„Nein, das weiß Gott.“
„Was weißt du denn davon? Wer bist du eigentlich? Bist du eine Mannsperson oder ein Frauenzimmer?“
„Ach, im Grunde bin ich gewiß ein Frauenzimmer, aber jetzt bin ich so etwas wie ein geschlechtsloses Wesen, denke ich. Ich bin ein Arbeiter,[S. 219] schufte vom Morgen bis zum Abend und denke an nichts anderes.“
„Das klingt ja höchst sonderbar,“ sagte der Buchfink. „Wer legt denn eure Eier?“
„Das besorgen die Königinnen,“ antwortete die Ameise. „Das ist ihr Beruf; sonst haben sie nichts zu tun.“
„Und wer sorgt für die Kinder?“
„Ich und meinesgleichen. Wir bauen den Hügel, beschaffen die Nahrung, stopfen sie in die Familie hinein und halten das Ganze in Ordnung.“
„Habt ihr denn keine Mannsperson im Hause?“ fragte der Buchfink.
„Von der Sorte haben wir gerade genug.“
„Helfen die denn gar nicht?“
„Sie rühren sich nicht.“
„Dann muß es sich als Ameisenmann ja ganz angenehm leben lassen,“ sagte der Buchfink nachdenklich.
„Aber wir haben auch keine Achtung vor ihnen,“ sagte die Ameise. „Gleich nach der Hochzeit erwürgen wir sie alle, wenn sie nicht Reißaus nehmen.“
„Au,“ sagte der Buchfink. „Dann will ich doch lieber bleiben, was ich bin.“
„Tu’ du das! Und ich sorge für das Meine. Jetzt geht die Sonne unter, da schließen wir den Hügel.“