Es war einmal ein Mann, der hatte einen Birnbaum, von dem er jedes Jahr vier Körbe voll Birnen erntete. Nun geschah es in einem Jahre, dass er nur dreieinhalb Körbe voll trug, und der Mann, der dem Könige immer vier zu bringen pflegte, wusste nicht, wie er es anfangen sollte, sie alle vier zu füllen. Er füllte also drei und den vierten nur halb, dann steckte er die kleinste von seinen Töchtern hinein und tat soviel Blätter darüber, bis er voll war wie die andern. Als er ihn dann in der Vorratskammer des Königs ausleerte, brachte er zugleich mit den Birnen auch dies sein Kind heraus, das sich zwischen den Strohmatten versteckte, und da es nichts zu essen hatte, aß es von den Birnen.
Eine Zeitlang hatten die Diener des Königs es nicht gemerkt, dann aber sagten sie: „Es muss irgend ein Tier sein, das die Birnen isst. Wollen doch einmal nachsuchen“ – und suchten hier und dort und fanden das Mädchen unter den Matten. „Was machst du hier?“ fragten sie. „Komm mit uns und diene in der königlichen Küche.“ – Und das Mädchen war so gescheit, dass sie in kurzer Zeit den Dienst besser tat, als die Dienerinnen des Königs, und war so anmutig, dass Alle sie gern hatten. Ein Weilchen waren die Dienerinnen des Königs still, dann aber, neidisch wie sie waren, suchten sie auf alle Weise dem armen Mädchen Böses anzutun. Sie fingen damit an, dem König zu sagen, Margheritina habe geprahlt, sie könne in einem Tage die ganze Wäsche des königlichen Hauses waschen und trocknen. Eines Tages ruft sie der König und sagt ihr: „Ist es wahr, dass du dich erboten hast, in einem Tage alle Wäsche in meinem Hause zu waschen und zu trocknen?“ – „Nein,“ sagte sie, „es ist nicht wahr. Das habe ich nicht gesagt.“ – Der König aber antwortete: „Du hast es gesagt, und was du dem König versprochen hast, musst du halten.“
Das arme Mädchen geht in seine Kammer und fängt zu weinen an. Der Sohn des Königs, der in sie verliebt war, sagt ihr: „Warum weinst du, Margheritina?“ – Da erzählt sie ihm alles, und er sagt: „Weine nicht, ich will dir alles machen. Sage dem König, dass er dir all sein Zeug in ein einziges Zimmer bringen lassen solle.“ – Sie tat es, und der Sohn des Königs erhob eine Rute, die er unter den Kleidern hatte, und machte, dass alles Zeug in einem Augenblick gewaschen und getrocknet war, Leintücher, Strümpfe, Handtücher, alles von selbst. Am Morgen geht der König, um nachzusehen, und findet alles in so schöner Ordnung, dass selbst er nicht wusste, was er sagen sollte.
Zwei oder drei Monate sagten die Mädchen nichts mehr, dann aber sagten sie dem Könige, Margheritina habe sich gerühmt, sie könne den Hexen den Schatz abnehmen. Der König hörte es, ließ sie kommen und sagte ihr: „Ist es wahr, dass du dich gerühmt hast, du könnest den Hexen ihren Schatz abnehmen?“ – Sie leugnete es, der König aber bestand darauf, mit jenem Wort habe es seine Richtigkeit, und sagte: „Wenn du es versprochen hast, musst du es halten.“ – Da ging sie in ihre Kammer und weinte noch heftiger als zuvor. Der Sohn des Königs hörte sie, und weil er wusste, weshalb sie weinte, sagte er ihr: „Nun wohl, sage nur ja, und der König solle dir drei Pfund Schmeer, drei Pfund Brot und drei Pfund Kehrbesen geben lassen.“ – Das sagte sie dem König, und der König tat es. Darauf geht sie fort, geht und geht weit, weit fort. Sie kommt zu einem Ort, wo ein Backofen war, und dabei waren drei Weiber, die sich die Haare ausrissen und mit ihnen den Ofen fegten. Mit denen fühlte sie Mitleid und gab ihnen die drei Pfund Besen, und sie fegten nicht mehr den Ofen mit ihren Haaren. Dann geht und geht sie und kommt zu einem Ort, den sie nicht passieren konnte, denn da waren drei Hunde, die bellten und an ihr hinaufsprangen wie Wölfe. Da nahm sie die drei Pfund Brot und gab sie ihnen, und sie ließen sie passieren. Dann immer weiter, weiter, bis sie zu einem Flusse kam, dessen Wasser so rot wie Blut war; da wusste sie nicht, was sie tun sollte. Aber der Königssohn hatte ihr gesagt, sie sollte sprechen: „Wässerlein, schön Wässerlein, hätt' ich nicht Eile, tränk' ich vom Wasser dein!“ – Bei diesen Worten zog sich das Wasser von rechts und links zurück und ließ sie durchgehen.
Als sie am andern Ufer war, sieht sie einen Palast, der schöner und größer war, als irgend einer in der Welt. Er hatte eine Türe, die sich so geschwind öffnete und schloss, dass niemand hinein konnte. Da nahm sie die drei Pfund Schmeer, schmierte die Türe damit und trat nun in das Haus der Hexen ein. Das Kästchen mit dem Schatz, der auf einem Tischchen stand, nahm sie; das aber war verzaubert. Als sie es in der Tasche hatte, hörte sie es sagen: „Türe, töte sie! Türe, töte sie!“ – Die Türe aber antwortet: „Nein, ich will sie nicht töten. Ich bin so lange nicht geschmiert worden, sie aber hat mich geschmiert.“ – Darauf geht sie zu dem Flusse, und das Kästchen sagt: „Ertränke sie, ertränke sie!“ – Der Fluss aber antwortet: „Nein, ich will sie nicht ertränken, weil sie zu mir gesagt hat: Wässerlein! schön Wässerlein!“ – Als sie dann zu den Hunden kommt, sagt das Kästchen: „Friss sie, friss sie!“ – Sie aber: „Nein, wir wollen sie nicht fressen, weil sie uns Brot gegeben hat.“ – Bei dem Backofen der Hexen hörte sie das Kästchen sagen: „Verbrenne sie! verbrenne sie!“ – Die aber: „Nein, wir wollen sie nicht verbrennen, weil sie uns drei Pfund Besen gegeben hat, unsere Haare zu schonen.“
Endlich war sie beinahe wieder nach Hause gekommen, aber weil die Frauen neugierig sind, wollte sie sehen, was in dem Kästchen wäre, öffnete es, und heraus flog eine Henne mit goldenen Küchlein, und sie konnte sie nicht wieder fangen. Der Königssohn sah es und ließ mit seiner Zauberrute die Henne mit den Küchlein in das Kästchen zurückkehren. Dann sagte er zu dem Mädchen: „Du siehst, dass ich dir das Leben gerettet habe. Also musst du mich lieben und mich heiraten, und meinem Vater musst du sagen, dass du zur Belohnung jene große Kiste voll Kohlen ganz hinten im Schlosse haben willst, in der aber werde ich stecken.“