verbunden; ach, vergib mir meinen Fehltritt, ich liebe dich noch so innig als zuvor, und nimm mich wieder als deine Braut an!« Darauf antwortete er: »Ich vergebe dir und will sogleich die Feier dieses Tages zu unserer Vermählung benutzen; dein zweiter Bräutigam aber, der mir weder als ein böser noch als ein guter Mensch bekannt ist, wird so gut sein und zurücktreten!« Sogleich ergriff er sein Schwert, richtete es mit der Spitze gegen den Himmel und steckte es in die Scheide, da stand im Nu der Kopf des Grafen wieder auf dem Halse. Alles erstaunte. Der Graf aber sank ihm gerührt zu Füßen und dankte ihm, daß er ihn wieder ins Leben zurückgerufen habe. Er erklärte, daß er freiwillig zurücktreten wolle und der Jäger möge nur immer die früher verlobte Braut behalten, nur solle er die Kopfabschlagung nicht wieder mit ihm vornehmen. Dann reiste der Graf ab. Es wurde nun ein Geistlicher herbei geholt, der das fröhliche Paar zur heiligen Ehe einsegnen sollte. Als dies geschehen war, dachte der Jäger an die drei Räuber, die Lenker seines Glücks, und es dünkte ihm unrecht, sie dem Tode auf ewig zu überlassen. Denn noch lagen die Köpfe zu ihren Füßen und er beschloß, sie wieder an den alten Ort zu stellen. Da richtete er das Schwert gegen den Himmel und stieß es in die Scheide, und war dadurch fest überzeugt, daß die Räuber wieder belebt waren, aber auch, daß sie sich nun nicht mehr über die Teilung zu streiten brauchten. Der Jäger aber lebte im ungestörten Glücke mit seiner Gattin bis an sein Ende.