Ein armer Kesselflicker, der sich nur mit Mühe durchs Leben brachte, kam einst vor ein großes Schloß; da dachte er, wie gut es der Herr dieses Schlosses wohl haben mochte und beneidete ihn. Um auszuruhen, legte er sich in ein Gebüsch an der Mauer des Schloßgartens. Es dauerte nicht lange, so hörte er in der Nähe einige Diener leise reden. Sie sagten, daß die Großen des Reiches nun beschlossen hätten, den König zu töten, denn er habe keine Nachkommen, sei schon sehr alt und lebe ihnen zu lange; weil er aber noch sehr rüstig mit den Waffen sei, so wolle man ihn überfallen, wenn er das nächstemal ein Bad nehme.
Der arme Kesselflicker erschrak nicht wenig ob solcher Worte und entfernte sich in aller Stille. Bald darauf traf er Leute, die fragte er, wem das große Schloß gehöre; die Leute aber erwiderten, da wohne der Landesherr, der berühmte Dietrich von Berne.
Bei seinen weiteren Wanderungen kam nun der Kesselflicker in die Alpen und schließlich auf das Felsengebirge, wo König Laurin vereinsamt weilte. Der Kesselflicker erzählte dem König allerhand aus der weiten Welt und zuletzt auch das, was er über Dietrich von Berne gehört hatte. Da horchte Laurin auf und rief:
"Traurige Märe bringst du - Dietrich, der gewaltige Kriegsheld, der mich einst besiegt hat, soll im Bad ermordet werden; das darf nicht geschehen; ich will es verhindern; schau her - hier ist ein goldener Ring, den werde ich dir geben, wenn du meinen Auftrag erfüllt hast; da hinten in einem Tobel weidet ein Roß; nimm es und reite zum König Dietrich und sage ihm, daß er zu mir kommen und mein Gast sein solle."
Der Kesselflicker suchte das Roß, fand es und ritt hinaus ins Flachland. Als er die Königsburg erreicht hatte, sah er aus einem Fenster im Erdgeschosse Dampf aufwirbeln. Er näherte sich dem Fenster und da hörte er, wie die Diener darüber sprachen, daß sie nun zum letzten Male dem König das Bad bereiteten; denn er werde es nicht mehr lebend verlassen. Bald darauf kam der König selbst in den Raum und die Diener zogen sich zurück. Da trat der Kesselflicker vor das Fenster und richtete seinen Auftrag aus. Der König aber hörte kaum hin und beachtete die Worte nicht im geringsten. Der Kesselflicker seinerseits bat immer dringender, jedoch vergeblich. Als er sah, daß alles umsonst war, wollte er wegreiten. Es geschah nun, daß er bei dem Versuche, das Pferd zu besteigen, mehrmals herunterglitt, denn er war im Reiten nicht geübt. Da hörte er plötzlich, wie der König laut lachte und sagte:
"Wenn du es so machst, wirst du nie hinaufkommen."
Aber der Kesselflicker verstand es nicht besser und rutschte wieder herunter. Auf das hin kam der König heraus, trat neben das Pferd und schwang sich mit einer einzigen Bewegung hinauf.
"So wird's gemacht", rief er und wollte wieder absteigen. Doch da er griff der Kesselflicker das Pferd am Zaume und das Pferd begann zu schreiten.
"Wohin führst du mich?" fragte der König.
"Herr", versetzte der Kesselflicker, "ich sagte Euch ja, daß Euch König Laurin eingeladen hat, sein Gast zu sein, weil Ihr hier nicht mehr des Lebens sicher seid."
"Ich habe früher nicht vernommen, was du sprachst", entgegnete der König, "denn mein Kopf ist immer schwer von Sorgen; einst gehorchten mir Tausende auf mein Wort, heute scheint alles gegen mich verschworen zu sein; ich weiß auch, daß sie mir nach dem Leben trachten; also nehme ich die Einladung an."
Sie redeten nichts mehr, setzten ihren Weg fort und erreichten endlich den öden Berggipfel, wo Laurin wohnte. Da begrüßten sich die Könige, die beide ihre einstige Herrlichkeit verloren hatten - der eine, weil ihn sein Rosengarten nicht mehr freute, der andere, weil er des Undanks und Verrates im eigenen Reiche müde war.
Dietrich blieb bei Laurin bis an sein Ende und als Dietrich gestorben war, wurde er auf Laurins Geheiß von den Zwergen in dem Rosengarten begraben.
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Das sind die Geschichten vom Rosengarten, von den Zwergen und von den zwei Königen, die erst miteinander kämpften, dann aber sich so versöhnten, daß sie für immer Freunde blieben.