»Wollen Sie bitte die Lehrerin Usu Sumo rufen.«
»Gewiß. Wollen Sie bitte etwas warten. Sie wird gleich erscheinen.«
»Sie läßt lange auf sich warten. Weshalb?«
Die Lehrerinnen in der Yoschiwara verlieren viel Zeit für ihre sehr komplizierte Toilette. Zuerst die Simomusapomade und dann die Tsyesibändchen ins Haar. Die einen kleiden sich nach der Mode von Katsuyama, die andern ziehen die von Sianada vor. Es kümmert sie nicht, daß ihr Muschelkamm und ihre Haarnadeln aus Korallen ihre Schulden um tausend Pfund vermehren. Sie sind so. Und Reispuder für das Gesicht, Tücher für den Hals, rote Schminke für die Lippen, Pulver für die Zähne, nichts gibt es, worauf ihre Verschwendungssucht
Die Lehrerin tritt ein. Sie ist sehr schön, sehr vornehm und sehr liebenswürdig. Auf ihren Brauen zeichnet sich der Nebel ferner Berge. In ihren Zügen ist das Zittern der Wellen im Herbstwind. Ihr Profil ist klar und ihr Mund ganz klein. Die Weiße ihrer Zähne beschämt den Schnee des Fuji-Yama. Die Biegsamkeit ihres Körpers erinnert an die Weide im Sommer. Ihr Unterkleid ist aus schwarzem Samt mit goldnen Drachen bestickt. Sie trägt einen Gürtel aus Goldbrokat. Ihre Toilette ist ohne Fehl.
»Ich will die Blumenwissenschaft bei Ihnen lernen.«
»Haben Sie bedacht, wie ermüdend dieses Studium ist? Wenn Ihre Kräfte nicht ausreichen, ist es besser, nicht damit zu beginnen.«
»Ich habe viel übrig dafür und werde meine Kräfte schon nicht darin verbrauchen, vielmehr oft darin üben.«
»Sie haben zu Hause bei sich gewiß viel bessere Lehrerinnen als wir hier sind.«
»Lassen Sie doch. Ich will es hier lernen.« »Wie Sie wünschen. Darf ich Sie bitten, mit mir zu kommen?«
Jeder weiß wie das Zimmer eingerichtet ist. Über der Estrade in der Ecke, die Raum für sechs Lager hat, hängen drei Bildwerke von Hoitsu, welche Vögel und Blumen darstellen. Hier ist auch das Sugarokuspiel, das Go, das Teezeug und ein Samiisen. Daneben ein Gestell mit Büchern, Gedichte, die von der Liebe handeln.
Wie nun die Lehrerin zum zweitenmal erscheint, ist sie für das Lager gekleidet: eine bauschige Hose aus roter Seide, darüber ein violettes Gewand, bestickt mit goldenen Päonien und Löwen. Sie läßt ihr schwarzes Haar nach rückwärts fallen, es kann wohl tausend Männer binden, und läßt eine Brust sehen, weißer als der Schnee. Ihr Gesicht mit dem Lächeln der Pflaume gleicht der Blüte eines Birnbaumes.
»Die Blume ist zart, mein Herr, darum müßt Ihr sie oft begießen.«
Während sie solches spricht, ist die Pfirsichblüte rot geworden wie die untergehende Sonne.
»Die Blume ist trocken von der Hitze; begießt Ihr sie nicht schnell, so stirbt sie an Eurer Seite.«
Durch die Gnade der Besprengung entfaltet sich die Blume wieder; ihre Farben werden lebhafter.
»Zu Euch neigt sie sich hin und scheint wieder von Euch zu trinken zu verlangen.«
Nach häufiger Begießung öffnet sich auch die Knospe der Blume und ist so schön wie der Frühling.
»Nun ist die Zeit der Ruhe. Die Blume, von den Küssen des Schmetterlings müde gemacht, schließt sich und träumt. Ruht, mein Herr, neben ihr, damit Ihr morgen fähig seid, von neuem zu lernen.«