In der Küche klirrte es laut. Irgendwas war gerade zu Boden gefallen und zerbrochen.
»Himmeldonnerwetter nochmal!«, begann Papa zu schimpfen. »Nicht schon wieder.«
Mit vor Wut rot gefärbtem Gesicht stürmte er in die Küche und sah seine Tochter Hannah vor der Spülmaschine stehen. Vor ihren Füßen lagen die Scherben der gläsernen Salatschüssel, die Mama von Uroma geerbt hatte.
»Kannst du denn nicht besser aufpassen? Fast jeden Tag fällt dir irgendwas aus den Händen und geht kaputt. Und gerade diese Schüssel ist nicht ersetzbar. Die ist seit Urzeiten in unserer Familie. Nun ist sie nur noch Glasmüll.«
Hannah liefen ein paar Tränen über die Wangen und tropften zwischen die Scherben.
»Es tut mir leid, Papa. Das kommt nie, nie wieder vor. Das verspreche ich dir.«
»Dafür ist es jetzt auch zu spät. Deine Mutter wird völlig ausrasten wenn sie das hier sieht!«
Papa holte tief Luft und dachte nach. Ihm wollte einfach nichts mehr einfallen, was er noch sagen, was er hätte schimpfen können.
»Verschwinde auf dein Zimmer. Ich will dich heute nicht mehr sehen.«
Hannah erschrak. Sie war entsetzt. So schlimm war sie noch nie für irgendwas bestraft worden.
»Du bist nicht fair. Ich hab es nicht mit Absicht gemacht.«
Aber Papa ließ sich nicht erweichen. Er zeigte nur stumm mit der Hand Richtung Flur.
Hannah wurde nun auch wütend. Sie saß auf ihrem Bett und wusste nicht, was sie nun machen sollte. Irgendwie wollte sie die vielen Schlechten Gefühle, die sich gerade in ihr sammelten, loswerden. Doch das war gar nicht so einfach.
Normalerweise nahm sie dazu immer ihre Gitarre und spielte darauf ein paar Lieder. Doch das würde Papa bestimmt auch zu laut sein. Sie wollte nicht noch mehr Ärger bekommen.
»Dann geh ich halt raus. Da kann ich niemanden stören.«
Sie packte sich die Gitarre, hängte sie sich auf ihren Rücken und verließ das Haus. Für Papa hinterließ sie einen Zettel, damit sich niemand Sorgen machen musste.
Hannah ging ein wenig die Straße entlang und setzte sich auf eine Weide, von der man die ganze Umgebung sehen konnte.
Sie begann, die Gitarrenseiten anzuschlagen, leise zu zupfen. Sie spielte ein Lied und begann, dazu zu singen.
Mit jeder Note, jedem Wort, mit jeder Zeile und jedem weiteren Lied verflogen die schlechten Gefühle und machten der normalen Zufriedenheit Platz.
Irgendwann kamen ein paar Wanderer vorbei, blieben stehen und lauschten der Musik. Sie waren davon so angetan, dass sie sich Ebenfalls, in einigem Abstand, auf die Wiese setzten und mitsangen.
Mit der Zeit wurden immer mehr Leute angelockt, die Hannah zuhören und mit ihr singen wollten. Überall saßen Menschen im Gras, sangen, hielten sich in den Armen und schunkelten glücklich.
Das alles blieb Hannah natürlich nicht verborgen. Sie lächelte vor sich hin und fühlte sich endlich wieder gut. Es gab auch nette Menschen auf der Welt, die Nicht wegen jeder Kleinigkeit mit ihr meckerten.
Zum Ende eines ihrer Lieder hörte sie plötzlich einen einzelnen Applaus von einer Person, die dicht hinter ihr saß. Hannah drehte sich um und sah in Papas lächelndes Gesicht.
»Du bist eine ganz tolle Musikerin.«, sagte er. »Ich weiß gar nicht, warum ich dir das noch nie gesagt habe, obwohl ich es jedes Mal genieße, wenn du in deinem Zimmer für dich allein spielst.«
Er rückte etwas näher an seine Tochter heran, nahm sie in den Arm und drückte sie an sich.
»Ach verdammt. Es tut mir leid. Ich hätte nicht so wütend sein dürfen. Das kommt nie wieder vor.«
Papa wischte sich eine Träne von der Wange.
»Die blöde Glasschüssel habe ich eh nie leiden können. Dieses alte, hässliche Ding. Ich bin froh, dass es jetzt weg ist. Mama habe ich erzählt, dass sie mir runter Gefallen ist.«
Hannah lächelte nun wieder zurück, nickte ihm dankbar zu und stimmte das nächste Lied an, dass sie gemeinsam mit den Menschen auf der Wiese sangen.